Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
Vom Netzwerk:
immer Myst verlangt. Herz und Seele gehören der Königin des Indigo-Hofs, andere Verpflichtungen kennt sie nicht mehr.
    Ich nahm meinen Fächer in eine Hand, den Pflock in die andere. Auf ein einzelnes Nicken Grieves hin stürzten wir durch den Rest des Waldes auf den Weg und auf Heather zu. Es war wieder Zeit zu sterben.
    Heather hatte erwartet, dass wir über den Pfad kommen würden, nicht aus dem Wald, was uns einen kleinen Vorteil verschaffte. Ich schlug mit meinem Fächer und flüsterte: »Bö, erwache«, und der Wind, der sich erhob, stieß Heather zu Boden.
    Chatter sprang mit Rhia an der Seite vor, doch Heather war zu schnell – die Verwandlung hatte ihr unglaubliche Reflexe verschafft. Sie hatte sich schon wieder erholt und wirbelte jetzt zu mir herum, während ihre Hände ein Muster webten, das nur ein Zauber sein konnte. Im nächsten Moment riss es mich von den Füßen, und ich krachte rückwärts in eine Schneeverwehung. Gleichzeitig erhob sich wie von Geisterhand ein dicker Ast und schlug mir in die Körpermitte.
    Ah, stimmt ja, sie arbeitet mit Erdmagie. Verdammt . Benommen rappelte ich mich auf.
    Ja, das tut sie, aber sie ist schwach, was die Luft betrifft, und Feuer kann sie zerstören, auch wenn ihr Licht nicht schadet .
    »Bitte! Ich flehe dich ein letztes Mal an. Hör auf mit diesem Irrsinn«, schrie Rhiannon ihrer Mutter zu. Tränen strömten ihr über das Gesicht, und ich konnte sehen, dass ihr das Herz brach, aber es gab nichts, was wir anderen dagegen hätten unternehmen können.
    Heather hielt inne und betrachtete Rhiannon, die wohl nur allzu reif und appetitlich aussah. Unwillkürlich leckte sie sich über die Lippen. »Meine Tochter. Mein liebes, irregeleitetes Kind. Ich gebe dir noch eine Chance. Komm mit mir, komm mit zu Myst und lass sie dich kosten, lass sie dich austrinken und in unsere Welt geleiten. Denk doch nur, du und ich wieder vereint. Seite an Seite. Du hast dein Feuer wiederentdeckt. Denk nur, was wir gemeinsam erreichen könnten.« Sie streckte Rhiannon siegessicher die Hand entgegen.
    Rhiannon zögerte. Einen Moment lang schien sie zu schwanken, doch dann lachte Heather, und das Gelächter war wie ein Eiszapfen im Herzen. Rhia trat einen Schritt zurück und streckte die Hände aus, und der Pflock fiel nutzlos zu Boden.
    »Brenne, Feuer, brenne durch mich«, flüsterte sie, und aus ihren Fingerspitzen schossen Flammen, die Heather einhüllten und sich sofort in ihr Kleid fraßen.
    Heather kreischte, als das Feuer aufflammte und lodernd den Stoff verzehrte. Ohne zu zögern, warf sie sich in den Schnee und löschte das brennende Material. Und als sie sich wieder erhob, stand ein grausames Lächeln in ihren Augen.
    »Auch ich kann anders, liebste Tochter.« Wieder flüsterte sie, und dieses Mal bebte der Wald. Der Boden verschob sich, und ich verlor die Balance, Rhiannon genauso. Kaylin fiel rückwärts über einen Baumstamm, während Grieve und Chatter sich an Bäumen festklammerten.
    Nun stimmte Heather einen Gesang an, uralt, finster und fremdartig, und der Baum neben Rhiannon neigte sich und kippte. Ich schrie auf, doch Chatter stürzte auf sie zu, packte sie um die Taille und riss sie aus dem Weg, als der Baum ächzend und berstend dort niederkrachte, wie sie gerade noch gestanden hatte.
    Ich klappte den Fächer auf. »Tornado, erwache«, wisperte ich. Aus dem Fächer drang ein tiefes Heulen, als sich eine schlauchartige Wolke bildete, die rasch zum Himmel wuchs, Bäume entwurzelte und auf Heather zuwirbelte. Meine Tante schrie und riss die Hände hoch. »Fels und Findling!«
    Wieder bebte die Erde unter der Kraft des Tornados und der Wucht, mit der der Boden aufgeworfen wurde, als sich etwas hervorarbeitete. Und dann sah ich, dass es kein Ungeheuer war, das da aus den Tiefen aufstieg, sondern ein riesiger Gesteinsbrocken. Heather duckte sich dahinter, als der Wirbelsturm über sie hinwegtobte. Jeder normale Magiegeborene oder Yummanii wäre von der Wucht meiner Attacke getötet worden, doch sie gehörte zum Indigo-Hof. Mit überirdischer Kraft klammerte sie sich an den Brocken, um zu verhindern, dass der Strudel des Windes sie einsaugte.
    Als der Tornado mit einem Kreischen erstarb, spürte ich ein Beben, das von meinem Fächer ausging und durch meinen Körper jagte. Ich hatte keine Ahnung, was geschah, aber nun war auch keine Zeit, es herauszufinden. Ich packte den Pflock – eine andere Möglichkeit schien es nicht zu geben – und setzte mich in Bewegung.
    Aber

Weitere Kostenlose Bücher