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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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hatte; Mary hatte es den Damen in ihrem Nähkränzchen erzählt; danach hatte sich die Nachricht verbreitet wie das Gezeter der Stärlinge.
    »Es geht ihr gut, danke«, versicherte Martin. »Sehr gut.« Im Geiste sah er sie vor sich, wie sie vergangene Nacht auf dem Fußboden vor dem Wandschrank gesessen hatte.
    Es ist unsere Gertie. Sie ist zurückgekommen.
    Er biss sich auf die Innenseite der Wange und verbannte das Bild aus seinem Kopf.
    William nickte. »Es ist schön, dich zu sehen, Martin«, sagte er. »Gib auf dich acht.« William und Ryan beluden ihren Wagen, und Martin ging zu Fuß weiter, das Pferd am Zügel.
    »Martin!«, ertönte plötzlich eine Frauenstimme. Er wandte sich um und sah Amelia, die soeben aus dem Gasthaus kam. Sie trug einen Pelzmantel, ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen glänzten.
    »Onkel Martin«, sagte sie und küsste ihn leicht auf die Wange. »Ich esse mit einigen Damen im Gasthaus zu Mittag und habe dich vorbeireiten sehen. Wie geht es Tante Sara?«
    »Besser«, antwortete er. »Heute Morgen hat sie angeboten, mir Frühstück zu machen.«
    »Das ist ja wunderbar!«, sagte Amelia. »Ich werde sie bald wieder besuchen kommen. Heute oder morgen. Vielleicht gehe ich dann ein wenig mit ihr aus. Lade sie zu mir nach Hause zum Tee ein. Was meinst du?«
    Martin nickte. »Ich denke, das würde ihr gefallen. Es täte ihr sicher gut, aus dem Haus zu kommen. Ich werde ihr sagen, dass du vorbeischauen willst.«
    »Ja! Warum nicht morgen? Sag ihr, ich komme morgen. Und dann gehen wir zusammen zu mir und speisen zu Mittag.«
    Martin nickte und zuckte, als er das Wort »speisen« hörte, ganz leicht zusammen. »Zu Mittag speisen« war etwas für die feinen Damen aus der Stadt. Damen mit ausgefallenen Hüten und Spitzentaschentüchern, die keine Kühe melken oder Brot backen mussten.
    »Dann erwarten wir dich also morgen«, sagte er und machte eine kleine Verbeugung. Sie wandte sich um und ging wieder ins Gasthaus, zurück zu ihren Freundinnen.
    Lucius unterhielt seine Praxis in der Main Street, in seinem eigenen Haus – ein frisch gestrichenes weißes Gebäude mit schwarzen Fensterläden. Ein schneefreier Ziegelpfad führte zur Eingangstür, an der ein Schild mit der Aufschrift DR . MED . LUCIUS SHEA hing. Martin trat ein, hängte seinen Mantel an einen Haken und warf einen Blick in den vorderen Salon, den Lucius zu seiner Praxis umfunktioniert hatte – die Tür stand offen, Lucius saß an seinem Tisch und schrieb etwas. Kein Patient war bei ihm, und es wartete auch niemand auf einem der Stühle in der Halle.
    »Grüß dich, Bruder«, rief Martin.
    Lucius sah auf und lächelte. »Martin, komm herein!«
    Es war ein schmuckloser Raum mit einem Glastürenschrank, in dem Lucius all das aufbewahrte, was er für seine Arbeit benötigte: Arzneien, Watte, Gläser und Flaschen, Zangen, Klemmen, hölzerne Zungenspatel. Eine Untersuchungsliege aus dunklem Holz nahm die Mitte des Raumes ein. Es gab Regale mit medizinischen Büchern sowie weiteren Gläsern und Flaschen, unter den Regalen befanden sich mehrere Reihen Schubfächer. Rechter Hand stand der große Schreibtisch aus Ahorn, an dem Lucius arbeitete. Seine Haare waren ungekämmt und seine Augen gerötet.
    »Du siehst müde aus«, stellte Martin fest und setzte sich.
    »Eine lange Nacht. Bessie Ellison hat endlich ihr Kind zur Welt gebracht. Steißgeburt. Verteufelt schwierig, aber jetzt sind beide wohlauf.«
    »Du solltest dich ein wenig ausruhen.«
    Lucius nickte. »Wie geht es Sara?«, erkundigte er sich.
    Martin blickte auf seine Hände. Er hatte die Finger ineinander verkrampft. »Ich mache mir Sorgen, Lucius«, gab er zu. »Große Sorgen.«
    »Erzähl mir davon«, bat Lucius, ehe er sich vorbeugte und die Ellbogen auf die Knie stützte.
    »Gestern Nacht bin ich aufgewacht, und sie lag nicht im Bett. Sie saß auf dem Fußboden vor dem Wandschrank. Sie sagte …« Er hielt inne und rieb sich mit den Handflächen über das Gesicht. »Sie sagte, Gertie wäre im Schrank.«
    Lucius atmete tief ein und dann langsam wieder aus. »Und was hast du gemacht?«
    »Ich habe ihr gesagt, sie solle zurück ins Bett kommen.«
    Lucius schwieg einen Moment und strich sich den sauber gestutzten Schnurrbart. »Hast du noch einmal über die staatliche Anstalt nachgedacht?«
    »Es war doch schon einmal so. Nachdem Charles gestorben war. Und sie ist wieder gesund geworden. Sie hat es überwunden.«
    »Ich weiß«, sagte Lucius. »Und wir werden hoffen, dass sie es auch

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