Wintermond (German Edition)
dieser ab, mit der anderen hielt er eine Zigarette.
„Darf ich reinkommen?“, fragte Ben leise, doch erwiderte Alex daraufhin nichts.
Ben fasste all seinen Mut zusammen, betrat das Zimmer und zog die Tür lautlos hinter sich zu. Langsam ging er auf Alex zu und atmete dabei bedacht leise. Unsicher stellte er sich neben Alex und blickte mitfühlend in dessen Richtung. Der Blonde starrte mit ausdrucksloser Miene aus dem Fenster, zog zwischendurch immer wieder kräftig an seiner Zigarette.
„Alex ...“, begann Ben leise und näherte sich dem Blonden ein weiteres Stück. Er rang einen Moment lang mit sich selbst, bevor er seinen Arm ausstreckte und seine Hand behutsam auf Alex’ Schulter legte. Doch diese wurde augenblicklich von Jos Sohn abgeschüttelt. Ben ließ sich jedoch nicht irritieren und fuhr ruhig fort: „Alex, es tut mir so leid.“
Der Angesprochene reagierte nicht, drückte lediglich seine Zigarette im Aschenbecher aus und fummelte sich gleich darauf eine neue aus der Schachtel. Alex schien jemand zu sein, der in Stresssituationen zur Zigarette griff. Ben konnte sehen, wie Alex’ Hände zitterten, als er sich diese in den Mund steckte und sie vergebens anzuzünden versuchte. Das Feuerzeug schien leer zu sein. Doch Alex gab nicht auf, drehte immer wieder an dem kleinen Rädchen. Das Feuerzeug gab dabei allerdings nur ein zischendes Geräusch von sich und brachte nicht mehr als eine kurze Flamme zustande. Alex’ Hände begannen noch stärker zu zittern, bis er das Feuerzeug schließlich verzweifelt auf die Fensterbank schmiss und die Zigarette zurück in die Packung stopfte.
„Das muss wirklich schwer für dich sein. Ich weiß, wie du dich fühlen musst“, versuchte Ben es weiter.
Seine Worte schienen Wirkung zu zeigen. Endlich reagierte Alex, wandte sich an den Dunkelhaarigen und blickte ihn mit finsterer Miene an.
„Nichts weißt du!“, fuhr Alex ihn an. „Gar nichts!“
Dann entfernte er sich von der Fensterbank und ließ sich auf seinem Bett nieder. Er verschränkte seine Hände ineinander und presste sie daraufhin fest gegen seine Stirn. Nervös wippte er mit seinem Oberkörper vor und zurück.
„Was ist denn überhaupt passiert?“, fragte Ben vorsichtig.
„Lass mich einfach in Ruhe!“, befahl Alex, blickte nicht einmal auf und fuhr schließlich lauter fort, „HAU AB!“
Ben zuckte erschrocken zusammen, ließ sich dennoch nicht von Alex’ Verhalten irritieren. Stattdessen ging er erneut auf den Blonden zu und setzte sich dicht neben ihn auf das Bett. Er spürte, dass Alex am Rande seiner Nerven stand und kurz davor war, vollkommen zusammen zu brechen. Seine ganze Art war lediglich eine Art Show, mit der er ganz offensichtlich von seinen wahren Gefühlen ablenken wollte.
„Ich will dir doch nur helfen“, sagte Ben leise und legte erneut eine Hand auf Alex’ Rücken.
Doch auch dieser tröstende Versuch schlug fehl und wurde ein weiteres Mal mit einem Abschütteln entgegnet.
„Alex, bitte ...“, meinte Ben leise.
Seine Worte glichen mehr einem Flüstern. Er sah, wie Alex’ Brustkorb sich mit einem Mal immer stärker hob und senkte und hörte, wie schwer Alex hinter seinen Händen atmete. Das laute Atmen des Blonden wurde plötzlich stockender und verstummte schließlich einen Augenblick lang. Dann sog Alex die Luft stark ein und gleich darauf folgte wieder das sprunghafte Atmen.
Ein unangenehmer Schauer von Hilflosigkeit überfuhr Ben, als er begriff, dass Alex weinte. Schweigend kniff er seine Lippen zusammen. Er hätte nie geglaubt, Alex einmal in solch einer Verfassung zu erleben. Der Blonde kehrte in jenem Moment sein gesamtes Inneres nach außen und entblößte sich damit förmlich vor Ben. Dieser war völlig überfordert mit der Situation und war sich unsicher darüber, wie er sich gegenüber Alex verhalten sollte. Schließlich hob er ein drittes Mal seine Hand und legte sie vorsichtig auf Alex’ Rücken. Dieses Mal wurde sie nicht abgeschüttelt. Anstelle einer von Ben vermuteten Reaktion, geschah etwas völlig Unerwartetes. Alex drehte seinen Oberkörper in seine Richtung, beugte sich vor und vergrub sein Gesicht in Bens Schulter. Bens Herzschlag beschleunigte sich schlagartig. Er saß regungslos da, seine Hände hilflos zu beiden Seiten ausgestreckt, während Alex in seinen Armen lag und bitterlich weinte. Zwanghaft versuchte Ben all seine Sinne beisammen zu halten, senkte seine Arme daraufhin und legte eine Hand auf Alex’ Rücken, die andere an Alex’
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