Winternacht
kümmern.« Ich biss ihm in die Lippe, so dass Blut kam, und leckte den Tropfen, der hervorquoll, ab, bevor ich mir dessen bewusst war.
Er knurrte und rammte mir seine Hand in die Hose. Ich spürte seine Finger so nah an der richtigen Stelle, und mein Körper wollte sich winden, um ihm zu helfen, aber bevor ich noch mit mir selbst ringen konnte, stieß einer der Feenkrieger Lannan von mir. Ich ließ mich an der Wand abwärtsrutschten, während mir vor Demütigung und frustrierter Lust Tränen über die Wangen liefen.
Der Krieger half mir auf und wandte sich zu Lannan um, der ihn hasserfüllt ansah. Doch dann schüttelte er nur seine goldene Mähne, bedachte mich mit einem drohenden Blick und flüsterte: »Mit diesem Thema sind wir noch nicht durch, Cicely. Wir sind noch nicht einmal annähernd durch.« Dann zog er seine Kleider zurecht, drehte sich um und verschwand um die Ecke.
»Danke.« Ich sah zu dem Feenmann auf, der mich mit einem Hauch Mitleid ansah. »Danke. Ich … ich …«
»Geht, Eure Freunde warten, Herrin der Eulen. Geht und passt auf Euch auf.«
Seine Freundlichkeit war wie ein Stich in meinem Herzen, und ich lächelte schwach, nahm seine Hand und legte sie an meine Wange. »Du auch. Er wird versuchen, es dir irgendwie heimzuzahlen, dass du mir geholfen hast …«
»Vergesst nicht, dass ich miterlebt habe, wie Myst das Sommerreich geplündert hat. Ich habe schon schlimmere Dämonen als Altos bekämpft. Geht jetzt.« Und damit ließ er mich stehen, und ich kehrte in unser Hauptquartier zurück, in dem sich die anderen befanden. Jemand hatte etwas zu essen und heißen Kaffee gebracht, außerdem Verbandskästen und Erste-Hilfe-Utensilien.
Rex lag auf dem Tisch, und Peyton befand sich an seiner Seite und hielt seine Hand. Das Bein, aus dem der Schattenjäger ein Stück herausgebissen hat, sah schlimm aus, und es würde eine scheußliche Narbe zurückbleiben, aber mit etwas Glück würde es ohne Entzündung heilen. Eine Hexe des Konsortiums untersuchte die Wunde und flüsterte Heilzauber, während sie eine antiseptische Lösung auftupfte und einen Verband vorbereitete.
Ich sah zu Lannan hinüber. Er begegnete meinem Blick, und seine schwarzen Augen sogen mich auf. Schaudernd wandte ich mich ab und konzentrierte mich hastig auf die Verletzten.
Kaum einer war ohne Prellungen und Schrammen davongekommen, und ich hatte eine Bisswunde in der Schulter, aber mehr Schaden hatte der Feind mir nicht zufügen können. Ich zog mein Hemd aus und wartete nur in BH auf den Heiler, und jemand drückte mir Kaffee und ein paar Kekse in die Hand. Mein Mund war trocken und staubig, und ich wollte aufstehen und ihn ausspülen, aber bevor ich mich bewegen konnte, überkam mich eine bleierne Müdigkeit, und ich ließ einfach nur den Kopf hängen und starrte auf meine Füße.
Wir hatten es geschafft, am Leben zu bleiben und eine beträchtliche Anzahl an Feinden zu erledigen – aber es hatte uns viel gekostet. Wir hatten fast genauso viele Leute verloren. Ich hob den Kopf und blickte trostlos zu den anderen. Wir mussten die Scherben zusammenfegen und unsere weiteren Schritte planen.
»Was nun? Was zum Geier sollen wir jetzt tun?«
»Wir gehen wie geplant zur Radiostation, und ich halte meine Ansprache. Wir müssen es noch heute tun, sonst bekommen wir keine Chance mehr dazu. Nicht nach diesem Fiasko.« Lannans Stimme war klar und enthielt keine Spur der Feindseligkeit, die er eben noch mir gegenüber gezeigt hatte. Langsam kam es mir so vor, als hätte er eine gespaltene Persönlichkeit.
Ich stieß einen langen Seufzer aus. »Und dann?« Aber ich wusste, was dann kommen würde. Wir würden schlafen gehen und morgen das Ritual für Grieve vollziehen. Und vielleicht würde sich das Glück ja auf unsere Seite schlagen und wir hatten Erfolg. Den hatten wir wahrhaftig nötig.
Lainule kam an meine Seite. Sie legte ihre Hand auf meine unverletzte Schulter und beugte sich herab, um mir ins Ohr zu flüstern. »Sorg dafür, dass Grieve die Kontrolle über seine Instinkte behält. Ich kann nur hoffen, dass das Ritual funktioniert. So viel hängt davon ab.«
Verdattert fuhr ich zu ihr herum. »Ihr wisst davon?«
Sie nickte. »Wrath hat es mir erzählt. Cicely, von dir und Grieve hängt so viel mehr ab, als du dir vorstellen kannst. Und von Chatter und Rhiannon auch. Ihr vier müsst am Leben bleiben, was auch immer es kostet. Bisher gab es noch andere Möglichkeiten, aber die sind nun … ausgelöscht. Ihr vier seid die
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