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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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schmunzeln. Der Junge setzte sich gespannt hin, die Aufregung war ihm anzusehen. Er nickte Finnikin auffordernd zu.
    „Mein Vater war einst ein einfacher Fußsoldat. Als junger Mann sah er, wie jedes Jahr die Barbaren einfielen, die weit jenseits der Grenzen von Skuldenore lebten. Sie fuhren mit ihren Drachenschiffen seinen geliebten Fluss herunter und waren so plötzlich da, als wären sie vom Himmel gefallen. Zuerst plünderten sie Sarnak im Norden, dann Lumatere. Sie waren bestialisch, diese Fremden, Räuber von der übelsten Sorte.“
    „Haben sie eure Zelte und euer Essen weggenommen?“, fragte der Junge ungeduldig, und einen Augenblick lang sah Finnikin Balthasar in den Zügen des Jungen wieder. Trauer überkam ihn und ließ ihn verstummen. Da hörte er ein leises Geräusch, ein Räuspern, es kam von Evanjalin. In ihrem Blick lag so viel Verständnis, dass er seine Stimme wiederfand.
    „Natürlich haben sie Gold gestohlen“, fuhr er fort und schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter. „Und Silber. In Lumatere gab es die reichsten Minen der Gegend, die Angreifer träumten Tag und Nacht von ihnen. Leider hatte der König von seinem Vorgänger faule und feige Wachsoldaten übernommen, die von seinem Vetter angeführt wurden; dies machte es den fremden Räubern leicht.“
    „Und wo war Trevanion zu der Zeit?“, fragte das kleine Mädchen.
    „Er beschützte einen nichtsnutzigen Fürsten im Tiefland. Aber als er zwanzig Jahre alt wurde, änderte sich sein Leben. Damals kamen die Barbaren zurück. Gold und Silber reichten ihnen nicht mehr. Sie wollten die jungen Leute aus dem Flussland rauben, um sie zu versklaven. Die Älteren, die sich den Angreifern entgegenstellten, starben im Kampf. So verlor auch Trevanion seine Eltern und seine Geschwister. Zur selben Zeit starb meine Mutter im Kindbett; ihr könnt euch vorstellen, wie zornig und traurig er war.
    Eines Tages, als der König den charakterschwachen Fürsten besuchte, drängte sich Trevanion an der Wache vorbei und stand schließlich dem Herrscher von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Er fragte den König, was er zu tun gedächte, um sein Volk zu beschützen. Er wusste ja nicht, dass der König sich von Sorge geplagt Nacht für Nacht in seinem Bett hin und her wälzte. Er wusste nicht, dass der König hilflos mit ansehen musste, wie die Dörfer am Fluss ausgeplündert und die Bewohner weggeführt wurden. Was hätte der König auch mit einer so schwachen Garde ausrichten können? Er ließ Trevanion natürlich in den Kerker werfen.“
    „Wurde er auch gefoltert?“, fragte der Junge ängstlich.
    „Nein. Der König hatte nämlich einen Plan. Jede Nacht sprach er mit Trevanion über die barbarischen Eindringlinge und seine feige Garde. Währenddessen machte er seinen Höflingen weis, dass er den Soldaten zu einer Entschuldigung zwingen wolle. Trevanion gab ihm ein Versprechen. Wenn der König ihn freiließe, würde er vierzig der besten Kämpfer von Lumatere um sich versammeln und den alljährlichen Plünderungen ein Ende setzen.
    Trevanion ließ seine Leute unermüdlich an den Waffen üben und die Mühe lohnte sich: Im folgenden Jahr gelang es den Barbaren nicht, Trevanions Fluss zu erobern. Damals war er einundzwanzig Jahre alt und wurde zum Hauptmann der Garde ernannt. Seine Leute waren allesamt furchtlose Krieger, und das ganze Land blieb fortan sicher. Niemand wagte es, Trevanions Männer anzugreifen. Sogar die Monts gaben Ruhe, und jedermann weiß, wie schwer es ist, die Bergbewohner im Zaum zu halten.“
    „Aber was geschah mit dem anderen Hauptmann, dem Vetter des Königs?“, fragte der Junge.
    Finnikin hörte, wie jemand tief Luft holte. Er wusste, es war nicht recht, diesen Kindern vom Thronräuber zu erzählen. Die Erwachsenen kannten ja ohnehin den Ausgang der Geschichte. Dem Vetter des Königs hatte man einen Platz am königlichen Hof von Charyn angeboten, wo er während der nächsten zehn Jahre auf einen geeigneten Moment wartete, um den Thron von Lumatere an sich zu reißen.
    „Wolltet ihr nicht die Geschichte von Trevanion und Lady Beatriss hören?“
    „Oh ja!“, bettelte das kleine Mädchen.
    „Bist du sicher? Vielleicht findest du die Geschichte über Trevanion als neuen Hauptmann im Palast ja langweilig?“ Er hatte seine Frage an den Jungen gerichtet, der aber schüttelte ernst den Kopf. „Jetzt kommt nämlich Lady Beatriss ins Spiel. Auf den ersten Blick erschien sie sehr zerbrechlich. Sie war eine Novizin der Lagrami, wie

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