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Winters Knochen

Winters Knochen

Titel: Winters Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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sich ja gar nicht.«
    Ree musste lachen, stöhnte aber sofort auf, als sich ihre wunden Lippen spannten. Dann sagte sie: »Ach, verdammt, keine von denen, die ich am liebsten abknallen würde, ist gekommen. Die hätte ich gleich von hier aus erledigen können.«
    Gail drehte den Kopf und sah wieder zu den Frauen hinüber.
    »Kommt mir so vor, als könnte Sonya dich gut leiden, Süße.«
    »Ha. Sie hat eine Schwäche für Sonny. Da kann sie nichts gegen machen.«
    Als sie die Straße erreicht hatten, fuhr Gail nach Süden, bis die Straße in einen Schotterweg überging. Stacheldraht hing an krummen Holzpfosten, die einen mickrigen Zaun an der Westseite der Furche bildeten. Jemand hatte ein überfahrenes Gürteltier gegen den Zaun geschleudert, wo es sich verhakt hatte. Es hing mit dem Schwanz nach oben und war bis auf eine augenlose Hülle, die im Wind wehte, leergefressen. »Weiß er das? Sonny?« fragte Gail.
    »Nicht von uns. Wenn, dann von jemand anderem, der blöd daherredet.« Das Land östlich des Wegs war Eigentum der Regierung, ein dichter Wall aus Bäumen stand neben der Straße. Hohe Äste zerschnitten das Sonnenlichtin Puzzleteile, die in einem Wirrwarr aus hellen Scherben und zerfetzten Halbmonden zu Boden fielen. Bierdosen und Whiskeyflaschen und Brottüten lagen in dem Graben zwischen Weg und Wald. »Die Armee nimmt einen doch auch mit ein paar Zähnen weniger, oder?« fragte Ree.
    »Keine Ahnung. Ich denk schon. Warum auch nicht?«
    Ned rekelte sich und gluckste, schlug die Augen auf, spitzte das Mündchen und war sofort wieder eingeschlafen. Er roch gut, die Bäume waren hoch, und der Pick-up hopste über den unebenen Weg. Dunkle Wolken umrahmten den Himmel im Nordwesten, ein waberndes Grau, das warnend auf den blauen Himmel kroch.
    »Blond Milton meinte, Sonya und er würden Sonny nehmen. Hab ich dir das schon erzählt? Die wollen ihn von jetzt an aufziehen.«
    »Das hat er gesagt? Es wäre schon eine Hilfe, oder?«
    »Aber dann macht er Sonny zu etwas, was ich vermeiden möchte.«
    »Natürlich. Deshalb will er ihn ja haben. Deshalb wollen sie doch alle Söhne haben. Was ist mit Harold?«
    »Harold ist ihm nicht wichtig. Mom auch nicht.«
    »Tja, was kannst du denn sonst machen? Schon mal darüber nachgedacht?«
    Die Tabletten vertrieben den Schmerz aus Rees Körper, konnten aber nichts gegen ihre schmerzhaften Gedanken tun, außer sie zu verlangsamen, sie länger werden zu lassen. Die Schrotflinte stand aufrecht zwischen ihren Knien, Ree würgte den Lauf mit beiden Händen. »Ichtrage Mom zur Klapsmühle und setz sie auf die Treppe, schätze ich. Und ich bitte Victoria und Teardrop, Harold zu sich zu nehmen.«
    Gail schüttelte langsam den Kopf und legte zwei Finger auf Neds Brust.
    »O Gott, ich hoffe, dass es nicht dazu kommt, Liebes. Das hoffe ich wirklich. Ich glaub nicht, dass Harold der Typ dafür ist, eine Knaststrafe abzusitzen.«
    Ree sah aus dem Fenster, kleine Staubwirbel drehten auf und verfolgten die Reifen. Es ging meist geradeaus, und der Weg war recht gut zu befahren. Der Pick-up nahm eine Anhöhe und rollte in ein karges Tal, das sich auf einen Quellbach zu verengte. Felsüberhänge aus mürrischem Gestein überspannten den Grund des Tals, schwarz durch Jahrhunderte von Wassertropfen, ähnliches Felsgestein lag unten am Wasserrand. Die Überhänge ließen nur gegen Mittag für zwei Stunden das Sonnenlicht bis nach unten fallen. Geier breiteten ihre Flügel aus und drehten geduldig ihre Kreise hoch über dem Bachbett.
    »Und hierhin wolltest du mich bringen?«
    »Ja. Bucket Spring. Weißt du noch? Das Wasser hier ist gut für dich.«
    »Das Wasser ist kälter als sonst was!«
    »Deshalb ist es ja so gut. Das wird dir bei all deinen blauen Flecken und Beulen helfen.«
    »Aber da drin ist es kälter als an ’ner Hexentitte!«
    »Vertrau mir.«
    Über der Quelle gab es eine Stelle, an der man denWagen abstellen konnte, Baumstämme, der Länge nach in den Hang geschlagen, bildeten die Treppe, die nach unten zum Wasser führte. Das Wasser, das aus dem Boden sprudelte, war kühl und heilig blau und stieg unter lebhaftem Platschen an die Oberfläche. Dort, wo das Wasser bachabwärts floss, verblasste das Blau zu kristallener Klarheit, und Wasserkresse wuchs in strahlendem Grün entlang des Bachbetts. Felsen hatten sich neben der Quelle aufgetürmt, ein paar von ihnen reichten bis an das blaue Wasserbecken und boten eine Sitzgelegenheit.
    Gail half Ree aus dem Pick-up. Ree humpelte mit dem

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