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Winter der Zärtlichkeit

Winter der Zärtlichkeit

Titel: Winter der Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Miller
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genauso wie Liam einer ist.“
    Für einen Moment schloss Sierra die Augen und kämpfte um ihre Selbstbeherrschung. „Ich war nur aus einem einzigen Grund bereit zu kommen“, sagte sie schließlich ruhig. „Weil mein Sohn ärztliche Hilfe braucht und ich sie mir nicht leisten kann. Aber die Vereinbarung lautet ein Jahr. Ein Jahr, Eve, und wir werden nicht einen Tag länger bleiben!“
    „Und du glaubst, dass ich nach diesem einen Jahr einfach vergessen werde, dass ich eine zweite Tochter und einen Enkel habe? Und dass du noch immer zu stur bist, um meine Hilfe anzunehmen?“
    „Ich brauche deine Hilfe nicht, Eve!“
    „Ach nein?“
    Sierra schüttelte den Kopf, aber eher, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen als um Eves Frage zu beantworten. Sie suchte sich einen Stuhl und ließ sich darauf sinken. „Ich weiß es wirklich zu schätzen, was du für uns tust“, erklärte sie, nachdem sie ein paarmal tief durchgeatmet hatte. „Wirk- lieh. Aber solltest du mehr erwarten, als wir vereinbart haben, dann gibt es ein Problem.“
    Äußerlich ganz ruhig, nahm Eve ein langes Streichholz vom Kaminsims und zündete das Zeitungspapier an, das bereits im Kamin lag. Sie wartete, bis die Scheite fröhlich knisternd Feuer gefangen hatten, dann legte sie noch mehr Holz hinzu. „Was hat Hank dir über mich erzählt, Sierra?“, fragte sie leise. „Hat er dir gesagt, dass ich tot bin? Öder dass ich dich nicht will?“ „Das musste er mir gar nicht sagen. Das war ziemlich offensichtlich.“
    „War es das?“ Sie staubte den Platz auf dem gemauerten Kamin ab, setzte sich darauf und faltete locker die Hände in ihrem Schoß. „Ich möchte wissen, was er dir erzählt hat, Sierra. Nach all diesen Jahren, nach allem, was er mir weggenommen hat, habe ich das Recht zu fragen.“
    „Er hat nie gesagt, dass du mich nicht wolltest. Er sagte, du wolltest ihn nicht.“
    „Nun, das war zumindest die Wahrheit.“
    „Ich schätze, ich war fünf oder sechs, bevor ich merkte, dass andere kleine Mädchen Mütter hatten und nicht nur Väter. Ich begann, eine Menge Fragen zu stellen, und irgendwann war er es wohl leid. Er sagte, dass es einen Unfall gegeben hätte, bei dem du schwer verletzt wurdest, und dass du jetzt wahrscheinlich im Himmel wärst.“
    Mit gesenktem Kopf wischte Eve sich verstohlen mit dem Handrücken über ihre Wange. „Wer hätte gedacht, dass Hank Breslin jemals im Leben bei zwei von drei Behauptungen die Wahrheit sagen würde?“
    Lass dir nichts vormachen, hörte sie Hank sagen, so deutlich, als ob er tatsächlich im Zimmer stünde und an dem Gespräch teilnähme.
    „Es gab wirklich einen Unfall?“, hauchte Sierra. Diese Frage zu stellen bedeutete, dass sie Hank nicht wirklich geglaubt hatte. Doch darüber musste sie - wie über so viele andere Dinge - später nachdenken. Wenn sie allein war. Und ruhig.
    Ihre Mutter nickte.
    „Was für ein Unfall?“
    Offensichtlich musste Eve sich sehr zusammenreißen, sie setzte sich gerade hin, und ihr Blick richtete sich in die Vergangenheit, die Sierra nicht kannte. „Ich aß vor einem Café in San Miguel zu Mittag - mit meinem Anwalt, um genau zu sein. Wir hatten deinen Aufenthaltsort herausgefunden, und ich hatte dich bereits mit meinen eigenen Augen gesehen. Mit dir gesprochen. Ich wollte mit Hank Kontakt aufnehmen und irgendeine Vereinbarung ausarbeiten ...“
    In Sierras Ohren begann es eigenartig zu sirren.
    „Mit deinem Vater musste man sehr vorsichtig umgehen, das wusste ich. Es hätte ihm ähnlich gesehen, mit dir noch tiefer ins Land abzutauchen - oder sogar bis nach Südamerika. Und beim zweiten Mal hätte er sich noch viel mehr Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen.“
    „Der Unfall?“, fragte Sierra leise.
    „Ein Auto raste über den Gehsteig direkt auf die Tische zu. Mein Anwalt - sein Name war Jim Furman, er hatte eine Frau und fünf Kinder - war sofort tot. Ich lag wochenlang im Krankenhaus und brauchte eineinhalb Jahre, bis ich wieder laufen konnte.“
    Das klang wie eine Szene aus einer Soap Opera, und doch wusste Sierra, dass Eve die Wahrheit sagte. Ihr drehte sich der Magen um, als sie die schrecklichen Bilder mit einem kompletten Soundtrack aus ohrenbetäubendem Lärm und Kreischen vor sich sah.
    „Als ich wieder gesund war“, fuhr Eve nach langem Schweigen fort, „wusste ich, dass es zu spät war und ich nun warten musste, bis du älter warst und selbst Entscheidungen treffen konntest. Du warst gesund und glücklich und ein sehr kluges

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