Winterkrieger
Gesicht und trotz der gepolsterten Kappe, die er darunter trug, saß der Helm nicht richtig. Einmal, als der König ihn gerufen hatte, hatte sich Dagorian zu rasch umgedreht und der Helm war auf seinem Kopf verrutscht und der linke Wangenschutz hatte plötzlich auf seinem linken Auge gesessen. Alle hatten gelacht. Dagorian hatte nie Soldat werden wollen, aber wenn der Vater ein heldenhafter General war – und schlimmer noch, ein toter heldenhafter General, dann blieb dem Sohn kaum eine Wahl.
Und er hatte noch Glück gehabt. Der Weiße Wolf hatte ihn in seinen Stab aufgenommen und viel Zeit darauf verwendet dem Jüngling Taktik und Logistik beizubringen. Und obwohl Dagorian das Soldatenleben keinen Spaß machte, entdeckte er, dass er ein Talent dafür besaß, und das machte das Leben in den Feldzügen wenigstens einigermaßen erträglich.
Die Vorbereitungen für den Geburtstag des Königs waren jetzt abgeschlossen, und in der nächsten Stunde würden die Massen durch die Tore strömen. Der Himmel war klar, der neue Tag nicht so kalt wie der vorige. Der Frühling nahte. Nur abends fiel die Temperatur noch unter den Gefrierpunkt. Dagorian sah die drei alten Krieger, die sich am Zaun unterhielten. Er schlenderte zu ihnen hinüber. Als er näher kam, ging Kebra der Bogenschütze davon. Er sieht wütend aus, dachte Dagorian. Der schwarze Schwertkämpfer sah Dagorian näher kommen und salutierte.
»Guten Morgen, Nogusta«, sagte der Offizier. »Du hast gestern gut gekämpft.«
»Das tut er nun mal«, sagte Bison mit einem breiten Grinsen, das seine Zahnlücken sehen ließ. »Du bist der Sohn von Catoris, nicht wahr?«
»Ja.«
»Guter Mann«, sagte Bison. »Er konnte sich immer auf die Dritten Lanzenträger verlassen, wenn er das Kommando hatte. Er war aber auch ein harter Bastard. Zehn Hiebe habe ich gekriegt als ich nicht schnell genug salutierte. Trotzdem, echt von Adel.« Er drehte sich zu Nogusta herum. »Noch ein Stück Pastete?« Der schwarze Mann schüttelte den Kopf, und Bison stapfte davon zu einem der Imbißzelte.
Dagorian grinste. »Hat er meinen Vater gerade gelobt oder beleidigt?« fragte er.
»Etwas von beidem«, meinte Nogusta.
»Ein ungewöhnlicher Mann.«
»Bison oder dein Vater?«
»Bison. Nimmst du an einem der Wettkämpfe teil?«
»Nein«, antwortete der schwarze Mann.
»Warum nicht? Du bist ein hervorragender Schwertkämpfer.«
»Ich spiele nicht mit Schwertern. Und du?«
»Ja«, antwortete Dagorian. »Beim Säbelturnier.«
»Dann stehst du Antikas Karios im Finale gegenüber.«
Dagorian sah überrascht aus. »Woher willst du das wissen?«
Nogusta hob die Hand und legte sie an die Stirn. »Ich habe das Dritte Auge«, sagte er.
»Und was ist das?«
Der schwarze Mann lächelte. »Es ist eine Gabe – oder vielleicht ein Fluch – mit der ich geboren bin.«
»Gewinne oder verliere ich?«
»So präzise ist die Gabe nicht«, erklärte Nogusta lächelnd. »Sie schlägt zu wie der Blitz und hinterlässt ein Bild. Ich kann sie weder vorhersagen noch steuern. Sie kommt oder …« Sein Lächeln schwand, und seine Miene wurde hart. Dagorian betrachtete ihn gespannt. Es sah aus, als ob er sich der Gegenwart des Offiziers nicht mehr bewusst wäre. Dann seufzte er. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich war momentan abgelenkt.«
»Du hattest noch eine Vision?« fragte Dagorian.
»Ja.«
»Über das Säbelturnier?«
»Nein. Ich bin sicher, du wirst dich gut schlagen. Sag mir, wie geht es dem Weißen Wolf?« fragte er plötzlich.
»Es geht ihm gut, und er bereitet die Heimreise vor. Warum fragst du?«
»Malikada wird versuchen ihn umzubringen.« Die Worte waren leise, doch bestimmt gesprochen. Er äußerte keine Meinung, sondern stellte eine Tatsache fest.
»Hast du das gesehen?«
»Ich brauche keine mystische Gabe, um diese Vorhersage zu machen.«
»Dann denke ich, dass du unrecht hast«, sagte Dagorian. »Malikada ist jetzt der General des Königs. Banelion steht ihm nicht im Wege. Tatsächlich wird er in drei Tagen nach Hause marschieren, um sich zur Ruhe zu setzen.«
»Trotzdem ist sein Leben in Gefahr.«
»Vielleicht solltest du mit dem General darüber sprechen?« schlug Dagorian steif vor.
Nogusta zuckte die Achseln. »Nicht nötig. Er weiß es ebenso gut wie ich. Cerez war Malikadas Liebling. Er hielt ihn beinahe für unbesiegbar. Gestern hat er eine harte Lektion gelernt. Er will Rache.«
»Wenn das stimmt, wird er nicht auch versuchen, sich an dir zu
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