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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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in spiegelglatte Gefilde verwandeln konnten. Dennoch zügelte er das Tempo nicht, mit dem er durch den Wald jagte, trotz Dunkelheit und Schneefall, Hagens Fährte klar vor Augen. Er würde nicht innehalten, bevor er diesen Mann endlich zu Fall gebracht hatte. Und dann? Das Bild, das sein Wolf mit einer fiebrigen Wildheit heraufbeschwor, beantwortete diese Frage mehr als deutlich: Hagen war totes Fleisch.
    Endlich entdeckte David die Umrisse des flüchtenden Mannes zwischen Bäumen und Sträuchern, obgleich er in seiner schwarzen Kleidung mit der Dunkelheit zu einer Einheit verschmolz. Dem Blick des Dämons war das gleichgültig, für ihn strahlte Hagen, als hätte er sich mit Benzin übergossen und angezündet. Einer lebenden Fackel gleich zog er eine Fährte wie eine Rauchspur hinter sich her, die in Davids Lunge brannte - ein vertrautes Gefühl in Hagens Nähe.
    Auch Hagen war nicht entgangen, dass sein Verfolger aufschloss. Er warf einen gehetzten Blick über die Schulter, wobei er im Lauf mit der Schulter gegen einen Baum stieß und fast das Gleichgewicht verlor. Noch ein paar Meter, dann würde David ihn eingeholt haben.
    Plötzlich stieß Davids Wolf einen Warnruf aus. Zu spät - unter ihm brach der Boden ein. Aber bevor er ganz in der Tiefe verschwand, gruben sich seine Finger in den Rand der sich auftuenden Grube. David fluchte. Er war tatsächlich in eine von Maggies Fallen geraten. Obgleich der Boden gefroren war, begann er unter seinem Griff bereits nachzugeben, da sein Körpergewicht ihn hinabzerrte.Verzweifelt versuchte er, an den Wänden mit den Füßen Halt zu finden, doch seine Stiefel glitten an der glatten Oberfläche jedes Mal ab, bevor er sich hinaufstemmen konnte. Der Wolf jaulte auf, als Davids Finger bei dem Versuch, sich hochzuziehen, beinahe den Rand zum Einsturz gebracht hätten. Gegen seinen Instinkt hielt David daraufhin still, die Stiefelspitzen leidlich an der Wand abgestützt, und konzentrierte sich auf seine missliche Lage.Wenn er auf dem Grund dieser Grube landen sollte, würde er zweifelsohne festsitzen - Maggie wusste, was sie tat. Dann konnte Hagen noch einmal auf ihn pinkeln, bevor er in die Arena zurückkehrte und sein Rudel erneut hinter sich vereinte. Bei dieser Vorstellung fühlte David sich versucht, seinen Wolf auszuschicken, auch wenn der allein vermutlich nicht gegen diesen starken Gegner gewinnen konnte.
    Sein Wolf begann mit einem Mal zu knurren, und im nächsten Moment spürte David den Druck einer Schuhsohle auf seinen Fingerknochen. Mühsam hob er den Blick und sah einem aus dem Mund blutenden Leug ins Gesicht.
    »Lass ihn noch ein wenig zappeln«, erklang Hagens atemlose Stimme. Mit einem sicheren Abstand spähte er über den Grubenrand. »So schnell kann sich das Blatt wenden, was, David?«
    »Wir sollten dafür sorgen, dass er für immer in diesem Loch verschwindet, und dann schnellstens unser Rudel in unser Revier zurückbringen. Die Grube steht unter Wasser, bis sie ihn finden, wird er es wohl kaum schaffen.« Abwartend sah  Leug seinen Anführer an, konstant den Druck auf Davids Hand verstärkend, die erschreckend schnell an Kraft verlor.
    Doch Hagen konnte dem Vorschlag seinem Gesichtsausdruck nach wenig abgewinnen. »Was nutzt es mir, wenn er dort unten einfach krepiert? Dann ist sein Wolf verloren.«
    »Wenn wir ihn rausholen … Sein Wolf ist stark, er ist stark«, erwiderte Leug mit deutlichem Widerwillen in der Stimme, während seine Finger unwillkürlich zu den Narben wanderten, die die Zähne von Davids Schattenwolf dort hinterlassen hatten.
    Aber Hagen ließ sich nicht beirren. »Denk nach:Wenn ich die Macht von Davids Wolf nicht in mich aufnehme, sind wir verloren. Oder glaubst du etwa, dass Sascha mich nach alledem, was passiert ist, freiwillig anerkennen wird?«
    Bei dieser Aussicht zuckte etwas in Leugs für gewöhnlich ausdruckslosem Gesicht, das bei Hagen ein verzerrtes Lächeln hervorrief. »Wenn David seinen Wolf ausschickt, lenkst du das Vieh lange genug ab, damit ich unserem Freund den Hals umdrehen kann. Wenn er ihn bei sich behält, schauen wir mal, wie lange er sich gegen uns beide behaupten kann. Nur …«, Hagen packte Leug brutal am Arm, als dieser sich gerade herunterbücken wollte, »… ich bin derjenige, der David tötet. Solltest du dich vordrängeln, wirst du den Wandel nicht überleben.«
    Leug nickte stumm, dann umfasste er Davids Handgelenke, wobei sich der Schatten zwischen seinen Finger ausbreitete, und zog den schweren Mann

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