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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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sagte Lady Beatriss nach einer Weile.
    Finnikin legte die Schreibfeder nieder. „Tesadora?“
    Lady Beatriss nickte. „Sie wirkt sehr einschüchternd, wenn man sie zum ersten Mal sieht, nicht wahr?“
    Er lächelte verlegen. „Sie ist nur halb so groß wie ich, es wäre ein wenig beschämend, das zuzugeben.“
    „Nun, ich werde es für dich zugeben“, erwiderte Beatriss lachend. Dann wurde ihr Gesicht wieder ernst. „Seranonna und ich waren in derselben Kerkerzelle eingesperrt. Am Tag vor dem Fluch hat man ihr gestattet, Besuch zu empfangen. Eine Novizin aus dem Kloster der Lagrami. Die Novizin hielt sich dort auf, um den Anhängern der Sagrami ihren Segen zu geben, damit sie vor ihrem Tod Buße tun konnten. Ich erinnere mich, dass mich die Frömmigkeit meiner Ordensschwester beschämte. Doch es war eine Täuschung. Die Novizin war Tesadora. Sie hatte sich den Kopf geschoren und sich in das gestohlene Gewand einer Lagrami-Novizin gehüllt. Sie gab Seranonna ihren Segen in der Sprache der Vorfahren und drückte ihrer Mutter eine winzige Phiole mit einem Zaubertrank in die Hand. Der Trank sollte ihre Mutter bewusstlos machen, sodass alle sie für tot halten würden. Tesadora allein verfügte über genügend Wissen, um sie wiederzubeleben.“
    Finnikin wurde blass. „Seranonna gab Euch an ihrer Stelle den Trank?“
    Beatriss nickte. „Wir haben niemals darüber gesprochen, aber ich kann mir vorstellen, wie Tesadora sich an dem Tag gefühlt haben muss, als sie zusehen musste, wie die Wachen ihre Mutter auf den Richtplatz schleppten. Als Seranonna hinausschrie, dass ich tot sei, wusste Tesadora, dass diese Worte an sie gerichtet waren. Sie sollte meinen Körper aus dem Kerker holen und mir das Leben zurückgeben. Nachdem ich mein Kind zur Welt gebracht hatte, trank ich das Gebräu und betete, dass ich nie mehr wieder zu mir kommen würde. Ich habe keinerlei Erinnerungen daran, was geschah, nachdem Seranonna den Fluch ausgesprochen hatte. Ich weiß nur, dass Tesadora das große Durcheinander nutzte, um nach mir zu suchen. Sie sagte, dass ich noch immer deine Schwester in den Armen hielt, als sie mich fand.“
    Er konnte nicht verhindern, dass ihm die Tränen in die Augen traten.
    „Sie lebte nur für ein paar Atemzüge und in diesen Momenten sprach ich ihren Namen laut aus, damit sie ihn eines Tages in den Himmel rufen konnte. Sie war zu klein. Ich war erst im sechsten Monat. Doch bevor sie starb, sagte ich ihr alles, was wichtig war: die Namen ihres Vaters Trevanion, ihrer Mutter Beatriss und ihres Bruders Finnikin. Ich nannte sie Evanjalin nach Trevanions geliebter Mutter, und ich schwöre, als fünf Jahre später mein Augenstern Vestie geboren wurde, hörte ich sie diesen Namen rufen, als sie das Licht der Welt erblickte. Als würde der Geist von Evanjalin in ihr weiterleben. Du denkst vielleicht, ich bin verrückt, weil ich an solche Dinge glaube, aber es gibt Momente, da entdecke ich Eigenschaften deines Vaters in Vestie, Finnikin.“
    „Ich habe gelernt, unerklärliche Dinge zu akzeptieren, ohne mich für verrückt zu halten“, sagte Finnikin.
    „Als Tesadora mich im Kerker ins Leben zurückholte, flehte ich sie an, sie solle mich sterben lassen. Ich war völlig verängstigt. Ich wusste, dass der Thronräuber mich holen lassen würde. Doch sie weigerte sich, mich zurückzulassen. Halb zog sie mich aus dem Kerker, halb trug sie mich, und wir weinten beide. Bei ihr waren es Tränen der Wut, bei mir Tränen der Angst. Ein seltsamer Tag, wider die Natur. Das Palastdorf war zerstört, die Straßen waren leer bis auf die Leichen derer, die von den Trümmern ihrer einstürzenden Häuser zerschmettert worden waren. Ich sah Menschen an den Mauern des Königreichs wehklagen und mit bloßen Händen gegen die Steine trommeln. Auf der Straße zum Tiefland kamen wir an Leuten vorbei, die wie der wandelnde Tod aussahen, etwas über Flüche murmelten und behaupteten, es gäbe keinen Weg aus dem Königreich. Es waren Tesadora und die Bewohner meines Heimatdorfes, die mein Kind unten am Fluss begruben.“ Gedankenverloren schüttelte sie den Kopf. „Manchmal denke ich, ich habe auch deinen Vater an diesem Tag begraben.“
    „Aber er ist am Leben“, stieß Finnikin hervor.
    „Eines Tages werde ich dich bitten, ihn zu diesem Grab zu führen“, sagte sie. „Damit sein Herz heilen kann. Ich sehe so viel Schmerz in seinen Augen.“
    „Warum könnt Ihr ihm nicht dabei helfen?“, wollte Finnikin wissen.
    „Weil ich nicht

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