Winterlicht
Unschuld und ihre Offenheit verloren.
Die Stille wurde immer unbehaglicher. Trevanion wünschte sich verzweifelt, Finnikin wäre an seiner Seite. Sein Sohn würde die richtigen Worte finden. Er würde sie alle mit seiner Aufrichtigkeit in den Bann ziehen und sie mit seiner Ernsthaftigkeit und seinem Wissen beeindrucken. Niemand machte Anstalten, ihm einen Platz anzubieten, doch Trevanion konnte es verstehen.
Beatriss aus dem Tiefland war um seinetwillen eingekerkert und gefoltert worden. Sie hatte all das Leid nur erdulden müssen, weil sie seine Geliebte gewesen war.
Das Kind erschien in der Tür. Trevanion hatte es mehrmals während der letzten Woche im Palastdorf gesehen, wo Mitglieder seiner Garde Lebensmittel und Aufgaben verteilten. Jedes Mal traf ihn der Anblick dieses Kindes, das nicht von ihm war, wie ein Axthieb.
Das Mädchen klammerte sich an seine Mutter und starrte ihn an. Und mit einem Mal wurde er sich seiner äußeren Erscheinung bewusst. Er griff in sein Haar, das völlig verfilzt war. Während der letzten Woche hatte es dringendere Geschäfte als Körperpflege gegeben; allerdings hatte Lady Abian ihm angeboten, sein Haar zu schneiden und den Bart zu stutzen. Er fühlte sich genau wie damals in den Minen von Sorel, als Finnikin ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Er schämte sich.
„Es tut mir leid, ich wollte euch nicht stören“, sagte er leise und verließ unvermittelt den Raum.
Er war bereits den halben Pfad zurückgegangen und fast bei seinem Pferd angekommen, als er bemerkte, dass ihm ein Kind folgte. Das Mädchen sagte nichts, es sah ihn nur an, während es auf ihn zulief. Sein kleines Gesicht war umrahmt von dicken, kupferroten Locken.
„Vestie!“
Trevanion und das Kind drehten sich um und sahen Beatriss hinter sich herkommen. Sie hob den Rock ein wenig, um nicht zu stolpern, und als sie die beiden erreicht hatte, nahm sie ihre Tochter an die Hand. Trevanion starrte auf den Arm des Kindes, sah die Kratzer, die ihm die Königin in ihrer Verzweiflung zugefügt hatte.
„Bitte entschuldigt ihre Dreistigkeit, Hauptmann Trevanion“, sagte Beatriss. „Es kommen so viele fremde Menschen hier vorbei, das ist sehr aufregend für unsere Kinder.“
Ihre Kinder. Nicht seine.
Um sich abzulenken, betrachtete er das Dorf oder was davon übrig geblieben war. „Wir raten Euch, mit Euren Leuten nach Fenton zu ziehen“, sagte er schroff. „Es gibt dort ein Stück fruchtbares Land, das genau die Größe von Sennington hat.“
Er sah, wie sie blass wurde. „Die Einwohner meines Dorfes sollen aus ihrer Heimat wegziehen?“, fragte sie.
„Hier gibt es nichts mehr, Lady Beatriss.“
Sie blickte auf die verbrannte Erde um sich herum. „Mein Land wurde in den letzten zehn Jahren regelmäßig niedergebrannt, Hauptmann Trevanion.“
Doch Beatriss die Kühne weigerte sich, den Ackerbau einzustellen.
Das Kind blickte von einem zum anderen.
„Werdet Ihr Sir Topher und meinen Sohn, der ihm bei der Volkszählung hilft, in der kommenden Woche empfangen?“, fragte er. „Ich habe gehört, dass Ihr die besten Aufzeichnungen habt, und wir brauchen Hilfe beim Auffinden von Name n … Mensche n … Gräbern.“
Sie nickte und er lief weiter zu seinem Pferd.
Doch ihre Stimme hielt ihn zurück. „Ich freue mich sehr, dass Ihr Euren geliebten Jungen wiedergefunden habt.“
Leider ist er kein Junge mehr, dachte er für einen Moment und nickte, aber noch immer eine große Freude.
„Finnikin“, rief das Kind.
Trevanion sah auf das Mädchen hinunter und sein Blick schien Beatriss zu erschrecken. Doch nicht das Kind. Es sah ihn neugierig an. Und als ihm die unbehagliche Situation und die Stille zu viel wurden, stieg Trevanion auf sein Pferd und ritt davon.
Nachdem Finnikin in sein Felsendorf zurückgekehrt war, weinte seine Großtante eine Ewigkeit. Obwohl er sich wie ein Fremder unter den Verwandten seiner Mutter fühlte, erlaubte er ihnen den großen Wirbel um seine Person. Dennoch traten sie ihm mit einer gewissen Schüchternheit entgegen. Zunächst dachte er, es läge daran, dass er einer der wenigen zurückgekehrten Flüchtlinge unter den Felsbewohnern war, doch eines Nachts, als seine Großtante ihn auf die Stirn küsste, sah er das Funkeln in ihren Augen. „Ist es wahr, dass die Königin dich zu ihrem König auserwählt hat?“
„Sprich nicht von solchen Dingen, Tante Celestina“, erwiderte er leise, „während in unserem Königreich so viel Trauer herrscht.“
Obwohl Sir Topher Boten
Weitere Kostenlose Bücher