Winter der Zärtlichkeit
und mit der Hochzeitsnacht zu beginnen.
9. KAPITEL
T obias’ Bett war leer und seine Sachen weggeräumt. Nervös warf Hannah Doss - ihrem Ehemann - einen Blick zu und legte eine Hand an den Hals.
Seufzend löste er die Fliege, dann öffnete er den Kragen. Wenn es in dem Hotelzimmer Whiskey gegeben hätte, hätte er sich einen doppelten eingeschenkt und mit einem Schluck hinuntergestürzt. Sie hätte ihn am liebsten am Arm berührt, ihn irgendwie beruhigt. Stattdessen stand sie stocksteif auf den praktischen dicken Absätzen ihrer hochgeknöpften Schuhe und wünschte, sie hätte früher ein Machtwort gesprochen und diese verrückte Hochzeit verhindert, ganz egal, was die Leute sagen würden.
Sie war unglücklich.
Doss war unglücklich.
Was in aller Welt war nur in sie gefahren?
„Wir könnten die Ehe annullieren lassen“, sagte sie mit bebender Stimme.
„Ich würde sagen, dass wir diese Möglichkeit längst hinter uns gelassen haben“, erwiderte er kalt. „Du vielleicht nicht?“
„Damit meinte ich nur, dass wir die Ehe noch nicht... nun, noch nicht vollzogen haben und ...“
Er kniff die Augen zusammen. „Das habe ich ein wenig anders in Erinnerung.“
Verdammt und zugenäht, dachte Hannah wütend. Er war die ganze Zeit so wild auf diese Eheschließung gewesen. Schließlich war es seine Idee gewesen, nicht ihre - und jetzt führte er sich auf, als ob er überrumpelt worden wäre und in der Falle säße.
„Ich wäre dir sehr dankbar, Doss McKettrick, wenn du nicht vergessen würdest, dass nicht ich dich verführt habe, sondern du mich!“
Ebenfalls wütend trat er einen Schritt auf sie zu. „Du hättest jederzeit Nein sagen können, Hannah. Wenn ich mich richtig erinnere, hast du das nicht getan. Genau genommen hast du ...“
„Hör auf“, schrie Hannah. „Wenn du auch nur annähernd ein Gentleman bist, wirst du mir das jetzt nicht frech ins Gesicht sagen! Ich war - wir beide waren - einsam. Wir haben den Kopf verloren, das ist alles. Wir könnten dem Pfarrer sagen, dass alles ein Missverständnis war und ihn bitten, die Urkunde zu zerreißen
„Dann kannst du dich gleich in die Mitte der Hauptstraße stellen, die Kuhglocke läuten, bis sich die ganze Stadt versammelt hat, und es allen verkünden!“ Doss kochte vor Wut. „Und was wird in sechs Monaten oder so geschehen, wenn du einen dicken Bauch hast?“
Hannah biss die Zähne so fest zusammen, dass sie all ihren Willen aufbringen musste, um sie wieder voneinander zu lösen. „Was macht dich eigentlich so sicher, dass es überhaupt ein Baby gibt?“, fragte sie. „Gabe und ich haben nach Tobias noch mehr Kinder gewollt, aber es funktionierte nicht.“
Obwohl Doss den Mund öffnete, sagte er nichts. Was auch immer er hatte sagen wollen, er hatte es sich offenbar anders überlegt. Am liebsten hätte Hannah die Hand in seine Kehle gesteckt und die Worte aus ihm herausgezogen wie einen Wassereimer aus einem tiefen Brunnen. Dabei wusste sie, dass es sie genauso wütend machen würde, sie zu hören, wie sie nicht zu hören.
Lange standen sie so da, förmlich Nase an Nase, und starrten einander finster an.
Hannah gab zuerst auf, nicht in der Lage, gegen die McKettrick-Sturheit anzukommen. Mit einem zutiefst frustrierten Aufschrei machte sie auf dem Absatz kehrt, lief in das angrenzende Zimmer und knallte die Tür laut hinter sich zu.
Es gab keinen Schlüssel, um abzuschließen, und auch nichts, das sie unter den Türknauf hätte stellen können, um Doss am Hereinkommen zu hindern. Darum lief sie mit verschränkten Armen auf und ab, bis ihre Wut verraucht war.
Ihr Blick fiel auf ihr Nachthemd, das irgendeine aufmerksame Seele auf dem Bett ausgebreitet hatte - wahrscheinlich das Zimmermädchen, das auf Tobias aufgepasst hatte.
Ich kann das Ganze genauso gut hinter mich bringen, dachte sie und versuchte, die Erregung zu ignorieren, die sie bei dem Gedanken erfasste, mit Doss allein zu sein, sich ihm zu unterwerfen und ihn zugleich zu erobern.
Resolut zog sie ihr Kleid aus, schlüpfte in das Nachthemd und löste die Klammern aus ihrem Haar.
Und wartete.
Wo blieb Doss?
Sie setzte sich auf den Rand der Matratze und drehte Däumchen.
Er kam nicht.
Sie stand auf und lief herum.
Noch immer kein Doss in Sicht.
Auf gar keinen Fall würde sie die Tür öffnen und ihn ein- laden, nachdem er sie so behandelt hatte. Aber zu warten war geradezu unerträglich.
Schließlich durchquerte Hannah auf Zehenspitzen den Raum und spähte durchs
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