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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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zu lachen. »Jetzt verstehst du, weshalb ich mich nicht schon eher getraut habe, davon zu sprechen«, sagte sie. »Ich wußte, du würdest mich für verrückt halten.«
    »Ganz im Gegenteil. Auf Grund meiner Erfahrungen habe ich gelernt, die Bedeutung von Vorahnungen sehr hoch anzusetzen. Nur - ich nenne das Intuition. Aber warum hast du mir nicht gesagt, daß du dir so große Sorgen machst? Vielleicht sollte ich dich doch begleiten. Ich wünschte nur, ich hätte Nancy noch kennengelernt, bevor sie wegzog.«
    »Ach, was. Wahrscheinlich bin ich nur eine alte Glucke.
    Aber wie dem auch sei, wenn ich zurückkomme, werde ich dir die Würmer aus der Nase ziehen.« Bei diesem Gespräch hatten sich ihre Finger irgendwie ineinander verflochten.
    »Mach dir keine Sorgen. Die Kinder kommen meistens schon zurecht, und falls es irgendwelche echten Probleme gibt und du mich brauchst, fliege ich am Wochenende hinüber.«
    »Ich möchte dich nicht bemühen…«
    Eine unpersönliche Stimme tönte über den Lautsprecher:
    »Passagiere des Fluges fünf-sechs-neun, Abflug nach San Francisco…«
    »Priscilla, um Himmels willen, begreifst du denn nicht, daß ich dich liebe?«
    »Ich freue mich… Ich meine… Ich weiß… Ich liebe dich auch.«
    Ihr letzter Augenblick zusammen. Ein Anfang… ein Liebesversprechen.
    Am folgenden Abend hatte sie angerufen. Um ihm mitzuteilen, daß sie sich große Sorgen mache und mit ihm sprechen müsse. Sie war mit Nancy zum Essen aus, wollte ihn aber sofort anrufen, wenn sie in ihr Hotel zurückkam. Ob er dann zu Hause sei?
    Er wartete die ganze Nacht auf den Anruf. Aber der Anruf kam nicht. Sie kehrte nie mehr ins Hotel zurück. Am nächsten Tag erfuhr er von dem Unfall. An dem Auto, das sie gemietet hatte, hatte die Steuerung versagt. Der Wagen war von der Straße abgekommen und in einen Graben gefahren.
    Vielleicht hätte er Nancy aufsuchen sollen. Er hatte versucht, sie anzurufen. Doch als er schließlich zu ihr durchkam, war Carl Harmon am Telefon, der Professor, der ihm mitteilte, daß er und Nancy die Absicht hatten zu heiraten. Es klang durchaus so, als wäre er berechtigt und bevollmächtigt, das zu sagen.
    Nancy habe nicht die Absicht, nach Ohio zurückzukehren. Sie hätten ihrer Mutter beim Essen von ihrem Vorhaben erzählt.
    Mrs. Kiernan sei beunruhigt gewesen, weil Nancy noch so jung war, aber das sei ja ganz natürlich. Sie werde da draußen, wo ihr Mann bestattet sei, beigesetzt werden. Schließlich sei die Familie seit drei Generationen, bis zu Nancys Kindheit, in Kalifornien ansässig gewesen. Nancy halte sich tapfer. Seiner Ansicht nach wäre es das beste, wenn sie sofort in aller Stille heiraten würden. Nancy dürfe jetzt nicht allein sein.
    Lendon hatte da nichts unternehmen können. Was hätte er auch tun sollen? Nancy erzählen, daß ihre Mutter und er sich ineinander verliebt hatten? Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte sie ihm das wohl einfach übelgenommen. Was dieser Professor Harmon sagte, klang doch ganz vernünftig, weil Nancy einen so entscheidenden Schritt schon mit knapp achtzehn Jahren machen wollte. Aber es gab bestimmt nichts, was er, Lendon, gegen diese Entscheidung unternehmen konnte.
    Er hatte das Angebot, an der Universität von London zu lehren, gern angenommen. Deshalb war er nicht im Lande gewesen und hatte von dem Mordprozeß Harmon erst erfahren, als er vorüber war.
    An der Universität London hatte er Allison kennengelernt.
    Sie war dort Lehrerin. Der Sinn für ein Leben zu zweit, den Priscilla in ihm geweckt hatte, hatte es ihm unmöglich gemacht, in sein wohlgeordnetes, egoistisches Leben zurückzukehren. Manchmal hatte er sich gefragt, wohin sich Nancy Harmon wohl geflüchtet haben mochte. In den letzten beiden Jahren hatte er in der Umgebung von Boston gewohnt –
    und sie nur eineinhalb Stunden entfernt. Vielleicht konnte er jetzt gutmachen, daß er Priscilla nicht beigestanden hatte.
    Das Telefon läutete. Einen Augenblick später leuchtete das Zeichen der Gegensprechanlage an seinem Apparat auf. Er nahm den Hörer ab. »Mrs. Miles möchte Sie sprechen, Herr Doktor«, sagte seine Sekretärin.
    Allisons Stimme klang sehr besorgt. »Liebling, hast du zufällig die Nachricht über die kleine Harmon gehört?«
    »Ja.« Er hatte Allison von Priscilla erzählt.
    »Was willst du jetzt tun?«
    Ihre Frage ließ den Entschluß, den er im Unterbewußtsein bereits gefaßt hatte, feste Formen annehmen. »Was ich schon vor Jahren hätte tun sollen. Ich werde

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