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Winters Knochen

Winters Knochen

Titel: Winters Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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machen.«
    Blutbläschen wuchsen Sonny aus der Nase, platzten und befleckten ihm die Lippen.
    »Dafür wird Dad dich umbringen«, sagte Ree.
    »Scheiße, ich hab deinen Daddy mindestens zweimal im Jahr durchgeprügelt, seit er ein Kind war.«
    »Aber du hast ihn nie angerührt, seit er ein Mann ist! Nur, wenn er total zu war und nicht mehr zurückschlagen konnte.«
    Blond Milton packte sie am Mantelärmel und zerrte sie zu seinem Pick-up. »Schwing deinen blöden Arsch da rein, ich muss dir was zeigen.«
    Er fuhr schnell den Schotterweg hinunter, bog auf der Straße nach Westen ab. Der Geruch nach seinem Rasierwasser füllte die ganze Kabine, und Ree machte das Fenster einen Spalt auf. Der Pick-up war ein großer weißer Chevy mit einem roten Hardtop. Auf der Ladefläche lag eine Matratze. Blond Milton fuhr einen Pick-up mit einer Matratze auf der Ladefläche, aber er ging nie campen, und seine Frau hasste schon den Gedanken an den Pickup, sagte ihm das aber nie. Blond Milton stand einer Gruppe von Potbauern und Meth-Köchen vor, zu der auch Jessup gehörte. Er hatte immer Bargeld dabei, und man erzählte sich, er sei es gewesen, der vor Jahren die beiden Gypsy Jokers abgeknallt hatte, Rocker, die aus Kansas City raufgekommen waren und geglaubt hatten, mit ihrer furchterregenden Reputation könnten sie sich bei den Landeiern Respekt verschaffen und die Kontrolle übernehmen.
    »Wo fahren wir hin?«
    »Die Straße lang.«
    »Aber wohin?«
    »Dorthin, wo du dir was anschauen sollst.«
    Sie kamen an tiefen Wäldern und weiten Schneefeldern vorbei. Die Sonne stand hinter den Hügeln, das letzte Licht, von Westen kommend, tauchte den Himmel in vier verschiedene Blautöne, und die hageren Bäume auf den hohen Kämmen zeichneten sich hart und reliefartig ab. Krähen saßen auf Ästen und wirkten im Zwielicht wie schwarze Knöpfe.
    Gleich hinter der einspurigen Brücke über den Egypt Creek jagte Blond Milton einen unbefestigten Weg hinauf. Er fuhr, bis er die Einfahrt zu einem Haus erreichte, und hielt dann an. Das Haus hatte gebrannt. Drei Wände und ein Teil des Dachs standen noch, aber die Wände waren verkohlt, und das Dach war in der Mitte geborsten, Holzsparren ragten in alle möglichen Richtungen.
    »Wozu hältst du hier an?« fragte Ree. »Mann, ich steig da nicht hinten auf die Matratze!«
    »Glaubst du vielleicht, ich würde mit
dir
vögeln!«
    »Wenn, dann musst du mich schon zu Tode vögeln! Anders geht’s nicht.«
    »Himmel, aber von dir gibt’s auch zwölf auf ein Dutzend. Jetzt hör mal einen Augenblick auf, um dich zu treten, und hör mir zu.« Blond Milton drehte sich zu ihr um. »Ich habe hier gehalten, um dir das Haus zu zeigen.« Es war fast dunkel, aber die Schneelandschaft fing das Licht ein und hielt es fest, sodass man das Haus noch immer erkennen konnte. »Das da ist der letzte Ort, an dem ich oder sonst jemand Jessup gesehen hat. Die anderen hatten was zu erledigen, und als sie zurückkamen, haben sie das hier vorgefunden, nur dass es noch brannte.«
    Ree sah zu der Ruine hinüber, zu dem zersplitterten Dach, dem verkohlten Holz, den von den Flammen geschwärzten Wänden.
    »Er hat noch nie ein Labor in die Luft gejagt.«
    »Ich weiß. Aber diesmal muss irgendwas schiefgelaufen sein.«
    »Er ist bekannt dafür, dass er niemals ein Labor zerlegt oder schlechte Ware liefert. Er ist bekannt dafür, dass er weiß, was er tut.«
    »Wenn du so lange kochst, dann muss irgendwann mal was passieren.«
    Ree öffnete die Wagentür, setzte einen Fuß auf den Boden und fragte: »Willst du damit sagen, Dad liegt ordentlich geröstet da drin?«
    »Ich sage nur, das ist der letzte Ort, wo ich oder irgendjemand ihn gesehen hat. Mehr nicht.«
    Ree stieg aus, den Blick auf das Haus gerichtet, die Stiefel im Schnee.
    »Ich schau mal nach.«
    »Hey! Das tust du nicht! Steig sofort wieder ein. Der Scheiß ist reines Gift, Mädchen. Toxisch. Das frisst dir die Haut von den Knochen und verdorrt die noch dazu. Deine Lungen werden zu Papiertüten, in die gleich ein paar Löcher reingebohrt werden. Geh ja nicht in die Nähe des verdammten Hauses.«
    »Wenn Dad tot da drin liegt, dann hole ich ihn, trage ihn nach Hause und begrab ihn.«
    »Bleib zum Teufel von dem Haus da weg!«
    Der Schnee in der Zufahrt war unberührt. Ree eilteden leichten Anstieg hinauf und warf einen Blick zurück zu Blond Milton. Er ging ihr nicht nach, und sie wurde langsamer. Zunächst hielt sie Abstand zu dem Haus, drehte einen Kreis im

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