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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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nicht aus Sarnak!“, tadelte ihn Evanjalin und stand auf. „Und den Ring meines Vaters hast du mir auch noch nicht zurückgegeben.“
    Froi sah sie finster an. „Dachte, du hast ihn mir geschenkt.“
    „Sei nicht albern“, sagte sie gereizt. „Das war nur, weil ich fürchtete, bald zu sterben. Du musst ihn mir wiedergeben.“ Sie lief vor ihnen her, sprang über das Gras und über die Narzissen, manchmal blieb sie hängen und stolperte.
    „Hoffentlich fällt sie hin“, grummelte Froi vor sich hin. „Gemeinstes Mädchen, das ich kenne.“
    „Ich kenne noch gemeinere Mädchen“, sagte Finnikin. „Die Mädchen aus dem Bergland von Lumatere sind schrecklich, und denen vom Fluss darf man niemals den Rücken zukehren. Und wenn ich erst an Prinzessin Isaboe denke. Sie erzählte jedem, dass sie die gebrochenen Glieder ihrer Katze wieder heilen könnte. Das stimmte auch. Aber sie sagte niemandem, dass sie sie vorher gebrochen hatte.“
    Als sie bei der Scheune angekommen waren, machten sie wie die anderen auch ihre Pferde reisefertig.
    „Perri? Stimmt etwas nicht?“, hörte Finnikin Evanjalin plötzlich leise fragen.
    Perri schwieg und die Frage schien schon fast wieder vergessen zu sein. Jedenfalls glaubte Finnikin es, bis er sich zu Evanjalin drehte und merkte, dass sie Perri unverwandt anblickte.
    „Perri?“, fragte Finnikin.
    In Perris Blick lagen Misstrauen und Feindseligkeit. „Sie hat gelogen“, erwiderte er knapp.
    Evanjalin sah ihn verwirrt an.
    „Perri, lass das Mädchen in Frieden“, murmelte Trevanion. Er nahm den Vorderlauf seines Pferds und stellte den Huf auf sein Knie.
    Es lag nichts Gemeines in Perris Blick. Nur kalte Gewissheit.
    „Vor zwei Nächten kann sie gar nicht durch Träume gewandert sein. In Pietrodore will sie dies auch getan haben. Und es ist nicht schon wieder so weit, dass sie ihre Blutung haben kann.“
    Plötzlich wandten sich alle zu ihr um. Evanjalin wurde rot.
    „Es ist doch nicht wichtig, wi e …“, begann sie.
    „Welche Lügen hast du uns sonst noch erzählt?“, unterbrach sie Perri.
    Diesmal gab sie keine Antwort.
    „Hast du uns Lügen aufgetischt über Lady Beatriss?“, beharrte er. „Und über Tesadora? Hast du uns Lügen aufgetischt über die jungen Mädchen von Lumatere?“
    Der Priesterkönig und Froi sahen einander besorgt an. Trevanion stellte das Bein des Pferdes auf den Boden und kam zu ihnen.
    „Sag es ihm“, forderte Finnikin Evanjalin auf. Er wollte, dass sie Perris Verdächtigungen widerlegte.
    Aber sie sagte kein Wort, sondern sah ihn nur stumm an.
    „Antworte“, wiederholte er, diesmal entschiedener.
    Sie schüttelte traurig den Kopf. „Ich sehe immer Zweifel in deinem Blick, Finnikin. Wie kannst du uns nach Hause führen, wenn du solche Zweifel hegst?“
    „Ich bin nicht derjenige, der euch nach Hause führen wird. Das ist Balthasar“, widersprach Finnikin.
    Als sie die Augen niederschlug, wurde ihm ganz kalt.
    „Hast du uns Lügen über Balthasar erzählt, Evanjalin?“, fragte er heiser. Er wunderte sich selbst darüber, wie ruhig er sprach. Aber er wusste: Wenn er schrie, würden alle glauben, dass er sie eines solchen Betrugs für fähig hielt. Also wartete er darauf, dass sie Nein sagte, dass sie ihnen noch einmal erklärte, welche Bewandtnis es mit den Träumen hatte. Dann konnte er Perri auffordern, sein Maul zu halten. Später würde er sie davon überzeugen, dass er nicht den leisesten Zweifel hegte. Dass er nur verzweifelt auf eine Antwort wartete.
    Aber Evanjalin sagte nichts.
    „Hast du uns etwas von der Rückkehr des Königs vorgelogen?“, fragte Perri tonlos. Finnikin fiel auf, dass Perri nie laut wurde, nie die Selbstbeherrschung verlor.
    Froi und der Priesterkönig warteten schweigend. Sie sahen aus, als wollten sie Evanjalin dazu zwingen, die richtige Antwort zu geben.
    „Sag Nein, Evanjalin!“, platzte Froi heraus.
    „Antworte ihm“, forderte auch Trevanion sie auf.
    Finnikin las es in ihrem Blick, noch ehe sie die Antwort gab. Er wusste es, weil sie ihn direkt ansah. Und ihre Augen baten nicht einmal um Schonung.
    „Balthasar ist tot.“
    Sein Magen drehte sich um, die Knie wurden ihm weich. Und sie blickte ihm noch immer fest in die Augen.
    „Ihr wärt nie so weit gekommen, wenn ihr gewusst hättet, dass er nicht mehr lebt“, sagte sie ruhig. „Keiner von euch. Nicht die Vertriebenen. Nicht die Garde. Niemand.“
    „Du hast uns die ganze Zeit über belogen?“ Er erkannte seine eigene Stimme kaum

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