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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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dem Tisch. Seine Miene war ernst. »Ich weiß, wie du dich fühlst. Wirklich. Als mein Nachtflor in meine Seele drang, während ich noch im Bauch meiner Mutter war, hat er das Potenzial dessen, was aus mir werden konnte, unwiderruflich verändert. Was mir nur allzu klar wurde, als Cicely dabei geholfen hat, den Dämon zu wecken. Es gab einen schrecklichen Kampf zwischen uns – dem Nachtflor und mir –, und ich bin mir immer noch nicht hundertprozentig sicher, wer gewonnen hat. Ich weiß nicht, ob ich Kaylin bin, der einen erwachenden Dämonen in der Seele hat, oder der Dämon mit der Erinnerung an Kaylin in der Seele.«
    Er stand wieder auf, wanderte unruhig zum Fenster und sah hinaus. »Wir alle verändern uns. Cicely, deine Erinnerungen kehren zurück. Du beginnst dich an die Zeit zu erinnern, als du noch Mysts Tochter warst. Das Obsidianmesser hätte dein Wesen beeinflusst, wenn du es wiederholt benutzt hättest.«
    »Das hat es schon.« Ich blickte auf meine Hände herab. Ich hatte das Messer eines Schattenjägers benutzt und feststellen müssen, dass es die Seite in mir hervorbrachte, die einst Mysts Tochter gewesen war. Ich wäre in einen Blutrausch geraten, wenn mein Vater mich nicht aufgehalten hätte. Ich konnte den Geschmack des feindlichen Blutes nicht vergessen und erinnerte mich noch immer an das intensive Glücksgefühl, meine Klinge in den Gegner zu versenken. »Du hast recht, wir sind alle besudelt. Jeder von uns hat in der Schlacht gegen Myst ein Stück seiner Seele hergegeben.«
    Lautlos gesellte sich Rhiannon zu mir und setzte sich neben mich. »Du machst gerade durch, was ich mit dreizehn erlebt habe. Als ich … als ich das Feuer zu mir rief und das kleine Mädchen wegen mir im Auto verbrannte, riss es ein Stück aus mir heraus. Ich weiß, wie es sich anfühlt, von einer Macht besessen zu sein. Vielleicht ist es diese Transformation, die uns alle miteinander verbindet.«
    »Vielleicht.« Unwillkürlich fragte ich mich, ob auch Luna eine solche Geschichte zu erzählen hatte. Peyton wurde manchmal von ihrem Werpuma vereinnahmt, und Chatter … nun, Chatter schien unser Bollwerk zu sein. Der Einzige, dem der Wahnsinn um uns herum nichts anzuhaben schien, ein Symbol der Freundschaft und der Loyalität. Aber der schöne Schein konnte täuschen.
    »Was also willst du denn nun in Bezug auf das Konsortium tun?« Rhiannon rang sich ein Lächeln ab und nahm meine Hand. »Marta wollte mich nach dem … dem Vorfall nicht in der Gemeinschaft haben. Aber Ysandra hat mich ebenfalls eingeladen. Das sollte ich wohl als einen kleinen Sieg betrachten.«
    Ich drückte ihre Hand und führte sie zu einem zarten Kuss an die Lippen. »Und ob das ein Sieg ist! Ich werde Ysandra die Wahrheit sagen. Sie hat mir ihre Karte mit der Telefonnummer gegeben. Ich rufe sie gleich morgen früh an.«
    Wrath erhob sich. »Ich kann dem Konsortium eine Botschaft überbringen. Sie sind nicht immer besonders glücklich, uns Feen zu sehen, aber gegen uns gewandt haben sie sich noch nie. Ich kann in Eulengestalt hinfliegen.«
    »Nein – wir brauchen dich hier.« Ich machte mir Sorgen. Ich hatte meinen Vater doch gerade erst kennengelernt und wollte ihn nicht schon wieder verlieren.
    Er schien meine Gedanken zu lesen. »Du vergisst eines, mein Kind. Ich bin der Sommerkönig, Herr am Hof von Schilf und Aue. Ich habe durchaus ein paar Asse im Ärmel.« Er nahm meine Hand und zog mich auf die Füße. Ich lehnte mich an ihn, und er schlang seine Arme um mich. Eine warme Umarmung. Väterlich. Fürsorglich. Er würde nie der gutbürgerliche Vorortpapa sein, den ich mir als Kind erträumt hatte, aber er war mein Vater, und ich war ihm wichtig, und das war alles, was zählte.
    »Ich weiß. Aber geh bitte dennoch nicht. Bleib bei uns.«
    »Also gut. Wie du willst.«
    Ich wandte mich an die anderen. »Hört zu. Was mit dem Konsortium geschieht, wird eben geschehen. Nur weil wir uns fürchten, dürfen wir uns nicht in ein Gewirr aus Lügen verstricken. Es gibt einiges, was ich den Leuten dort lieber nicht sagen würde, aber ich habe es satt, Geschichten zu erfinden.«
    »Und ich meine, du triffst damit die richtige Entscheidung.« Luna bedachte mich mit einem scheuen Lächeln. »Sie haben ihre Methoden, um Lügner zu entlarven.«
    Kaylin warf ihr einen Blick zu, dann zuckte er mit den Achseln. »Wie du meinst. Aber ich denke immer noch, dass wir es ebenso gut durchziehen könnten.« Ein Grinsen bestätigte mir, dass er Grieve nur necken

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