Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winterland

Winterland

Titel: Winterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
Eisschnellläuferin in großen, kräftigen Bewegungen über das Eis gleiten. Der Trainer rief etwas, das ich nicht hörte. Als die Frau das nächste Mal vorbeikam, gab sie ein Zeichen, und der Mann rief wieder etwas. Das nächste Mal blieb sie mit kleinen abgehackten Bewegungen auf den grotesk langen Schlittschuhen stehen. Ich sah ihren Rücken. Sie führte die Hand zur Kapuze des Anzugs, die wie auf den Kopf geleimt schien, und zog sie herunter. Ich sah das dicke blonde Haar über ihrem Hinterkopf und den Schultern fast explodieren. Sie drehte sich um und sagte wieder etwas zu dem Trainer. Es war Birgitta Sonesson.
     
    »Hat sie Sie gesehen?«, fragte Munter. Wir saßen in meinem Zimmer. Er hatte seinen freien Sonntag unterbrochen. »Hatte sowieso grad keinen guten Roman, den ich lesen könnte«, sagte er, als er kam, und lachte eines seiner seltsamen Lachen, die nichts mit Freude zu tun hatten. Munter hatte als Erwachsener noch nie Belletristik gelesen.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht. Aber ich glaube nicht, dass sie mich mit der Mütze erkannt hat.«
    »Nein«, meinte Munter, »nicht einmal ich erkenne Sie.«
    »Was meinen Sie?«
    »Eisschnelllauf? Das klingt perfekt. Und noch mehr im Aussterben begriffen als Leichtathletik.«
    »Perfekt«, sagte der Gerichtsmediziner. »Stimmt exakt mit den Muskelgruppen überein.«
    »Dann ist es ja gut, dass wir Ihnen das jetzt gesagt haben«, frotzelte Munter.
    »Wir waren fast so weit«, entgegnete der Arzt säuerlich.
    »Und wir arbeiten schließlich nicht mit Zufällen.«
    »Wenn wir auf Sie gewartet hätten, dann hätten wir erst etwas erfahren, wenn Schweden das nächste Mal olympisches Gold im Eisschnelllauf holt, also niemals. Gut, dass unser Andreas hier so aufmerksam war.«
    »Deshalb müssen Sie nicht gleich unverschämt werden, Munter.«
    »Jetzt hören Sie mal auf«, ermahnte ich die beiden. »Wir benötigen alle Hilfe, die wir kriegen können, um diesen Fall zu lösen.«
     
    »Und wie geht es jetzt weiter, Inspektor Berger?«, fragte Munter, als wir wieder in seinem Zimmer saßen. »Können wir von der Hypothese ausgehen, dass die ermordete Frau Mitglied im Eislaufclub war oder ist?«
    »Noch nicht«, sagte ich.
    »Gut. Und es ist nur gut, dass wir noch nicht dazu gekommen sind, dort anzufragen.« Munter tauschte seine Zigarette und besah sich gedankenverloren die neue. »Hätten wir es überhaupt je geschafft, uns bis zu einem kleinen beschissenen Eislaufclub am äußersten Rand der Sportwelt durchzuarbeiten?«
    »Wir müssen uns fragen, ob Birgitta Sonesson etwas vor uns verbirgt«, meinte ich.
    »Ja.«
    »Wir haben sie bisher nur nach der Freundin gefragt«, sagte ich. »Nach der Geliebten. Annie.« Ich sah zu Munter, der die Augen schloss. »Wir haben sie nicht nach möglichen Verbindungen zwischen Annie und der Ermordeten gefragt, weil es einfach nichts gab, wonach man hätte fragen können.«
    »Abgesehen von Training und Sport«, gab Munter zu bedenken.
    »Und damit werden wir ja morgen gleich anfangen«, entgegnete ich, »in der zweiten Runde.«
    Wir hatten mit Birgitta Sonesson gewartet, um erst die Namen und Adressen in Annie Lundbergs Adressbuch zu überprüfen. Das hatte nichts Neues ergeben.
    »Also los«, meinte Munter, »auf zur zweiten Runde.«
     
     
     
    »Nein, Schlittschuhe waren nichts für Annie«, sagte Birgitta Sonesson. »Ich glaube, sie war nicht einmal bei einem Training dabei.« Sie machte eine Bewegung mit einem Bein. »Das war nicht ihr Sport.«
    »Was war denn ihr Sport?«, fragte ich.
    »Sie ist viel gelaufen«, antwortete Birgitta Sonesson. »Und dann machte sie ein wenig allgemeines Krafttraining.«
    Ich merkte, dass Birgitta Sonesson über Annie in der Vergangenheit sprach, so als ob jede Hoffnung vergebens sei. Ich sah zu Munter, doch er zeigte keine Regung.
    »Sie versuchen sich ja wirklich in Form zu halten«, sagte er stattdessen, »Sie und Ihre Freundin.«
    »Natürlich«, erwiderte sie.
    »Hatte sie Umgang mit Leuten, die dort trainierten?«, fragte Munter.
    Wir saßen in der gemeinsamen Wohnung von Birgitta Sonesson und Annie Lundberg. »Das Pärchen«, wie Munter es nannte, als wir dorthin fuhren. Ich sah mich nach weiteren Fotos von Annie um, konnte aber keine entdecken. Vielleicht war der Schmerz für Birgitta Sonesson zu groß. Sie war vielleicht bereits überzeugt davon, dass Annie tot war.
    Das Wohnzimmer war gemütlich, ich saß auf einem schönen Sofa. Von dort aus konnte ich den Schnee auf den Ästen der Bäume

Weitere Kostenlose Bücher