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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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Hauptmann hoch zu Ross wartete, und Froi folgte ihm. Doch dann blickte Froi zurück und sah seine Arbeit unerledigt daliegen. Das machte ihn traurig, denn immer, wenn seine Hände die Erde berührten, hatte er etwas gefühlt, was ihm die Anstrengung wert gewesen war.
    „Wenn du noch mal einfach so verschwindest, Junge, schicke ich dich zurück nach Sarnak“, knurrte der Hauptmann, nachdem Froi bei ihm angekommen war. „Dort sucht Finnikin gerade die Straßen nach dir ab, während wir hier so gemütlich plaudern.“
    Froi fühlte seine Augen brennen, doch er unterdrückte Zorn und Schmerz, denn wenn er wütend wurde, spuckte er sein Gegenüber a n – und das wollte er mit dem Hauptmann natürlich nicht machen.
    „Was hast du getrieben?“
    „Gepflügt, Hauptmann“, antwortete er leise.
    „Gepflügt?“
    „Hier beginnt bald die Aussaat. Gerste und Hafer und Zwiebeln und Kohl. Dort werden zehn Apfel-, fünf Pfirsich- und zwei Kirschbäume gepflanzt“, sagte er und zeigte hinauf in die Berge. „Die sind von Osteria gespendet worden.“
    „Steig zu mir aufs Pferd“, sagte der Hauptmann und hielt ihm die Hand hin. „Du gehörst zu uns.“
    Doch sosehr er auch zu ihnen gehören wollte, er starrte nur auf die Hand, die der Hauptmann ihm entgegenstreckte, ohne sie zu ergreifen. „Um was zu tun?“, fragte er.
    „Die Garde wacht über das Königreich. Die Menschen von Lumatere erweisen uns eine große Ehre, indem sie uns erlauben, sie zu beschützen“, erklärte Perri.
    „Aber ich kann nicht“, sagte Froi. Er spürte, wie der Hauptmann und Perri ihn musterten, und er wollte das Richtige sagen. Neulich hatte er versucht, einer der Dorffrauen zu erklären, wie er sich bei der Garde und Evanjalin und dem Priesterkönig und Finnikin und Sir Topher gefühlt hatte, doch er hatte nicht die passenden Worte dafür gefunden.
    „Du meinst Respekt“, hatte sie später zu ihm gesagt, nachdem sie endlich verstanden hatte, was er ihr sagen wollte. Er hatte dieses Wort noch nie gehört. Und obwohl er sich diesen Männern sehr verbunden fühlte, hieß das noch lange nicht, dass er dabei helfen konnte, das Königreich zu beschützen.
    Als sich der Hauptmann herabbeugte, um ihn auf das Pferd zu ziehen, versuchte Froi zu sprechen, doch es kam nur ein Flüstern. „Wie kann ich Teil der Garde sein und dieses Königreich beschützen, wenn es mir nichts bedeutet? Hauptmann Trevanion, die andern haben einen Fehler gemacht. Ich meine Finnikin und Evanjalin und Sir Topher. Ich bin nicht von hier. Die Art, wie die Leute mich ansehen, verrät es mir. Es ist, als würden sie etwas Fremdes an mir spüren. Etwas, was ich selbst nicht kenne.“ Er starrte auf den Boden, weil er dem Hauptmann nicht ins Gesicht sehen wollte.
    „In diesen Tagen sehen alle einander so an: Brüder und Schwestern, Väter und Söhne. Sogar Liebespaare, die durch die Tage des Unsagbaren auseinandergerissen wurden, sind einander fremd geworden“, erwiderte der Hauptmann.
    Froi blickte zwischen Perri und Trevanion hin und her. „Wie kann ich für einen von euch mein Leben geben? Dazu muss ein Gardist doch bereit sein, wenn etwas passiert, oder?“
    Perri nickte.
    „Ich könnte das nicht“, gab Froi ehrlich zu. „Ich würde nur mein eigenes Leben retten.“
    Moss kam ihnen freudestrahlend entgegen, doch das Lächeln in seinem Gesicht erstarb, als er die Gesichter der anderen sah.
    „Du bist ein Lumaterer. Du würdest für dieses Königreich kämpfen“, sagte Perri, doch Froi schüttelte den Kopf.
    „Lumatere, das ist doch nur ein Wort. Ich fühle nichts dabei. Nur dieses Stück Land, auf dem ich gearbeitet habe, bedeutet mir etwas.“
    „Du fühlst nichts? Für niemanden?“, fragte Moss.
    Froi dachte einen Moment nach. „Ich glaube, für Evanjalin würde ich sterben. Wahrscheinlich auch für Finnikin.“
    „Sie ist die Königin“, ermahnte ihn der Hauptmann. „Sie ist nicht Evanjalin.“
    „Wer auch immer sie ist, für sie und für Finnikin würde ich sterben. Manchmal glaube ich nämlich, dass sie damals in Sarnak nicht nur wegen des Rings zurückkam und nach mir suchte. Sondern wegen mir.“
    Es war das erste Mal, dass er diesen Gedanken laut aussprach, und das ermutigte ihn, auch anderes auszusprechen, das in seinem Kopf herumspukte. „Aber ich würde für niemanden sonst sterben. Nicht einmal für euch drei oder den Priesterkönig oder Sir Topher. Ich würde euch sofort verraten, wenn jemand es von mir verlangen würde.“
    Der Hauptmann lachte

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