Winterlicht
ungläubig, aber auch ehrlich belustigt, und dann fiel Perri in sein Gelächter ein.
„Das würde er“, stimmte Perri ihm zu. „Ich glaube ihm.“
Froi schämte sich, doch Perri schnippte ihm aufmunternd mit dem Daumen gegen das Kinn. „In deinem Alter hätte ich das auch getan.“
„Ich verstehe das nicht“, mischte sich Moss ein. „Finnikins Jungs aus dem Dorf betteln förmlich darum, in die Garde aufgenommen zu werden.“
„Steig auf mein Pferd“, wiederholte der Hauptmann seufzend. Sein Arm war noch immer ausgestreckt.
Froi wagte es nicht, den Befehl ein weiteres Mal zu missachten. Schweren Herzens hielt er sich am Hauptmann fest, während sie zurück in Richtung Palast ritten. Zu beiden Seiten der Straße erstreckte sich das Tiefland. Und da hatte er auf einmal Angs t – vor den Menschen und all der Arbeit, die sie verrichten mussten. Aber es erschreckt ihn auch, dass einige Dorfbewohner, mit denen er zusammengearbeitet hatte, jetzt ihre Werkzeuge sinken ließen und einfach weinten, nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Es waren Tränen, wie er sie bei Lady Celie in Belegonia gesehen hatte. Es waren Tränen, die auch ihn jedes Mal berührten und zum Weinen brachten. Doch meistens gab er dann vor, er hätte Dreck in den Augen. Tief im Innersten wünschte er sich die Zeit zurück, als er nur ein Versteck in den Wäldern finden musste und es nicht so viele Menschen gab, die ihn traurig machten.
Der Hauptmann zügelte sein Pferd vor einem Dorf, in dem jeder Bewohner zu arbeiten schien. Froi konnte die Türme über den Bäumen ganz in der Nähe sehen, also hatten sie fast das Palastdorf erreicht.
„Das ist Lord Augustins Gut“, erklärte der Hauptmann. „Hier ist die Abmachung, Froi: Du kannst auf dem Land arbeiten, aber wir entscheiden, auf wessen Land. Du bekommst weiterhin Unterricht beim Priesterkönig. Du stellst die Königin zufrieden.“
Froi sah ihn verständnislos an.
„Vielleicht hast du Recht. Du kennst dieses Reich noch nicht lange. Es braucht seine Zeit, ein Land und seine Menschen lieben zu lernen, so sehr, dass man sie bewahren will, insbesondere wenn diese Menschen einem misstrauen. So viel können wir jetzt noch nicht von dir erwarten.“
„Doch eines Tages werden wir dich noch einmal fragen“, fuhr Perri fort.
Froi starrte sie an. „Aber wenn ich ein Feind bin?“
„Wessen Feind? Der Feind unserer Königin?“, fragte Perri.
„Niemals.“
„Das ist schon mal ein Anfang.“
Froi dachte einen Moment lang nach und betrachtete das Dorf von Sayles. „Solange ich nicht in dem großen Haus bei Lord Augustin und Lady Abian wohnen muss“, sagte er. „Weil, wenn die jede Nach t …“
„Froi!“
Der Hauptmann lachte zum zweiten Mal an diesem Tag und Froi mochte den Klang dieses Lachens.
„Die Königin hat befohlen, dass du in der Nähe bleiben sollst“, sagte Perri. „Tu uns einen Gefallen: Verstoße nicht gegen die Befehle der Königin. Sie ist zurzeit in einer schrecklichen Stimmung dort oben in den Bergen.“
Froi nickte. „Ich werde bleiben. Aber das mit der Königin stimmt nicht“, sagte er und rutschte vom Pferd des Hauptmanns. Er blickte auf das Dorf, in dem er bald wohnen sollte.
„Dass sie zurzeit in einer schrecklichen Stimmung ist?“
„Nein, dass sie in den Bergen ist. Ich habe sie heute Morgen gesehen, aber ich habe mich von ihr ferngehalten. Ich wollte sie nicht beschämen. Sie war mit den Monts unterwegs, und alle anderen rannten zur Straße, um sie zu grüßen. Sie war auf dem Weg, um in irgendeinem Dorf zu helfen. Bal…, Bal…“
„Balconio“, sagte der Hauptmann. Er fluchte und tauschte Blicke mit den Gefährten. „Ich werde gehen“, sagte er. „Perri, du reitest zum Palast und eskortierst Sir Topher nach Balconio.“
Froi sah den Hauptmann verwirrt an. „Jeder möchte, dass Finnikin sie heiratet und nicht der Prinz von Osteria. Warum ist Finnikin nicht bei ihr?“
Der Hauptmann seufzte. „Aus dem gleichen Grund wie du.“
„Weil er nicht würdig ist?“
Der Hauptmann legte eine Hand auf Frois Schulter, als sie gemeinsam den Weg zu Lord Augustins Haus einschlugen. Froi genoss dieses Gefühl und verstand auf einmal, warum Finnikin immer so stolz herumlief, wenn sein Vater in der Nähe war.
„Nicht in den Augen der Königin“, erwiderte der Hauptmann. „Sie weiß den Wert eines Menschen besser als jeder andere zu erkennen.“
Als Trevanion das Dorf erreichte, sah er die Königin sofort. Sie trug bäuerliche Kleidung wie
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