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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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ich seufzte tief. Es war herrlich, durchatmen zu können, ohne die eisige Kälte im Inneren zu spüren.
    »Willkommen in Penny’s Pit Stop. Ich bin Rae-Ann. Was kann ich für euch tun?« Die Kellnerin hastete auf uns zu, obwohl uns ein Blick durch den Laden sagte, dass kein Grund zur Eile bestand: Nur drei Tische waren besetzt, und in einer Nische saß eine einzelne Frau – Ysandra.
    Ich deutete auf die Nische. »Wir sind mit der Dame dort verabredet.«
    Rae-Ann führte uns durch den mit Teppich ausgelegten Schankraum, in dem über Lautsprecher leise Musik spielte. Es war keine nervtötende Fahrstuhl-Musik, sondern Klassisches, das meine Gedanken beruhigte und meine Nerven entspannte.
    Ysandra sah genauso züchtig und ordentlich aus, wie ich sie in Erinnerung hatte. Sie trug eine hochgeschlossene Rüschenbluse in Dunkellila zu einem schwarzen Rock. Das blonde Haar war zu einem festen Knoten zusammengefasst, in dem lackierte Stäbchen steckten. Fahrerhandschuhe in Wildleder lagen ordentlich gefaltet auf ihrer Handtasche, einem edlen Designer-Stück mit doppelten Griffriemen in klassischem Ecru.
    Ysandra, Magiegeborene und mächtige Hexe, trug eine Halbbrille, und hätte ich ihr Alter schätzen müssen, hätte ich sie irgendwo zwischen dreißig und siebzig eingeordnet – ich hatte keine Ahnung! Sie winkte, als sie uns sah, und als wir uns zu ihr in die Nische setzten, klappte sie die Karte zu und lächelte. »Kaylin, Cicely, Rhiannon – ich freue mich, Sie wiederzusehen.«
    Die Kellnerin wartete, bis wir saßen, bevor sie jedem von uns eine Karte gab.
    »Bitte suchen Sie sich etwas aus. Ich lade Sie ein.« Ysandra sah uns prüfend an. »Peyton kann nicht dabei sein?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Eine Familienangelegenheit. Ihr Vater ist zurückgekehrt. Sie hat ihn seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen.« Da ich nicht wusste, wie ich ansprechen sollte, was wir ihr sagen mussten, blickte ich in meine Karte.
    Die Kellnerin stand mit Block und gezücktem Stift vor unserem Tisch. »Brauchen Sie ein paar Minuten, oder wissen Sie schon, was Sie wollen?«
    Ysandra nickte mir zu. »Bestellen Sie ruhig.«
    Ich klappte die Karte zu. »Cheeseburger bitte. Mit Salat statt Pommes frites. Und heiße Schokolade. Ich bin allergisch gegen Fisch und Krustentiere. Bitte sage Sie es Ihrem Koch.«
    »Mach ich.« Sie schrieb es auf den Notizblock.
    Rhiannon gab ihr ihre Karte zurück. »Hühnersuppe und überbackenes Käsesandwich. Und heiße Schokolade.«
    »Und Sie, Darling?« Sie blickte Ysandra erwartungsvoll an, und ich unterdrückte ein Kichern. Wer Ysandra Darling nannte, musste wirklich mutig sein.
    Nach Ysandras Gesichtsausdruck zu schließen, empfand sie das genauso, aber sie war zu gut erzogen, um eine Bemerkung zu machen. »Tomatencremesuppe und Truthahn auf Roggenbrot, bitte. Keine Mayonnaise, lieber Butter.«
    Die Kellnerin nickte und notierte die Bestellung. Sie blickte zu Kaylin, und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Ich betrachtete ihn. Er war attraktiv gewesen, als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, aber der erwachte Nachtflor hatte seinen Charme noch gesteigert.
    »Burger und Pommes frites. Und ein großes Glas Milch.« Er zwinkerte ihr zu, und sie zog sich kichernd zurück.
    »Sie scheinen mit den Damen umgehen zu können, junger Mann.« Ysandra bedachte ihn mit einem kühlen Lächeln. »Was sagt denn Ihre Frau dazu?«
    Ich atmete tief ein. Zeit für die Wahrheit. »Ja, apropos. Wir haben Ihnen viel zu sagen, und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Es ist kompliziert.«
    »Von vorn vielleicht? Gewöhnlich ist das die leichteste und direkteste Methode.« Sie faltete die Hände und wartete geduldig, und ich spürte ein leichtes Summen von Energie um sie herum.
    Magie … sie setzt irgendeine Magie ein, flüsterte Ulean.
    Kann sie dich spüren?
    Ich weiß nicht. Sie ist mächtig, aber ich kann nicht ausmachen, in welchem Bereich ihre Kräfte liegen .
    Ich sah die anderen an. Dann nahm ich meinen Mut zusammen, sprang ins kalte Wasser und erzählte ihr so knapp wie möglich, wie ich nach New Forest zurückgerufen wurde und festgestellt hatte, dass Marta vom Indigo-Hof getötet worden war und die Dreizehn-Monde-Gesellschaft nicht mehr existierte. Ich erzählte ihr, wie meine Tante in einen Vampir verwandelt und der Sommerhof vertrieben worden war und Myst den Goldenen Wald annektiert hatte, wie ich einen Vertrag mit Geoffrey unterzeichnet und Lannan plötzlich Macht über mich bekommen hatte, und

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