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Winter der Zärtlichkeit

Winter der Zärtlichkeit

Titel: Winter der Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Miller
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und warf ihr eine andere Tüte zu, die prall gefüllt, aber viel leichter war. „Gehen Sie duschen“, lächelte er. „Sie sehen aus wie jemand, der gerade einen medizinischen Notfall erlebt hat.“
    Sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder und spähte in die Tüte. Er hatte ihr einen Jogginganzug gekauft, außerdem Zahnpasta, Zahnbürste, Seife und einen Kamm.
    Völlig überrumpelt sah sie ihn an - und schluckte. „Danke.“
    Während Sierra sich in Liams Badezimmer duschte, half Travis dem Jungen, den DVD-Player auszupacken und einzustöpseln.
    „Mom erlaubt sicher nicht, dass ich ihn behalte“, sagte Liam traurig.
    „Ich wette, das wird sie.“
    Eine halbe Stunde später, als Sierra in dem dunkelblauen Jogginganzug aus dem Badezimmer kam, war Liam bereits völlig versunken in einen Bericht über Killerbienen. Frisch sah sie aus und vorsichtig optimistisch. Ihr Haar war noch nass, der Kamm hatte deutliche Strähnen hinterlassen, was Travis irgendwie rührend fand.
    Auf einmal überrollten ihn vielschichtige Gefühle und trafen ihn mit der Wucht eines Güterzugs, doch er wagte es nicht, auch nur eines davon zu erkunden. Dafür musste er allein sein, in seinem Truck oder auf einem Pferd. Jetzt jedenfalls war er Sierra viel zu nah, um klar denken zu können.
    Sie warf Liam einen Blick zu, und ihr Gesicht wurde sichtlich weicher, als sie sah, wie sehr er sich über Travis’ Geschenk freute. Er hielt es mit seinen kleinen Händen umklammert, als ob er befürchtete, dass es ihm jemand entreißen könne.
    Etwas Ähnliches musste sie tatsächlich gedacht haben, denn er sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck änderte. Eine Art von Resignation schien sie zu überkommen, und er hätte sie am liebsten in die Arme genommen - was er natürlich keinesfalls tun würde.
    „Ich könnte etwas zu essen gebrauchen“, verkündete er.
    „Ich auch“, gestand Sierra und tippte Liam auf die Schulter. Doch der riss kaum den Blick von dem Bildschirm los, auf dem es vor Bienenschwärmen nur so wimmelte. „Ist es in Ordnung, wenn wir dich einen Moment allein lassen, um in die Cafeteria zu gehen?“
    Er nickte zerstreut und konzentrierte sich wieder auf die Bienen.
    Das veranlasste Sierra zu einem traurigen Lächeln.
    Vor dem Aufzug sagte sie zu ihm: „Ich bin sehr dankbar für das, was Sie für Liam und mich getan haben. Aber Sie sollten ihm nicht so teure Geschenke machen.“
    „Mir wird das Geld nicht fehlen, Sierra“, antwortete Travis. „Er hat eine Menge durchgemacht, und er braucht etwas, das ihn von den Sonden und Atemmasken und medizinischen Tests ablenkt.“
    Sie nickte kurz.
    Dieser McKettrick-Stolz, dachte Travis. Der war schon etwas Besonderes.
    Die Fahrstuhltüren öffneten sich mit einem surrenden Gerausch. Travis drückte auf den Knopf für das Untergeschoss. Cafeterias schienen in Krankenhäusern immer im Keller zu liegen - wie die Leichenhallen.
    Unten angekommen, stellten sie sich mit ihren Tabletts an und wählten zwischen den Tellern mit fettigen grünen Bohnen, grauem Hackbraten und dunkler Soße die, die am wenigsten widerlich aussahen.
    Dann setzten sie sich einander gegenüber an einen Ecktisch. In dem Jogginganzug sah Sierra aus wie ein frisch geduschter Engel aus einem himmlischen Soccer-Team. Travis fragte sich, ob sie überhaupt eine Ahnung hatte, wie schön sie war.
    „Wundert mich, dass Eve nicht gekommen ist“, sagte er, nur um irgendetwas zu sagen.
    Sierras Wangen röteten sich, sie wich seinem Blick aus und stocherte in ihrem Hackbraten herum.
    „Ich weiß nicht, was ich zu ihr sagen soll“, murmelte sie. „Außer ,danke“, meine ich.“
    „Wie wäre es mit ,hallo“?“, witzelte Travis.
    Doch sie wirkte nicht belustigt, sondern nervös wie eine Maus, die von einer Stallkatze in die Enge getrieben wurde.
    Um sie zu beruhigen, legte er seine Hand kurz auf ihre. „Hören Sie, Sierra, das muss gar nicht so schwer werden. Vermutlich wird Eve sowieso das Reden übernehmen, zumindest am Anfang. Sie müssen nur die Stichworte aufgreifen.“
    Sie lächelte, wieder eins ihrer vorsichtigen kurzen Lächeln, das sofort verblasste.
    Eine Weile aßen sie schweigend.
    „Es ist nicht so, dass ich sie hasse“, erklärte Sierra dann aus heiterem Himmel. „Eve, meine ich.“
    Sich darüber im Klaren, dass sie sich auf gefährlichem Gebiet befanden, schwieg Travis. Sierra war schreckhaft wie ein Rehkitz, darum wollte er nichts Falsches sagen.
    „Ich kenne sie nicht“, fuhr Sierra fort. „Meine eigene

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