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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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unter einer Schneedecke, die von Stunde zu Stunde dichter wurde. Ich fragte mich, ob Myst schon wusste, wie viele Leute sie verloren hatte, und ob sie ein weiteres Kontingent um das Radiogebäude herum postiert hatte. Nun, das würden wir wohl noch früh genug herausfinden.
    Mit jeder Meile, die wir uns unserem Ziel näherten, wuchs die Spannung in dem Wagen. Regina war im Haus geblieben. Die Abgesandte durfte sich ohne die Einwilligung der Karmesin-Königin nicht wissentlich in eine Schlacht stürzen, aber sie hatte versprochen, mit der Vampirherrscherin Kontakt aufzunehmen und um Rat zu bitten.
    Wir näherten uns dem WorldCom-Gebäude, das sich in New Forests Innenstadt befand. Die Straßen waren leer, da Lannan eine Ausgangssperre verhängt hatte. Mir sank das Herz, als mir plötzlich bewusst wurde, was aus unserer hübschen kleinen Stadt geworden war: ein Hort des Schreckens, der feuchte Traum jeden Regisseurs für B-Horrorfilme.
    Die Wagen hielten nacheinander am Straßenrand, und wir stiegen aus. Hinter uns kam ein dritter, vierter und fünfter Wagen mit Vampiren an, die einen schützenden Zirkel um uns bildeten. Als wir uns vorsichtig auf das Gebäude zubewegten, spürte ich, dass viele Augenpaare uns aus den Schatten, dunklen Winkeln und den zahlreichen Verstecken beobachteten. Wir sahen niemanden, aber ich wusste, dass wir nicht allein waren.
    »Sie sind hier. Ich spüre sie.« Ich warf Lannan einen Blick zu.
    Grieve nickte. »Ich auch. Mein Instinkt reagiert auf das verwandte Blut.«
    »Feiglinge.« Lannan starrte in die Dunkelheit. »Kommt raus, wer immer ihr seid. Kommt raus und zeigt euch.«
    Aber nichts regte sich, nichts war zu hören. Mit Lannans Wachen als Schutzschild vor uns erreichten wir das Gebäude, wo wir gleichzeitig mit einer Gruppe Feenkrieger eintrafen. Ysandra und ihre Hexen blieben dicht bei uns. Die Wachen rissen jede Tür in den Gängen auf, um zu sehen, ob sich irgendwo jemand versteckte, aber wir erreichten das Studio unbehelligt. Nun schwärmten die Wachen aus und besetzten jeden möglichen Eingang.
    Lannan betrat das Studio. Er blickte sich um, aber alles schien in Ordnung zu sein. Während die Techniker die Mikrofone einrichteten, winkte er mir.
    »Es ist kein Geheimnis, dass ich mich nicht im Spiegel sehen kann, also hilf mir. Sorg dafür, dass ich auch äußerlich glaubwürdig rüberkomme, und enttäusch mich nicht. Ich will mich so fühlen, als würde ich mich nicht lächerlich machen, auch wenn mich keine Kamera erfasst.« Sein Tonfall war kühl, aber ich konnte ein schwaches Beben aus seiner Stimme heraushören. Lannan Altos war tatsächlich nervös.
    Ich beseitigte die schlimmsten Schäden der Kampfhandlung und bürstete sein goldenes Haar durch – es fühlte sich an wie Seide. Peyton beobachtete mich, und irgendwann sah Lannan sie an, bis sie den Blick abwandte. Kein Wort wurde gewechselt, aber es war auch nicht nötig.
    »Fünfzehn Minuten, Lord Altos.« Der Kameramann deutete auf die Uhr.
    »Nein.« Lannan schüttelte den Kopf. »Wir gehen jetzt auf Sendung. Es muss sein.« Er nahm seinen Platz in der Kabine ein. Der Moderator hastete auf seinen Platz, die Lampen begannen zu blinken, und wir anderen drängten uns vor der Glasscheibe zusammen. Der Assistent zählte mit den Fingern von fünf herunter, und Lannan richtete seine Aufmerksamkeit auf das Mikrofon.
    Der Sprecher holte tief Luft. »Bürger von New Forest. Wir unterbrechen uns normales Programm für eine wichtige Ankündigung des Regenten der Vampirnation, Lord Lannan Altos. Seine Ansprache wird gleichzeitig im Fernsehen ausgestrahlt und am morgigen Tag wiederholt gesendet. Bitte hören Sie gut zu. Es geht um die Sicherheit aller Bewohner dieser Stadt. Und nun – Lord Lannan Altos.«
    Lannan beugte sich zum Mikrofon. »Bürger New Forests. Wir sehen uns einer ernsten Gefahr gegenüber. Wie Sie alle wissen, hat es in den vergangenen Monaten eine Reihe mysteriöser Todesfälle gegeben, doch nun haben wir die Täter identifiziert. Sie sind jedoch noch auf freiem Fuß – und sie sind zahlreich.«
    Während er in schlichten Sätzen zusammenfasste, was die Schattenjäger waren und taten, machte sich ein unbehagliches Gefühl in mir breit. Zu viele Stimmen flüsterten im Windschatten. Unwillkürlich sah ich zu Chatter und Grieve hinüber, die mir beide zunickten, und wir zogen uns ein Stück von den anderen zurück.
    »Da geht etwas vor sich, ich spüre es.«
    »Du hast recht – aber ich kann die Worte nicht

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