Wintermond (German Edition)
und presste den Hörer noch fester gegen sein Ohr.
Er versuchte sich bestmöglich zu konzentrieren und lauschte aufmerksam den Stimmen, die ihm aus dem Handy entgegenschallten. Er war kurz davor aufzulegen, als er plötzlich jemand hinter sich husten hörte und dasselbe Geräusch synchron im Telefon vernahm. Jetzt kapierte er. Erschrocken drehte er sich um und begann die Bar hektisch mit seinem Blick zu durchsuchen. Seine Bemühungen dauerten nicht sonderlich lange, denn schon bald entdeckte er einen fremden Mann mit einem Handy am Ohr. Er saß ebenfalls am Tresen, direkt um die Ecke und damit etwa fünf Hocker von ihm entfernt. Alex starrte in dessen Richtung und erhielt gleich darauf ein schäbiges Grinsen von dem mutmaßlichen Anrufer. Er trug ein graues Hemd, hatte schwarze Haare und einen dunklen Teint. Er schien südländischer Herkunft zu sein, wodurch Alex ihn binnen weniger Sekunden mit seinem Feind in Verbindung brachte.
„Angst?“, wurde er am Telefon gefragt, während die Lippen des in der Ecke sitzenden Mannes genau dieses Wort formulierten.
Alex schluckte, starrte den Kerl wie gebannt an und versuchte gelassen zu bleiben. Er antwortete nicht und wartete ab. Allerdings fühlte er sich unwohl dabei, ein derart intimes Telefonat inmitten der Öffentlichkeit führen zu müssen.
„Du scheinst noch genug Geld für teure Drinks zu haben, lieferst unserem Boss aber nicht die gewünschte Kohle“, hörte Alex den Typen sagen und las dieselben Worte zeitgleich von dessen Lippen. „Und solange du noch genug Geld zum Saufen hast, kann es dir ja nicht allzu schlecht gehen.“
Alex schwieg und erkannte den spanischen Akzent in der Stimme des Fremden. Es war wieder irgendein Anhänger des ganzen Clans, den er bislang noch nie zuvor gesehen hatte.
„Hat dir das mit deinem Köter etwa nicht gereicht?“, hakte der Typ nach und starrte ausdruckslos zurück.
Alex öffnete seinen Mund. Wut machte sich in ihm breit. Er wollte etwas erwidern, den Kerl beleidigen und anschreien, doch wusste er, dass all das sowieso zu nichts führen würde. Also schloss er seinen Mund wieder und schwieg nach wie vor.
„Und dann noch dieser kleine Mistkerl, den du in unser Quartier gelockt hast. Schöne kleine Story hat er sich da ausgedacht. Von wegen Polizei ... bluffen kann er ja. Das muss man ihm lassen“, sprach die tiefe Stimme. Der dazu gehörige Kerl grinste räudig. Dann streckte er seine Hand nach einem kleinen Glas aus und trank etwas von der sich darin befindenden klaren Flüssigkeit.
Alex hielt seine Mimik unter Kontrolle, ließ sich nichts anmerken und blickte lediglich wütend zurück. Innerlich war er allerdings vollkommen aufgewühlt. Sein Puls raste und er wusste genau, dass der Kerl von Ben sprach.
„Haltet ihn da raus!“, gab er zornig zurück, hielt seine Stimme jedoch einigermaßen gedämpft, um nicht vor den anderen Gästen aufzufallen.
„Oh, oh, oh ...“, hauchte der Fremde daraufhin und machte eine besänftigende Geste in Alex’ Richtung. „Hat sich da etwa jemand mit dem Praktikanten seines Vaters angefreundet?“
Alex’ Blick verfinsterte sich zunehmend. Er war wütend und verzweifelt. Er wollte Ben nicht mit in die ganze Sache ziehen, doch schien es dafür bereits zu spät zu sein. Außerdem war es unheimlich und ekelerregend, wie viel die Typen von ihm wussten, wie sie ihm nachspionierten und offenbar fast rund um die Uhr beobachteten.
„Ich werd’ die Scheißkohle noch aufbringen, okay?“, entgegnete er gereizt und versuchte seine Verzweiflung nicht durchblicken zu lassen.
Die beiden starrten sich an. So fest, dass es fast schien, als ob sie sich mit ihren Blicken gegenseitig töten wollten. Dann regte der Typ sich wieder, trank sein Glas leer und sagte bestimmt: „Wir geben dir noch drei Tage. Dann machen wir dich und deinen kleinen Kumpel fertig. Hast du verstanden?“
Alex schwieg.
„Ob du das verstanden hast?“, hakte der Kerl übelgelaunt nach und betonte dabei jedes Wort besonders streng.
Alex senkte den Blick, sah dann wieder auf und nickte kaum merklich.
„Ihr verfickten Arschlöcher!“, fluchte er leise und funkelte seinen Gesprächspartner zornig entgegen.
„Komm bloß nicht auf irgendwelche dummen Gedanken!“, erwiderte der Typ. „Oder wir werden uns das mit den drei Tagen noch einmal überlegen. Das mit deinem Köter war erst der Anfang ... sozusagen eine kleine Kostprobe von dem, wozu wir fähig sind.“
Alex schnaufte und hatte große Mühe, seine Wut noch
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