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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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schloß sie mit den Sätzen ab:
    Ich rechne nicht damit, die Schwelle noch einmal zu sehen, denn ich vermute, sie hat ihren Zweck bereits erfüllt. Etwas ist hindurchgekommen. Ich wünschte nur, ich wüßte, worum es sich dabei handelt. Vielleicht aber auch nicht.

NEUNTES KAPITEL
    Ein Geräusch weckte Heather. Ein leises Klopfen, dann ein kurzes Scharren. Die Quelle konnte sie nicht ausmachen. Sie war augenblicklich hellwach und setzte sich im Bett auf. Die Nacht war wieder still. Sie sah auf die Uhr. Zehn nach zwei. Vor ein paar Monaten hätte sie ihre Besorgnis einem Alptraum zugeschrieben, an den sie sich nicht mehr erinnerte, und sie hätte sich auf die andere Seite gedreht und wäre wieder eingeschlafen. Jetzt nicht mehr. Sie war auf den Laken eingeschlafen. Nun mußte sie sich nicht mehr von den Decken befreien, bevor sie aufstand. Seit Wochen schlief sie schon in Jogginganzügen statt wie früher in T-Shirts und Slips. Selbst in einem Schlafanzug wäre sie sich zu verwundbar vorgekommen. In Jogginganzügen schlief man bequem, und sie war richtig gekleidet, falls mitten in der Nacht etwas passieren sollte. Wie jetzt. Trotz der anhaltenden Stille nahm sie den Revolver aus dem Nachttisch. Es war ein Korth .38er, in Deutschland von der Waffenfabrik Korth hergestellt, und vielleicht eine der besten Handfeuerwaffen auf der Welt. Der Revolver war eine der Waffen, die sie mit Alma Brysons Hilfe seit dem Tag, da Jack angeschossen worden war, erworben hatte. Sie hatte mit ihm zahlreiche Stunden auf dem Polizeischießstand verbracht. Wenn sie ihn ergriff, fühlte er sich an wie eine natürliche Verlängerung ihrer Hand. Die Größe ihres Arsenals übertraf nun selbst das Almas, was sie manchmal erstaunte. Noch erstaunlicher war, daß sie befürchtete, nicht für jede Überraschung ausreichend bewaffnet zu sein. Bald würden neue Gesetze in Kraft treten, die den Kauf von Feuerwaffen erschwerten. Sie würde ihre Entscheidung, ob es klug war, einen noch größeren Teil ihres beschränkten Einkommens für Verteidigungsmittel auszugeben, die sie vielleicht nie brauchte, gegen die Möglichkeit abwägen müssen, daß selbst ihr schlimmstes Szenario sich als zu optimistisch erweisen könnte. Früher hätte sie ihren derzeitigen Geisteszustand als einen klaren Fall von Paranoia angesehen. Doch die Zeiten hatten sich geändert. Was einmal Paranoia gewesen war, war nun nüchterner Realismus. Sie dachte nicht gern darüber nach. Es deprimierte sie. Als die Nacht verdächtig still blieb, ging sie durch das Schlafzimmer zur Korridortür. Sie mußte keine Lampen einschalten. In den letzten paar Monaten war sie so viele Nächte ruhelos durch das Haus gewandert, daß sie sich jetzt im Dunkeln so schnell und leise wie eine Katze von Zimmer zu Zimmer bewegen konnte. Direkt neben der Schlafzimmertür befand sich die Schalttafel der Alarmanlage an der Wand, die sie eine Woche nach den Ereignissen auf der Tankstelle der Arkadians hatte installieren lassen. Der erhellte Digitalmonitorstreifen informierte sie mit grünen Leuchtbuchstaben, daß alles GESICHERT war. Die Anlage sicherte mit Magnetkontakten alle Außentüren und -fenster, so daß Heather McGarvey sicher sein konnte, daß das Geräusch, das sie geweckt hatte, nicht von einem Eindringling erzeugt worden war, der sich bereits im Haus befand. Ansonsten wäre eine Sirene losgegangen, und die Microchipaufzeichnung einer autoritären Stimme wäre erklungen: Sie sind in ein geschütztes Gebäude eingedrungen. Die Polizei wurde bereits benachrichtigt. Verlassen Sie sofort das Haus. Barfuß trat sie in den dunklen Korridor des Obergeschosses und ging zu Tobys Zimmer. Jeden Abend vergewisserte sie sich, daß sowohl die Tür seines als auch die ihres Zimmers offenstand, damit sie ihn hören konnte, falls er sie rief. Ein paar Sekunden lang blieb sie neben dem Bett ihres Sohnes stehen und lauschte seinem leisen Schnarchen. Im schwachen Licht der benachbarten Häuser und Straßenlampen, das durch die schmalen Schlitze der Jalousien fiel, war der Körper des Jungen unter den Bettdecken kaum auszumachen. Toby nahm die Welt nicht mehr wahr und konnte nicht die Quelle des Geräusches sein, das sie aus ihren Träumen gerissen hatte. Heather kehrte in den Korridor zurück. Sie schlich zur Treppe und zum Erdgeschoß hinab. Zuerst in der kleinen Diele und dann im Wohnzimmer ging sie von einem Fenster zum anderen und sah hinaus, bemerkte jedoch nichts Verdächtiges. Die stille Straße sah so friedlich

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