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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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die Hand auf die schmerzende Stelle zu legen. Der zweite Messerstich traf ihn ins Handgelenk. Der Schmerz durchzuckte ihn wie ein Blitzschlag, und er sackte auf die Knie. Über sich konnte er noch einen Körper wahrnehmen und ein gedämpftes, angestrengtes Stöhnen. Durch sein benebeltes Hirn säuselte ein Mantra: Die Gefahr ist überstanden. Die Gefahr ist überstanden.

60
    Gemeinsam mit den Stadtstreichern wartete Tell vor dem Spirituosengeschäft, bis endlich geöffnet wurde. Dann marschierte er hinein, kaufte einen Glenfiddich und eine Flasche Rotwein zum Feiern und hielt auf dem Heimweg noch einmal bei einem kleinen Lebensmittelgeschäft.
    Er kaufte ein paar DVDs, Chips und Süßigkeiten, mit denen er sich seinen dringend benötigten Tag auf dem Sofa bei heruntergelassenen Jalousien verschönern wollte, und warf alles ins Auto.
    Als er in seine Wohnung trat, roch es muffig. Ungeduldig kickte er die Schuhe in die Ecke und goss sich einen Glenfiddich ein. Dann bewegte er sich wie in Zeitlupe ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa fallen. Er schaffte es nicht mehr, die Jacke auszuziehen.
    Ein paar Stunden später weckte ihn der Lärm einer After-Work-Party. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr: Immer noch Viertel nach sieben. Obwohl er ziemlich lange geschlafen haben musste, fühlte er sich kein bisschen erholt.
    Er raffte sich auf und schlurfte in die Küche. Während er im Stehen ein belegtes Brot aß, blickte er hinunter auf die Götabergsgata und den Teil des Vasaparks, der von seinem Fenster aus noch zu sehen war. Eine Clique Halbwüchsiger zog grölend die Straße entlang.
    Früher hat sich das Saufen wenigstens auf den Samstagabend beschränkt, dachte er leidenschaftslos. Im Grunde hatte ihn der Stadtlärm aber noch nie richtig gestört. Da fand er die Stille in Sejas Häuschen viel nervenaufreibender.
    Nachdem er sich ein Glas Rotwein auf den Waschbeckenrand gestellt hatte, ging er unter die Dusche. Das Telefonklingeln hörte er nicht, bis nach dem vierten Klingeln der Anrufbeantworter ansprang.
    »... den automatischen Anrufbeantworter ... erreicht ...«
    Während er sich abtrocknete, bat seine Tonbandstimme um Angabe von Name und Telefonnummer. Er nahm sich vor, an seinem nächsten freien Tag nicht nur das Handy auszuschalten, sondern auch den Stecker des Festnetztelefons zu ziehen.
    Der lang gezogene Piepston verstummte, und er vernahm Karlbergs gehetzte Stimme. Tell ging in die Küche und beugte sich über den Lautsprecher, um die Worte besser zu verstehen. Anschließend spulte er zurück, um die Aufnahme noch einmal abzuhören.
    Beim zweiten Mal konnte es keinen Zweifel mehr an der Nachricht geben, die Karlberg ihm hinterlassen hatte.
    »Sven Molin ist tot aufgefunden worden. Ermordet. Karin Beckman hab ich auch schon angerufen. Gib bitte Bescheid, wann du wieder ins Büro kommst. Und wie wir jetzt vorgehen sollen.«
    Tell betrachtete die Flaschen auf der Arbeitsplatte und die Armbanduhr, auf der es weiterhin Viertel nach sieben war. Seine Wanduhr verriet ihm, dass diese Zeitangabe demnächst wieder korrekt sein würde. Er überlegte kurz, dann rief er sich ein Taxi.
    Wäre er nicht so sorgfältig darauf bedacht gewesen, zu verbergen, dass er nicht ganz nüchtern war, hätte er beim Anblick des leichenblassen Kriminalpolizisten Gonzales laut losgelacht.
    »Wir haben doch wohl nicht vergessen, Granith einzusperren, bevor wir nach Hause gegangen sind?« Die Bemerkung lag ihm auf der Zunge, aber er riss sich zusammen, als er Gonzales’ erstaunten Blick sah.
    »Tja, mein Lieber. So haben wir uns das wohl nicht vorgestellt.«
    Er spürte seine Wut aufsteigen, während ihm die Tragweite der Ereignisse aufging. Auch seinen Kollegen stand der Ärger über ihr gemeinschaftliches Versagen deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Verdammt noch mal! Wie zum Teufel konnte ...?!«, begann er, aber dann riss er sich zusammen. »Ist Karlberg da oben?«
    Gonzales nickte. »Er hat den Anruf aus Bengtsfors entgegengenommen und ist sofort hingefahren. Wir haben auf dich gewartet, weil wir vorher noch ...«
    »Wer hat mit Karlberg gesprochen?«
    »Ich.«
    Bärneflod erschien an der Tür. Er fädelte gerade den Gürtel durch die Schlaufen seiner Jeans.
    »Und?«
    »Molin lag einfach so auf der Straße, ein paar hundert Meter vom wachhabenden Polizisten entfernt. Erstochen.«
    »In der Nähe seines Hofs also?«
    »Ja, an der Weggabelung. Aus irgendeinem Grund ist Molin stehen geblieben und ausgestiegen. Die Autotür stand

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