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Winter der Zärtlichkeit

Winter der Zärtlichkeit

Titel: Winter der Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Miller
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lernen, wie dieser Ofen funktionierte.
    „Nein“, flüsterte Travis zurück. „Aber lustig.“
    „Würdest du bitte aufhören ? “
    Noch ein Grinsen. Offenbar besaß er einen unerschöpflichen Vorrat davon, und jedes einzelne war unverschämt. „Nö.“
    „Was flüstert ihr da?“, fragte Liam argwöhnisch. „Habt ihr Geheimnisse?“
    Travis nahm Sierra das Holz aus der Hand und stapelte es in den Ofen. „Keine Geheimnisse“, schüttelte er den Kopf.
    Sierra knabberte an der Unterlippe.
    In der Küche wurde es wärmer, aber sie wusste nicht, ob es tatsächlich am Feuer lag.
    Als Travis in den Keller ging, um nach der Heizung zu sehen, sah Liam ihm lange nach.
    „Ich wünschte, er wäre mein Dad“, seufzte er.
    „Nun, ist er aber nicht, mein Süßer“, erwiderte Sierra sanft, ihre Stimme zitterte ein wenig. „Am besten belassen wir es dabei, gut?“
    Daraufhin sah Liam so traurig aus, dass Sierra ihn am liebsten auf ihren Schoß gezogen und geschaukelt hätte so wie früher, als er jünger und weitaus empfänglicher für mütterliche Zuwendung gewesen war. „Okay“, nickte er.
    Sie ging zu ihm und zerzauste sein Haar, das sowieso schon verstrubbelt war. „Meinst du, du kannst etwas essen? Vielleicht ein bisschen Nudelsuppe?“
    „Igitt!“, rief er. „Und ich finde immer noch, dass wir in der Küche schlafen sollten, weil es kalt ist und ich krank bin. In meinem Zimmer bekomme ich vielleicht eine Lungenentzündung.“
    Die Erwähnung seines Zimmers ließ Sierra wieder an Han- nah und Tobias denken. Sie ging zum Geschirrschrank, öffnete die Schublade und hob den Deckel des Fotoalbums an. Das kleine Erinnerungsbuch war noch da, und sie sah hinein.
    Hannahs Worte.
    Ihre Worte.
    Sonst nichts.
    Hatte sie wirklich eine Antwort erwartet? Weitere Zeilen in verblichener Tinte, die unter ihren eigenen, mit Kugelschreiber geschriebenen Worten auftauchten?
    Ein erwartungsvolles Kribbeln durchlief ihren Körper, als sie zuerst das Buch, dann das Fotoalbum und schließlich die Schublade schloss.
    Ja
    Oh ja.
    Sie erwartete allerdings eine Antwort.
    Die Heizung gab ein vertrautes zischendes Geräusch von sich.
    Aus Liams Richtung hörte sie etwas, das ein Schimpfwort hätte sein können.
    Sierra gab vor, es nicht zu bemerken.
    Gleich darauf kam Travis die Kellertreppe hinauf und rieb sich die Hände. Schon wieder einmal hatte er seinen Job gut gemacht.
    „Oben wird es aber trotzdem richtig kalt sein“, versicherte Liam und blickte zu Travis.
    „Da hast du wahrscheinlich recht“, stimmte Travis ihm zu.
    Sierra warf ihm einen nachdrücklichen Blick zu.
    Doch Travis zeigte nur ein weiteres unerträgliches Alarm- stufe-rot-Grinsen. „Ich mach dir ein Bett auf dem Boden“, erklärte er, und auch wenn er Sierra nicht aus den Augen ließ, sprach er mit Liam. Hoffentlich. „Nur, bis es oben auch warm ist.“
    Liam kreischte begeistert auf, stieß seine kleine Faust in die Luft, beruhigte sich aber genauso schnell wieder. „Und was ist mit dir, Mom?“
    „Ich schätze, wir stehen das einfach durch“, murmelte Travis. Damit verließ er die Küche, um kurz darauf mit einigen Sofakissen zurückzukommen, die er auf den Boden legte, nicht zu nah am Herd, aber nah genug, dass Liam es warm hatte.
    Sierra holte das Bettzeug.
    Wie ein ägyptischer König in einer Sänfte streckte Liam sich auf seinem Lager aus.
    „Bleibst du zum Abendessen, Travis?“, fragte er.
    „Bin ich eingeladen?“ Travis sah Sierra an.
    „Ja“, seufzte sie.
    Ihr Sohn stieß einen Jauchzer aus.
    Es gab getoastete Käsesandwiches und Spaghetti aus der Dose. Doch als Sierra das Festessen servierte, schlief Liam bereits tief und fest.
    „Wenn ich du wäre, würde ich mich jetzt schon mal um einen Jurastudienplatz für ihn kümmern. Dieser Knabe wird wahrscheinlich im Supreme Court sitzen, bevor er dreißig ist“, lächelte Travis mit Blick auf den schlafenden Jungen.
     

1 4 KAPITEL

1919
     
    H annahs Hände zitterten leicht, als sie den Deckel des Familienalbums hob und das darin verstaute Buch herausnahm. Mit angehaltenem Atem schlug sie es auf.
    Nur ihre eigenen Worte standen da.
    Sie war eine praktisch veranlagte Frau, und sie wusste, sie hätte nichts anderes erwarten dürfen. Geister, wenn es sie überhaupt gab, nahmen keinen Füller zur Hand, um in ein Erinnerungsbuch zu schreiben. Trotzdem war sie enttäuscht, und zwar so stark, wie sie es von sich gar nicht kannte. Sie hatte in ihrem Leben viel durchgemacht, hatte als junges Mädchen

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