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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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arroganter Puppenspieler, der zuversichtlich war, ihn täuschen zu können.
    »Wo ist Toby? Du Dreckskerl, was auch immer du bist, gib ihn mir zurück.«
    Die Haare fielen Jack über seine Augen. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht. Wäre in diesem Moment jemand vorbeigekommen, hätte seine extreme Furcht wie Wahnsinn gewirkt. Vielleicht war sie das auch. Entweder sprach er mit einem feindseligen Geist, der die Herrschaft über seinen Sohn ergriffen hatte, oder er war wahnsinnig. Was war wahrscheinlicher?
    »Gib ihn mir - ich will ihn zurückhaben!«
    »Dad, du machst mir angst«, sagte das Toby-Ding und versuchte, sich von ihm loszureißen.
    »Du bist nicht mein Sohn!«
    »Dad, bitte!«
    »Hör auf damit! Mach mir nichts vor - du legst mich nicht rein, um Gottes willen!«
    Das Ding wand sich los, drehte sich um, stolperte zu Tommys Grabstein und lehnte sich gegen den Granit.
    Die Kraft, mit der der Junge sich losgerissen hatte, riß Jack zu Boden. »Laß ihn gehen!« sagte er scharf. Der Junge schrie auf, machte einen Satz, als hätte er sich erschreckt, und fuhr zu Jack herum. »Dad! Was machst du da!«
    Er klang wieder wie Toby. »Puh, hast du mich erschreckt! Was schleichst du da auf einem Friedhof rum? Mann, das ist gar nicht lustig!« Sie waren ein Stück weiter voneinander entfernt als gerade eben noch, doch Jack war der Ansicht, daß die Augen des Kindes nicht mehr seltsam wirkten; Toby schien wieder er selbst zu sein. »Heiliger Strohsack, du kriechst auf Händen und Knien auf einem Friedhof rum!«Ja, der Junge war wieder Toby. Das Ding, das ihn beherrscht hatte, was als Schauspieler nicht gut genug, um so überzeugend zu wirken. Oder vielleicht war er immer Toby gewesen. Jack mußte wieder der entnervenden Möglichkeit von Täuschung und Wahnsinn ins Auge sehen.
    »Bist du in Ordnung?« fragte er, erhob sich wieder auf die Knie und wischte seine Handflächen an den Jeans ab.
    »Hätte mir fast in die Hose gepupst«, sagte Toby und kicherte.
    Was für ein wunderschönes Geräusch. Dieses Kichern. Süße Musik.
    Jack legte die Hände auf die Schenkel, drückte sie fest zusammen und versuchte, sein Zittern zu unterbinden. »Was hast du. . .« Seine Stimme zitterte. Er räusperte sich. »Was hast du hier oben gemacht?«
    Der Junge zeigte auf den Frisbee auf dem toten Gras. »Der Wind hat das UFO hier rausgeweht. «
    Jack blieb auf den Knien. »Komm her«, sagte er.
    Toby hatte eindeutig seine Zweifel. »Warum?«
    »Komm her, Skipper, komm einfach her.«
    »Willst du mir in den Hals beißen?«
    »Was?«
    »Du willst so tun, als wolltest du mir in den Hals beißen oder machst irgendeinen Blödsinn, um mir wieder Angst einzujagen, willst mich erschrecken oder so.«
    Offensichtlich erinnerte der Junge sich nicht an das Gespräch, das sie während seiner...Besessenheit geführt hatten. Er war sich erst Jacks Anwesenheit auf dem Friedhof bewußt geworden, als er sich erschrocken von dem Grabstein umgedreht hatte.
    Jack streckte die Arme aus. »Nein«, sagte er, »ich mache nichts dergleichen. Komm einfach her.«
    Skeptisch und vorsichtig, das verwirrte Gesicht von der Kapuze des roten Skianzugs eingerahmt, kam Toby zu ihm. Jack ergriff den Jungen an den Schultern und sah ihm in die Augen. Blaugrau. Klar. Keine Rauchspirale darunter.
    »Was ist los?« fragte Toby stirnrunzelnd.
    »Nichts. Alles in Ordnung.« Impulsiv zog er den Jungen zu sich heran und umarmte ihn.
    »Dad?«
    »Du erinnerst dich nicht daran, oder?«
    »Woran?«
    »Gut.«
    »Dein Herz hämmert richtig laut«, sagte Toby.
    »Schon gut, ich bin in Ordnung, alles ist in Ordnung.«
    »Du hast mir doch einen Schrecken eingejagt. Junge, das zahle ich dir heim.«
    Jack ließ seinen Sohn los und rappelte sich auf. Der Schweiß auf seinem Gesicht fühlte sich wie eine Maske aus Eis an. Er strich mit den Fingern sein Haar zurück, fuhr mit beiden Händen über sein Gesicht und trocknete die Handflächen an den Jeans. »Gehen wir ins Haus und trinken einen Kakao.«
    Toby hob den Frisbee auf. »Können wir vorher nicht noch was spielen, wir beide? Mit dem Frisbee kann man besser zu zweit spielen.«
    Frisbeewerfen, heißer Kakao. Die Normalität war nicht nur einfach zurückgekehrt; sie war wie ein Tonnengewicht über ihnen zusammengebrochen. Jack bezweifelte, jemanden davon überzeugen zu können, daß er und Toby sich noch vor so kurzer Zeit im schlammigen Fluß des Übersinnlichen befunden hatten. Seine Furcht und seine Wahrnehmung unheimlicher Mächte waren so

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