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Winter der Zärtlichkeit

Winter der Zärtlichkeit

Titel: Winter der Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Miller
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erfahren und die Federales informiert. In dem Fall würde Eve vermutlich heute noch in einem mexikanischen Gefängnis schmoren.
    Außerdem hatte sie eine andere Tochter, an deren Wohl sie denken musste, ein Heim und eine Firma.
    „Ich bin nun seit einigen Jahren erwachsen“, sagte Sierra, nachdem sie lange überlegt hatte. „Was hat dich davon abgehalten, mit mir Kontakt aufzunehmen, nachdem Dad gestorben war und Liam und ich nach Amerika kamen?“
    Stumm blickte Eve in ihre Tasse.
    Als Liam in die Küche preschte, zuckten beide Frauen erschrocken zusammen.
    „Sieh mal, Mom!“, kreischte er, ein teures Teleskop an die Brust gepresst, das er bereits auf dem Stativ befestigt hatte. „Mit diesem Ding kann ich sogar zurück bis zum Big Bang schauen!“
    „Du bist viel zu aufgeregt.“ Sierra warf ihrer Mutter einen Blick zu, bevor sie aufstand. „Du solltest dich besser einen Moment hinlegen.“
    Natürlich protestierte er. Er war sieben und auf einmal mit einer unerwarteten Großzügigkeit konfrontiert. „Aber ich hab noch nicht mal die Hälfte meiner Geschenke aufgemacht!“
    „Später“, sagte Sierra, legte eine Hand auf seine Schulter und dirigierte ihn zur Hintertreppe.
    Den ganzen Weg lang wehrte er sich, wobei er Eves Teleskop genauso umklammert hielt wie zuvor Travis’ DVD-Player. Sierras Weihnachtsgeschenke, die sie im Schlussverkauf von ihrem Trinkgeld gekauft hatte, verblassten natürlich im Vergleich, und obwohl sie sich für ihn freute, verspürte sie auch einen Hauch von Arger.
    „Sieh es doch mal so“, meinte sie ein paar Minuten später, als sie ihn in einem frischen Schlafanzug ins Bett gesteckt hatte.
    Das Teleskop stand vor dem Fenster neben dem alten. „Da sind noch viele Geschenke, die du später aufmachen kannst, wenn du dich ausgeruht hast.“
    „Versprochen?“, fragte Liam argwöhnisch. „Du wirst meine Grandma nicht überreden, sie wieder zurück in den Laden zu bringen oder so was?“
    „Hab ich dich jemals angelogen?“
    „Ja, als du behauptet hast, dass es den Weihnachtsmann gibt.“
    Sie seufzte. „Okay. Davon mal abgesehen.“
    „Du hast gesagt, dass wir keine Familie haben. Aber es gibt Grandma und Tante Meg.“
    „Ich gebe auf.“ Sierra hob die Hände. „Ich bin eine schamlose Lügnerin.“
    Liam feixte. „Wenn dieser Junge zurückkommt, werde ich ihm mein Teleskop zeigen.“
    Ein kalter Schauer fuhr Sierra über den Rücken. „Liam! Es gibt keinen Jungen.“
    „Das glaubst du.“ Als er in die Kissen zurücksank, sah Liam sie trotzig an. „Das hier ist sein Zimmer. Das Bett gehört ihm und das alte Teleskop.“
    Sierra blieb an seiner Seite sitzen, bis er eingeschlafen war. Und selbst dann rührte sie sich nicht. Denn sie wollte nicht nach unten gehen und sich weitere gut eingeübte Ausreden anhören, warum ihre Mutter sie im Stich gelassen hatte.
     

1919
     
    Hannah konnte nicht umhin, ihre zweite Hochzeit insgeheim mit ihrer ersten zu vergleichen. Sie und Gabe hatten im Sommer geheiratet, im Hof vor dem Haupthaus der Ranch. Es hatte eine große Hochzeitstorte gegeben und lange Tische, die unter den Speisen fast zusammenbrachen. Viele Gäste kamen. Eine Band hatte gespielt, und es wurde getanzt.
    Danach fuhren sie und Gabe in einer Pferdekutsche in die Stadt, wo sie genau hier die Hochzeitsnacht verbrachten, im Arizona Hotel. Am nächsten Tag fuhren sie mit dem Zug in die Flitterwochen bis nach San Francisco. Tobias war in dieser magischen Zeit gezeugt worden, und die Schachtel mit den Fotografien von dieser Reise war Hannahs bestgehüteter Schatz.
    Jetzt stand sie in dem vollgestopften Büro hinter dem Empfang - Witwe und Braut zugleich. Nur gab es diesmal keine Torte und keine Hochzeitsreise, auf die sie sich freuen konnte, geschweige denn Musik und Tanz.
    Was alles keine Rolle gespielt hätte, wenn sie Doss lieben würde und wüsste, dass er sie liebte. Nicht die Bescheidenheit der Zeremonie verstörte sie, sondern die kühlen und praktischen Gründe, die dazu geführt hatten.
    Während der Pfarrer die heiligen Worte brummte und Mr. Crenshaw und eine der Zimmermädchen als Trauzeugen fungierten, warf Hannah gelegentlich einen verstohlenen Blick auf ihren Bräutigam.
    Doss sah unerschütterlich aus, fest entschlossen und unglaublich attraktiv.
    Was wird aus uns werden, fragte sich Hannah verzweifelt. Sie hatte ein zittriges Lächeln aufgelegt, weil sie nicht wollte, dass der Pfarrer hinterher herumerzählen konnte, dass sie wie ein verängstigtes Reh

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