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Winterkill

Winterkill

Titel: Winterkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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jemand angestiftet?«
    »Blödsinn!« Jetzt starrte auch Benny nach vorn. »Wir wollten Ihnen nur einen Denkzettel verpassen … wegen der Scheißpredigt … und überhaupt. Kein großes Ding. Rufen Sie die Cops, wenn es unbedingt sein muss, meinetwegen auch das FBI oder den verdammten Papst, aber lassen Sie uns endlich in Ruhe! Labern Sie uns nicht voll, okay?«
    Father Paul blickte die beiden Jungen prüfend an. Sie waren noch keine achtzehn und hatten sicher Potenzial, aber was nützte das schon? Wer schon als junger Mann keinen Job fand und sich von der Gesellschaft ungerecht behandelt fühlte, griff eher zu einem Stein als ein Sohn weißer Mittelklasse-Eltern in Duluth oder St. Paul.
    Ein Indianerreservat war eine andere Welt, das hatte auch er bei seiner Ankunft feststellen müssen. Wer die Grenze überschritt, fand sich in einem Land voller Armut und schlechter Chancen wieder. Daran änderten auch die neuen Casinos nichts. Die Einkünfte aus dem Glücksspiel wanderten zu einem großen Teil in die Taschen weißer Geschäftemacher. Es gab wenig Jobs, viel zu wenig Jobs, und selbst Arbeitswillige endeten in Armut und Chaos.
    Auch die Kirche hatte keine Antwort auf diese Misere. Er war kein Politiker. Er konnte Trost spenden und den Jungen Mut und Selbstbewusstsein predigen, mehr auch nicht.
    »Wer hat euch bezahlt?«, fragte er.
    »Was soll der Scheiß?«, erwiderte Benny nervös. »Uns gibt doch niemand Kohle dafür, dass wir Steine werfen.«
    Father Paul ließ nicht locker. »Aber dafür, dass ihr mich einschüchtert. Ihr sollt mir Angst machen, damit ich den hohen Herren nicht in die Quere komme, stimmt’s? Wer hat euch bezahlt?«
    »Sie nerven, Father!«
    »Wollt ihr, dass ich die Cops rufe? Wisst ihr, was die mit euch machen, wenn ich euch anzeige? Ihr seid vorbestraft, ihr wandert in den Knast, und was sie dort mit jungen Indianern machen, könnt ihr euch sicher vorstellen.«
    »Wollen Sie uns erpressen?«
    »Ich will euch helfen.«
    Ralph hatte wohl genug von dem Katz-und-Maus-Spiel. »So ’n Typ«, rückte er zögernd heraus, »ein Weißer. Er hat uns ’nen Hunderter geben, damit wir Ihnen Feuer unter … Na, Sie wissen schon. Wie er heißt, weiß ich nicht.«
    »Wie sah er aus? Welchen Wagen fuhr er? Wo habt ihr ihn getroffen?«
    »Sind Sie ’n Cop oder was?«, fragte Benny.
    »So ’ne Managertype«, antwortete Ralph dem Pater. »Feiner Anzug, sauber gescheitelte Haare und so. Er hat uns auf der Straße abgepasst, oben bei den Kupferminen. An seinen Wagen kann ich mich nicht erinnern. Wir sollen Ihnen sagen, dass Sie sich um Ihren eigenen Mist kümmern sollen. Na, so ähnlich.«
    »War’s das, Father?«, fragte Benny.
    Father Paul nickte zögernd. »Okay«, sagte er, »vergessen wir die Sache.« Er trat einen Schritt zurück und wartete, bis Benny den Motor gestartet hatte. »Wie wär’s, wenn ihr eure Schwester am Sonntag in die Kirche begleitet?«
    »Darauf können Sie lange warten, Father!«, erwiderte Benny und schloss das Fenster. Lachend fuhr er davon.

12
    Der Wagen rutschte über die glatte Straße und knallte mit der Fahrerseite gegen die Hauswand. In einem Funkenregen schrammte er daran entlang.
    Die Airbags öffneten sich mit einem lauten Knall, doch Kathryn prallte mit der Schläfe gegen das zersplitterte Seitenfenster und war sofort bewusstlos. Mit blutigem Kopf blieb sie im Sicherheitsgurt hängen. Die Pistole fiel zu Boden.
    Sarah kippte auf Kathryn und verrenkte sich den Hals, bekam aber sonst kaum etwas ab. Als der Wagen gegen einen abgestellten Abfallcontainer prallte und endlich stehen blieb, landete sie mit dem Gesicht auf dem Airbag.
    So blieb sie sekundenlang sitzen, das Geräusch des Aufpralls noch immer in den Ohren, die Angst vor der Killerin in den Knochen. Nur zögernd richtete sie sich auf. Sie bewegte langsam den Kopf, verzog schmerzhaft das Gesicht und griff sich an den Nacken. Verrenkt, dachte sie, nichts Ernstes.
    Die Killerin war schlimmer dran. Auf ihrer Stirn war Blut und ihr linker Arm hing leblos herab. Aus einem Auge lief ebenfalls Blut. Sarah überprüfte ihren Puls. Nur ein schwaches Pochen. Sie brauchte dringend Hilfe, sonst würde sie sterben, das spürte auch sie als Laie.
    Sarah suchte nach dem Handy der Verletzten, fand es in ihrer rechten Manteltasche und wählte mit zitternden Fingern die Notrufnummer. Der Schock steckte ihr in allen Knochen. Nur mühsam gewann sie die Kontrolle über sich.
    »Ein Unfall auf der South Michigan Avenue, nördlich der

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