Wintermord
Bereichen gejobbt, nach dem Sturm vor allem mit Holzräumarbeiten. Vorher hatte er eine Werkstatt in Svaneholm angemietet, wo er Maschinen reparierte und so. Keine Familie.«
Sie bogen in den Wald ein. Vor ihnen öffnete sich eine mit Birkenreisig und Moos bedeckte Wiese, aus der ein viereckiges Holzhaus aufragte. Früher mochte es beeindruckend ausgesehen haben, aber jetzt blätterte die rote Farbe ab, und dahinter kamen Streifen von graubraunem Holz zum Vorschein. Zwischen den Bäumen am anderen Ende des Grundstücks schimmerte der See.
Tell, der nicht daran gedacht hatte, robustere Kleidung anzuziehen, sank im matschigen Moos ein, und das Wasser lief ihm in die Schuhe.
Hinter dem Haus befand sich eine separate Doppelgarage, und der Bereich zwischen Haus und Garage war mit dem Absperrband der Polizei gekennzeichnet. An mehreren Stellen war die Grasfläche aufgerissen, wahrscheinlich dort, wo das Fahrzeug ins Schlingern gekommen war, gebremst und wieder Vollgas gegeben hatte, um das Opfer zu überfahren. In den tiefen Reifenspuren hatte sich das Wasser gesammelt. Vor dem Garagentor hatte man innerhalb der Absperrung ein paar Quadratmeter noch einmal extra abgetrennt. Tell nahm an, dass sie hier den Toten gefunden hatten.
Björkman bestätigte seine Vermutung. »Wir glauben, dass er hier erschossen worden ist. Danach konnte er sich wohl noch weiterschleppen, oder vielleicht ist er auch gleich gegen die Wand gefallen. Dort wurde er dann zum ersten Mal überfahren.«
Er deutete auf die Dellen im Wellblech. »Wie man sieht, ist das Fahrzeug an dieser Stelle gegen die Wand geprallt, aber Barts Leiche wurde ungefähr hier gefunden.«
Er wies mit der Hand auf eine andere Stelle. »Er ist ein, zwei Meter mitgeschleift worden, wahrscheinlich ist er an der Stoßstange hängen geblieben. Oder er hat sich aus eigener Kraft noch hierher bewegt, aber das ist nicht sehr wahrscheinlich.«
»Und dann wurde er noch ein letztes Mal überfahren«, schloss Tell und deutete auf die Stelle, an der der Boden am tiefsten aufgewühlt war.
Björkman nickte. »Das war zumindest die Hypothese unseres Kriminaltechnikers Nilsson.«
Vorsichtig, um keine Spuren zu zerstören, überquerte Tell den abgesperrten Bereich und ging schließlich vor der demolierten Garagenwand in die Hocke. Sorgfältig musterte er die Kerben und entdeckte eine etwas dunklere Verfärbung im verbogenen Blech. »Sind das Lackspuren?«
»Das ist anzunehmen«, nickte Björkman. »Und Olof Bart, also ... Na ja, du weißt schon. Das wird gerade alles von unseren Kriminaltechnikern analysiert.«
»Wir haben außer den Reifenspuren nichts gefunden, was Rückschlüsse auf den Wagen zulassen würde«, erklärte Tell, ohne sich umzudrehen. »Aber es wird sich schnell herausstellen, ob es sich um dasselbe Fahrzeug handelt.«
Als er aufstand, hörte er es in den Knien knacken und verzog das Gesicht. »Und sonst? Sieht ganz so aus, als hätte der Regen der Spurensicherung einen ganz schönen Strich durch die Rechnung gemacht.«
Björkman nickte düster. »Ja, bevor er gefunden wurde, hat es den ganzen Tag über geregnet.«
»Wer hat ihn eigentlich gefunden?«
»Ein Mädchen und ein Junge, die auf die Landzunge da hinten wollten. Sie dachten, sie könnten den Weg abkürzen ... Der Hund lief voraus und hat auf einmal wie wild gebellt ...«
Langsam stapften sie zum Auto zurück.
»Ansonsten haben wir nichts gefunden«, wiederholte Björkman. »Bis jetzt jedenfalls. Ich fax dir das Material rüber, sobald ich meine Berichte bekomme, du kannst es ja dann genauso machen. Dann können wir gemeinsam ...«
»Zuerst die gesamte Nachbarschaft vernehmen.«
»... das Organisatorische überlassen wir einfach mal unseren Vorgesetzten, was meinst du? Wenn es denn derselbe Täter ist.«
Tell nickte geistesabwesend. »Kann ich mich in eins von euren Büros setzen und die Unterlagen durchgehen, die ihr bis jetzt habt?«, bat er.
Björkman seufzte resigniert. »Du kannst von mir aus die ganze Abteilung in Beschlag nehmen. Außer dem diensthabenden Beamten dürfte kaum einer im Präsidium sein.«
27
1995
Nachdem ihre Tochter ihr zu verstehen gegeben hatte, dass sie nicht wieder nach Hause kommen würde, hatte Solveig Granith ihre Vierzimmerwohnung in Rydboholm gegen eine kleinere Dreizimmerwohnung im Zentrum getauscht. Jetzt saß sie am Sekretär und drückte sich einen rosaroten Seidenpyjama an die Brust, während sich der Rauch ihrer Menthol-Zigarette zur Decke kringelte. Um 15 Uhr
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