Winterkrieger
sie jemals nackt gesehen, und in dieser einen Nacht hatte sie in parfümiertem Wasser gebadet und in einem Zimmer auf ihn gewartet, das durch drei farbige Laternen erhellt war. Jetzt war das Licht hart und grell, und der hässliche Bauer rieb ihre Schenkel mit seinen großen, schwieligen Händen.
Und trotzdem, dachte sie plötzlich, er kümmert sich um mich! Das ist etwas, das Skanda nie getan hat.
Axiana erinnerte sich an die Nacht, in der der König zu ihr gekommen war. Es kümmerte ihn nicht dass sie noch Jungfrau war, unerfahren und unwissend. Er hatte keinen Versuch unternommen, ihr ihre Ängste zu nehmen oder gar sie zu erregen. Für sie lag in dem Liebesakt keinerlei Vergnügen. Er war schmerzhaft gewesen und – der QUELLE sei Dank – nur kurz. Er hatte die ganze Zeit kein Wort gesagt, und als er fertig war, war er aufgestanden und hatte das Zimmer verlassen. Sie hatte stundenlang geweint.
Axiana fühlte sich schwindlig. Sie öffnete die Augen und sah tanzende Lichter. »Langsam atmen«, befahl Bison. »Sonst wirst du ohnmächtig. Und das wollen wir doch nicht oder?«
Wieder flammte der Schmerz auf und erreichte neue Höhen. »Da kommt Blut! Da kommt Blut!« jammerte Pharis.
»Natürlich kommt da Blut«, fuhr Bison sie an. »Bleib ruhig, Mädchen. Geh und hol noch mehr Wasser!«
Axiana stöhnte. Bison beugte sich zu ihr. »Versuch an etwas anderes zu denken«, sagte er. »Eine meiner Frauen hat immer gesungen. Kennst du irgendwelche Lieder?«
Wut verdrängte Axianas Schmerz, flammte auf wie ein Waldbrand. »Du Schuft! Du dämlicher …« Plötzlich ließ sie einen Schwall von obszönen Flüchen los, auf Drenai und Ventrisch, Wörter, die sie gehört, aber niemals zuvor in den Mund genommen hatte, von denen sie nie geglaubt hatte, sie jemals äußern zu können. Es war, wie sie immer geglaubt hatte, die Sprache der Gosse. Bison war völlig ungerührt.
»Meine dritte Frau hat auch so geredet«, sagte er. »Es ist genauso gut wie singen«, setzte er fröhlich hinzu.
Axiana sank erschöpft gegen ihn. All die Jahre des Edellebens, ihre Ausbildung und der eingehämmerte Glaube, dass Adlige eine andere Spezies waren als gewöhnliche Sterbliche, fielen von ihr ab wie die Schalen einer Zwiebel. Jetzt war sie ein Tier, schwitzend, grunzend, stöhnend, ein Wesen ohne Stolz. Tränen stiegen ihr in die Augen, als der Schmerz noch weiter anstieg. »Ich halte das nicht aus!« flüsterte sie. »Ich halte das nicht aus!«
»Doch, du hältst das aus. Du bist ein tapferes Mädchen. Du schaffst das.« Wieder beschimpfte sie ihn wüst wiederholte immer wieder dasselbe Wort.
»Das ist gut«, sagte er grinsend. Ihr Kopf sackte gegen seine Schulter. Seine Hand schob ihr das schweißnasse Haar aus der Stirn. Mehr als alles andere gab ihr diese kleine Geste ihren Mut wieder. Sie war nicht allein. Der Schmerz ließ für einen Augenblick nach.
»Wo ist Ulmenetha?« fragte sie Bison.
»Sie kommt sobald sie aufwacht. Ich weiß nicht warum sie immer noch schläft. Nogusta glaubt dass irgendwelche Magie am Werke ist. Aber ich bin ja da. Du kannst dem alten Bison vertrauen.«
Pharis beugte sich vor und wischte ihr das Gesicht ab, dann bot sie ihr wieder Wasser an. Axiana trank dankbar.
Der Vormittag verging, die Sonne überschritt ihren Zenit und sank langsam zum Horizont herab. Eine Zeitlang hob Bison sie wieder in eine kniende Stellung, doch die Krämpfe kehrten zurück, und am Nachmittag saß sie wieder mit dem Rücken an den Baumstamm gelehnt Sie war fast am Ende ihrer Kräfte und trieb halb bewusstlos in einem Meer aus Schmerz. Sie dachte an ihre Mutter, das blasse junge Gesicht mit den dunklen Ringen um die Augen. Sie war im Kindbett gestorben. Ihr Sohn wurde tot geboren, ihr Körper zerrissen, ihr Lebenssaft strömte aus ihr heraus. Axiana war damals sechs Jahre alt gewesen. Ihre Kinderfrau hatte sie hereingeführt, um sich von ihrer Mutter zu verabschieden. Aber ihre Mutter war im Delirium gewesen und hatte sie nicht erkannt Sie hatte einen Namen gerufen, ihn laut herausgeschrien. Niemand wusste, nach wem sie rief.
An einem strahlenden Sommernachmittag wurde sie begraben, ihr toter Sohn neben ihr.
»Ich werde sterben wie sie«, dachte Axiana.
»Nein, das wirst du nicht«, sagte Bison.
»Ich … ich wollte das nicht laut sagen«, flüsterte Axiana.
»Du wirst nicht sterben, Mädel. Bald werde ich dir deinen Sohn an die Brust legen, und die Sonne wird auf euch beide scheinen.«
»Mein … Sohn.« Ein seltsamer
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