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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gegend wimmelte von ihnen. Er mußte von der Straße runter. Es konnten doch höchstens noch ein paar Häuserreihen bis zum Strand sein. Rob bewegte sich rasch an der Hecke entlang und steuerte dann auf die Baumgruppen zu, die die Rückseite der Häuser vor ihm säumten. Die Möglichkeit, geschnappt zu werden, war dort geringer, selbst wenn es länger dauerte, sich durch die Hinterhöfe zu schlagen.
    Angenommen, Nancy hätte ihn am See gesehen? Sie hatte ja in seine Richtung geblickt… vielleicht aber auch nicht. Er würde natürlich nicht zugeben, daß er dagewesen war. Sie war wohl kaum in einer Verfassung, daß sie ernsthaft behaupten konnte, ihn gesehen zu haben. Sonst aber hatte ihn keiner gesehen. Da war er sich ganz sicher. Ausgenommen… der Fahrer des Kombiwagens. Vielleicht ein Kerl aus dem Ort…
    Nummernschilder von Massachusetts… 8-6-4-2… wieso erinnerte er sich daran? Verkehrt herum gelesen… ach natürlich…
    2-4-6-8. Das war ihm aufgefallen. Wenn er wirklich geschnappt wurde, konnte er den Bullen von dem Kombiwagen erzählen. Er hatte gesehen, wie der Kombi rückwärts aus dem Feldweg gekommen war, der von dem Grundstück der Eldredges zur Straße führt, und das mußte ungefähr um die Zeit gewesen sein, in der die Kinder verschwanden.
    Andererseits aber, angenommen, dieser Kombiwagen war nur ein gewöhnlicher Lieferwagen, über den man schon Bescheid wußte? Den Fahrer hatte Rob überhaupt nicht gesehen, er hatte eigentlich gar nicht auf ihn geachtet… nur flüchtig erkannt, daß es ein großer, dicker Kerl war. Wenn die ihn wirklich schnappten, und er von dem Kombiwagen erzählte, würde er sich nur selbst darauf festnageln, daß er selber am Eldredge-Haus gewesen war.
    Nein, gar nichts würde er zugeben, wenn die ihn kriegten. Er würde sagen, er hätte die Absicht gehabt, Nancy zu besuchen.
    Aber dann hätte er sein Bild im Zusammenhang mit dem Fall Harmon gesehen und es für ratsam gehalten, sich davonzumachen. Nach dieser Überlegung fühlte sich Rob ein wenig besser. Wenn er jetzt bloß bis zum Strand käme und in eines der Ferienhäuser…
    Er hastete weiter, sorgsam darauf bedacht, sich ganz im Schatten der kahlen Bäume zu halten; er stolperte, fluchte leise und fand das Gleichgewicht wieder. Dieser Graupel machte diese ganze verdammte Gegend so glatt wie eine Eisbahn. Aber es konnte nicht mehr sehr weit sein. Er mußte jetzt irgendwo hineinkommen, sonst würde er bestimmt noch jemandem in die Arme laufen. Er stützte sich an den eisverkrusteten Bäumen ab und versuchte, schneller zu gehen.

    27
    Thurston Givens saß ruhig in seiner verglasten Veranda auf der Rückseite des Hauses. Die Dunkelheit brach herein, und er beobachtete den Sturm. Er war achtzig Jahre alt, die Nordoststürme hatten ihn immer fasziniert, und er wußte, daß ihm wahrscheinlich nicht mehr allzu viele Jahre gegeben waren, in denen er sie beobachten konnte. Das Radio lief ganz leise, und er hatte soeben die letzte Meldung über die Eldredge-Kinder gehört. Immer noch keine Spur von ihnen.
    Jetzt saß Thurston da und blickte unverwandt nach hinten hinaus und grübelte, warum jungen Menschen solch ein Unglück widerfahren mußte. Sein einziges Kind war während der Epidemie 1917 im Alter von fünf Jahren an Grippe gestorben.
    Als ehemaliger Grundstücksmakler war Thurston ein guter Bekannter von Ray Eldredge. Er war auch ein Freund von Rays Vater und Großvater gewesen. Ray war ein feiner Kerl, ein Mann, wie ihn das Kap brauchte. Er war einer, der wußte, was er wollte, und war ein guter Makler – nicht einer von denen, die nur schnell zu Geld kommen wollten und denen die Öffentlichkeit schnuppe war. Eine verdammte Gemeinheit, wenn seinen kleinen Kindern etwas passiert sein sollte. Nancy war in Thurstons Augen bestimmt nicht der Typ, den man mit einem Mord in Verbindung bringen könnte. Hier mußte schon eine bessere und überzeugendere Antwort gefunden werden.
    Er träumte ein wenig vor sich hin. Da erregte eine Bewegung am Waldrand seine Aufmerksamkeit. Er beugte sich nach vorn.
    Seine Augen verengten sich und spähten angestrengt hinaus.
    Da draußen war jemand, einer, der sich da entlangschlich.
    Ohne Zweifel jemand, der nicht gesehen werden wollte.
    Jemand, der nichts Böses im Sinn hatte, würde sich bei diesem Wetter nicht drüben im Wald aufhalten, und es hatte eine Menge Raubüberfälle am Kap gegeben, vor allem in dieser Gegend.
    Thurston streckte die Hand nach dem Telefon aus. Er wählte die Nummer

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