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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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niemand wusste, worauf sie hinauswollte.
    »Irgendwohin«, meinte Fischer. »Was weiß ich?«
    »Aber vielleicht spielt es eine Rolle.«
    »Mein Gott, die genießen die Aussicht«, grummelte Fischer bereits wieder ungeduldig.
    Myriam beugte sich nach vorne. »Auf dem Foto hat Hans Frank die Hand ausgestreckt. Er deutet auf etwas. Ist das Zufall? Laut Herrn George geht der Täter planvoll vor. Er schickt uns Botschaften. Also worauf schauen die beiden?«
    »Wie finden wir das heraus?«, fragte Hannah Roosen.
    »Habt ihr das Foto schon nach Krakau gefaxt?«
    Liebler verneinte.
    »Dann sollten wir das so schnell wie möglich tun. Und wenden wir uns auch an die Universität hier in Frankfurt.
    Vielleicht gibt es da jemanden, der diese Frage beantworten kann. Jemand aus dem Institut für Geographie oder ein Historiker, was weiß ich.«
    »Ich fahre jetzt zu Frau Hirschbach. Vielleicht weiß sie et-was über die verschwundenen Fotos und andere Unterlagen«, fuhr Liebler fort. »Begleiten Sie mich, Frau Singer?«
    Sie nickte.
    »Moment«, hörten sie in diesem Moment Fischer sagen. »Wenn er das Zitat wirklich ernst meint, dann sollten wir das Wichtigste nicht übersehen.«
    »Wie meinst du das?«, meldete sich Hannah Roosen zu Wort.
    »Es bedeutet, dass das Urteil an dem Ort gefällt werden muss, wo das Verbrechen begangen wurde. Richtig?«
    Myriam nickte. Das hatten sie doch schon geklärt, was also wollte Fischer noch?
    »Warum«, fragte er und beugte sich nach vorne, wobei er die Arme auf dem Tisch abstützte. »Warum ist dann das Urteil in ihrem eigenen Haus vollstreckt worden?«
    Frau Hirschbachs Wohnung befand sich in einem vierstöckigen Wohnblock, der hellgelb gestrichen war. Er hatte, wie die Klingelanlage zeigte, acht Wohnungen. Sie brauchten nicht lange, um das Schild mit der Aufschrift »Hirschbach« zu finden.
    Es war der oberste Name.
    Sie klingelten und warteten geduldig.
    »Erwartet sie uns?«
    »Nein, aber sie wird uns nicht abweisen«, sagte Liebler überzeugt. Er warf die halb gerauchte Zigarette in den Vorgarten. »Sie wird viel zu überrascht sein. Schließlich verdächtigt sie niemand. Sie ist lediglich eine Zeugin.«
    Eine ängstliche Stimme meldete sich über die Sprechanlage. Nachdem Liebler seinen Namen genannt hatte, öffnete sich die Haustür mit einem leisen Summen. Liebler warf sein volles Gewicht dagegen.
    Myriam hatte sich eine gemütliche Altbauwohnung in Bornheim vorgestellt, nicht diesen Neubau. Mit schwarzem Granitfußboden im Hausflur.
    Die Wohnungstür stand bereits offen. Begrüßt wurden sie von einem dicken Kater. Eine weiße Angorakatze mit ausladendem Schwanz, der in ständiger Bewegung war. Der Kater strich um Myriams Schlangenlederstiefel, als seien sie lebendig und eine potentielle Beute.
    Myriam konnte nicht sagen, dass sie Katzen mochte. Sie hatten etwas Unehrliches, etwas Verstecktes. Sie würden nie die Wahrheit sagen, sie wären resistente Angeklagte. Mit ihnen konnte man keinen Klartext sprechen.
    Frau Hirschbach hatte offenbar den Schock noch nicht überwunden. Ihr Gesicht war vom Weinen verquollen. Sie schlich gebückt durch die blitzsaubere Wohnung mit Häkelkissen und Gestecken aus Trockenblumen.
    »Wir hätten einige Fragen an Sie«, begann Liebler. »Natürlich nur, wenn Sie Zeit haben, sonst kommen wir später wieder. Meinen Sie, dass Sie das schaffen?«
    Seine Methoden waren eindeutig anders als die Fischers. Liebler ähnelte dem Kater, der jetzt auf der Rückenlehne des Sofas im Wohnzimmer lag. Scheinbar müde und schläfrig, beobachtete er die Fremden unaufhörlich durch die halb geschlossenen Lider. Myriam zweifelte keinen Moment daran, dass er sie anspringen würde, wenn er die Geduld verlor.
    Frau Hirschbach ordnete nervös ihre Haare. Mit ausgestrecktem Arm lud sie sie ein, Platz zu nehmen.
    »Möchten Sie etwas trinken? Kaffee, Tee?«
    »Ein Tee wäre sehr gut. Draußen ist es sehr unangenehm. Ein typisch hessischer Winter«, antwortete Liebler.
    Wie war ein hessischer Winter? So etwas konnte man über Russland sagen, über Finnland, über Kanada, doch nicht über Hessen. Hessen war eine Ansammlung von Mittelgebirgen in der Mitte Deutschlands mit einem mittelmäßigen Klima. Heute fror der Main zu, am nächsten Tag taute es bereits wieder.
    Und Liebler redete und redete. Wie schön die Wohnung lag, wie ideal der Grundriss war, fragte, ob sie sich mit den Nachbarn verstand. Er strich mit Worten um Frau Hirschbachs Ohren wie der Kater jetzt wieder um Myriams

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