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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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Decke für Mimi holen«, erklärte sie und zeigte ihre Puppe. Sie war in eine alte Babydecke gewickelt, die früher mal Fawn gehört hatte. »Sie ist nämlich krank. Sie hat Fieber. Ich musste ihr Medizin geben. Ich bin auch krank.«
    Candace lächelte. »Tut mir leid, das zu hören, Kleine. Aber ab jetzt bleibst du in unserer Nähe, abgemacht?«
    »Versprochen«, sagte Fawn mit einem zuckersüßen Lächeln. Fawns Lächeln konnte einen Eisberg zum Schmelzen bringen. Man konnte gar nicht anders, man musste einfach zurücklächeln, ganz egal, wie schlecht gelaunt oder wütend man war.
    Candace rieb sich das Gesicht, und ihre Schultern sackten herab. »Habt ihr zufällig Kaffee da?«
    »Kaffee?«, sagte Ruthie. Die Frau hatte sie als Geiseln genommen, und jetzt sollte man ihr Erfrischungen servieren? »Äh, klar, ich kann eine Kanne aufsetzen.« Vielleicht war das ihre Chance – wenn sie nur eine Minute allein in die Küche gehen könnte, hätte sie vielleicht Gelegenheit, jemanden anzurufen, sich ein Messer zu schnappen … irgendwas.
    »Wir kommen mit«, sagte Candace und folgte ihr. »Ich will nicht, dass heute Abend noch jemand verschwindet.«
    Candace setzte sich an den Küchentisch und sah zu, wie Ruthie Kaffeebohnen abmaß, mahlte und die Maschine anstellte. Fawn ließ sich an ihrem angestammten Platz gegenüber dem Fenster nieder. Mimi lag auf ihrem Schoß.
    Ruthie gesellte sich an den Tisch und setzte sich neben Fawn. Diese ergriff ihre Hand und hielt sie ganz fest. Fawns Hand war heiß. Wahrscheinlich brauchte sie wieder ihre Medizin.
    Candace sah Ruthie scharf an. »Wann hast du Geburtstag?«, wollte sie wissen.
    »Am dreizehnten Oktober.«
    Fawn zog sachte an Ruthies Hand und führte sie zu ihrer Puppe, die noch immer, in die dicke Decke eingewickelt, auf Fawns Oberschenkeln lag. Fawn drückte Ruthies Hand gegen die Puppe. Unter der Decke befand sich etwas Hartes.
    »Und wie alt bist du?«, fragte Candace weiter.
    »Neunzehn.« Ruthie schob die Decke ein Stückchen beiseite. Fast hätte sie einen überraschten Schrei ausgestoßen. Sie schluckte ihn im allerletzten Moment herunter und musste sich bemühen, ein neutrales Gesicht zu machen.
    Der Revolver.
    Fawn hatte den Revolver aus dem Versteck im Schlafzimmer ihrer Mutter geholt und in die Decke gewickelt. Kluges Kind. Vorsichtig zog Ruthie die Decke wieder darüber. Sie konnte den Revolver jetzt nicht nehmen. Vielleicht würde sie ihn auch gar nicht brauchen. Trotzdem war es gut zu wissen, dass die Waffe notfalls in Reichweite war.
    »Du bist deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, weißt du das?«, sagte Candace, an Ruthie gewandt.
    Fawn lachte ihr glockenhelles Feenlachen. »Aber sie sieht doch kein bisschen wie Mom aus.«
    »Weil Alice Washburne nicht ihre Mutter ist.« Candaces Worte schlugen ein wie eine Bombe, und nachdem sich der Staub gelegt hatte, beobachtete sie interessiert die Mienen der beiden Mädchen.
    »Die O’Rourkes sind meine leiblichen Eltern«, stellte Ruthie fest. Ihre Hand lag noch immer auf dem Revolver unter der Decke.
    Wenn sie ehrlich war, wusste sie es, seit sie zum ersten Mal das Foto gesehen hatte. Tief im Innern hatte sie die Wahrheit gespürt.
    Trotzdem war es ein seltsames Gefühl. Als Kind hatte sie sich immer vorgestellt, dass Mom und Dad gar nicht ihre richtigen Eltern waren; sie hatte sich ein reiches Königspaar ausgemalt, in einem weit entfernten Land, von dem sie noch nie gehört hatte. Irgendwann würden sie kommen, ihre wahre Identität enthüllen und sie mitnehmen, damit sie endlich das Leben führen konnte, das ihr gebührte – ein Leben, in dem sie nicht den Hühnerstall ausmisten und die abgelegten Kleider anderer Leute tragen musste. Jetzt war ihr Wunsch endlich in Erfüllung gegangen, nur leider hatte es rein gar nichts von dem magischen Neuanfang, den sie sich erträumt hatte. Es war ein dumpfes, hartes Gefühl, wie ein Schlag in die Magengrube.
    »Wie gesagt, du bist ein kluges Mädchen.«
    Fawn machte große Augen. Ihr Mund war leicht geöffnet. Sie umklammerte Ruthies Hand noch fester.
    »Dann sind Sie … meine Tante, oder was?« Ruthie wusste nicht recht, was sie dazu sagen sollte. Schön, dich kennenzulernen, tatsächliche Blutsverwandte schien nicht ganz das Passende zu sein.
    »Ich versteh das nicht«, murmelte Fawn und schaute zwischen Ruthie und Candace hin und her.
    »Ziemlich verwirrend, oder?« Candace bedachte Fawn mit einem mitfühlenden Blick. »Um das zu erklären, müssten wir weit

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