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Winters Herz: Roman (German Edition)

Winters Herz: Roman (German Edition)

Titel: Winters Herz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Littlewood
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keine rote Narbe entstellt.
    »Ben, weißt du, weshalb die anderen Jungen sich in die Handfläche schneiden?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Manche haben dort eine Narbe, stimmt’s? Weißt du, wie sie dazu gekommen sind?«
    Keine Antwort.
    »Haben sie sich absichtlich geschnitten?«
    Er entzog ihr seine Hand.
    »Okay, Ben, hör mir zu: Ich muss dir etwas sehr Wichtiges sagen. Erinnerst du dich, wie wir zu zweit, nur du und ich, aus dem Dorf und über die Hügel gewandert sind?«
    Er trat von einem Bein aufs andere.
    »Das sollten wir wieder tun, denke ich. Für uns wär’s am besten, für einige Zeit aus Darnshaw wegzugehen, glaube ich. Hast du verstanden?«
    Er fing an, den Kopf zu schütteln.
    »Ben, wir müssen zusammenbleiben.«
    Ihr Sohn warf sich herum, wollte sich losreißen.
    »Wir können einfach übers Moor wandern.«
    »Du kannst das tun.«
    »Wir müssen gemeinsam fort.«
    Ben kehrte ihr weiter den Rücken zu. Seine Schultern waren abwehrend hochgezogen. Cass erinnerte sich daran, wie er mit dem Rücken zu den Hexensteinen dagesessen und sich weiterzugehen geweigert hatte. Tragen hatte sie ihn nicht können, weil er zu schwer war.
    Der Junge wird nich’ mehr wegwoll’n, schätz ich.
    Sie seufzte resigniert. »Also gut, Ben. Aber ich muss gehen, Schatz. Ich muss wegen meiner Arbeit telefonieren, mich vielleicht mit ein paar Leuten treffen. Ich bleibe nicht lange fort.«
    Er stand bewegungslos da.
    »Ich gehe los, sobald ich dich in die Schule gebracht habe, und müsste rechtzeitig zurück sein, um dich abzuholen. Aber für den Fall, dass ich mich verspäte, bitte ich Sally, sich um dich zu kümmern.«
    Sie verdrängte den Gedanken an Damon. Ben würde nur kurz mit dem älteren Jungen zusammen sein; was konnte ihm das schaden? Cass holte tief Luft. »Und noch was, Ben. Ich weiß, dass du Mr. Remick magst, aber vorläufig solltest du dich vielleicht von ihm fernhalten. Ich werde Sally bitten, auch in der Schule ein Auge auf dich zu haben.«
    Er machte ein finsteres Gesicht. »Ich mag ihn.«
    »Das weiß ich. Und er mag dich auch, Ben, aber ich weiß nicht recht, ob er mich noch mag.«
    Du wirst zu mir kommen , hatte Remick gesagt.
    »Er soll mein Daddy sein. Wie der aller anderen Kinder.«
    »Schatz, darüber reden wir ein andermal, okay? Aber Mr. Remick ist nicht der Daddy dieser Jungen.«
    »Doch, das ist er. Das sagt Damon.«
    »Nun, manchmal bilden Leute sich etwas ein, Vielleicht solltest du nicht auf Damon hören.«
    Ben erwiderte ihren Blick. »Das muss ich, wenn du mich bei Mrs. Spencer lässt.«
    Cass öffnete den Mund, wusste dann aber nicht, was sie sagen sollte. Natürlich sah Ben zu seinem älteren Freund auf; hatte Damon ein enges Verhältnis zu Remick entwickelt, würde Ben sein Verhalten imitieren wollen. Aber sie musste ihn nur noch einen Abend lang in Damons Gesellschaft zurücklassen. Danach   …
    Sie zerzauste ihrem Jungen das Haar, küsste ihn auf die Wange.
    »Gut, dann komm jetzt. Tut mir leid, wenn ich vielleicht erst spät zurückkomme. Aber ich muss nach Moorfoot, okay? Du wirst mir fehlen.«
    Bens Gesichtsausdruck veränderte sich nicht   – nicht als sie ihn küsste, nicht als sie sprach. Cass zog ihre braune Jacke an und schnappte sich den Rucksack, den sie fertig gepackt an der Tür deponiert hatte. Lucys Computerausdruck steckte in der Innentasche. Sie wusste vorläufig noch nicht, wem sie ihn zeigen und was sie als Erklärung vorbringen sollte; als Erstes würde sie Bert finden müssen; dann würde sie wissen, was sie zu tun hatte.
    Ben starrte sie abwartend an. Sie öffnete die Tür, ließ ihn vorausgehen und sperrte hinter ihnen ab.

Kapitel 28
    Cass fürchtete sich davor, Ben in der Schule abzuliefern, aber dann gelang es ihr doch, mit Sally zu sprechen, ohne Remick zu begegnen. Sally traf gleichzeitig mit Cass ein, winkte mit dem ganzen Arm und kreischte gellend laut »Juu-huu!«, während sie von der Straße herunterkam. Damon folgte ihr mit einer Gruppe weiterer Jungen. Als Cass sie miteinander lachen sah, wusste sie, dass sie niemals in Darnshaw bleiben würde. Dies waren die Jungen, die ihr Sohn sich als Freunde wünschte, und sie wollte nicht, dass Ben so wurde wie sie mit ihren blassen Gesichtern und verschlagenen Mienen.
    Das dachte sie nicht eigentlich, sondern fühlte es, ähnlich wie ihr Leib abwehrend auf Remick reagiert hatte: Es war kein geistiges, sondern körperliches Wissen, Seelen wissen.
    Als Sally herankam, rang sich Cass ein Lächeln ab.

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