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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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hatte er nie wieder… nicht wie ein Ehemann… Hatte er gespürt, daß sie sich ekelte? Diese Frage hatte sie sich oft gestellt. Auch das gehörte zu ihrer Schuld.
    »Ich liebe dich.« Sie wußte nicht, daß sie das gesagt hatte –
    Worte, die so oft ausgesprochen wurden, die sie sogar noch im Schlaf zu Ray murmelte.
    »Ich liebe dich auch. O Nancy. Es muß für dich sehr schlimm gewesen sein. Ich habe immer geglaubt, ich hätte begriffen, aber ich habe nicht…«
    »Ray, werden wir die Kinder wiederbekommen?« Ihre Stimme bebte, und er spürte, wie ihr ganzer Körper zu zittern begann.
    Sein Arm drückte sie fester an sich. »Ich weiß es nicht, Liebling. Ich weiß es nicht. Aber denke immer an das eine: Ganz gleich, was auch geschieht, du hast mich, und ich habe dich. Nichts kann das ändern. Gerade haben sie den Captain abgeholt. Sie haben Rob Legler auf die Polizeistation gebracht.
    Dr. Miles ist mit ihnen gegangen, und Jonathan und ich wollen auch hinüber.«
    »Ich möchte zu ihm. Vielleicht sagt er mir…«
    »Nein. Jonathan hat eine Idee, und ich meine, es könnte klappen. Wir müssen das herausbekommen. Vielleicht hat Rob einen Komplizen, der die Kinder bei sich hat. Wenn er dich sieht, könnte er es möglicherweise ablehnen, überhaupt etwas zu sagen, vor allem dann, wenn er beim letztenmal daran beteiligt war.«
    »Ray…« Nancy hörte die Verzweiflung in ihrer Stimme.
    »Liebling. Du mußt noch ausharren. Nur noch kurze Zeit.
    Stell dich unter die heiße Dusche und zieh dich an. Dorothy wird bei dir bleiben. Sie macht dir gerade ein Sandwich zurecht. Ich komme so bald wie möglich zurück.« Einen Augenblick lang vergrub er seine Lippen in ihr Haar, dann war er fort.
    Wie mechanisch ging Nancy aus dem Schlafzimmer ins Badezimmer hinüber. Sie drehte das Wasser in der Duschkabine an und sah dann in den Spiegel über dem Waschbecken.
    Das Gesicht, das ihr entgegenblickte, war blaß und verkrampft, mit schweren und umschatteten Augen. Genauso hatte sie in all den Jahren mit Carl ausgesehen, wie auf den Bildern zu diesem Artikel.
    Sie wandte sich schnell ab, drehte ihr Haar in einen Knoten und trat unter die Dusche. Der warme feine Strahl prickelte auf ihrem Körper und löste die Verkrampfung ihrer Muskeln. Es tat ihr gut. Dankbar hob sie ihr Gesicht in die Wasserstrahlen.
    Unter der Dusche fühlte man sich so sauber.
    Sie hatte nie, nie wieder ein Wannenbad genommen – nie wieder seit den Jahren mit Carl. Sie hatte nicht mehr an diese Bäder gedacht. Doch als ihr jetzt das Wasser ins Gesicht spritzte, zuckte plötzlich eine Erinnerung in ihr auf. Die Badewanne… Carls Begierde, sie zu baden… sie zu betasten…
    zu untersuchen. Einmal, als sie versucht hatte, ihn wegzustoßen, war er ausgerutscht und mit dem Gesicht ins Wasser getaucht. Er war so erschrocken gewesen, daß er einen Augenblick lang nicht in der Lage gewesen war, sich hochzuziehen. Als er dann mit dem Kopf aus dem Wasser kam, hatte er angefangen zu spucken und zu zittern und zu husten.
    Er war so wütend gewesen … aber vor allem erschrocken. Es hatte ihm einen Schrecken eingejagt, daß sein Gesicht ganz unter Wasser gewesen war.
    Das war es. Das war es, woran sie sich zu erinnern versucht hatte: diese geheime Angst vor Wasser…
    O Gott. Nancy schwankte und lehnte sich an die Wand der Duschkabine. Sie spürte, wie sich ein Brechreiz auf ihren Magen und ihre Kehle legte, sie stolperte aus der Kabine und, ohne sich noch länger beherrschen zu können, begann sie zu würgen.
    Minuten vergingen. Sie hielt sich an beiden Seiten des Waschbeckens fest, unfähig, die heftigen Wellen der Übelkeit aufzuhalten. Als der Brechanfall dann schließlich nachließ, wurde ihr Körper noch lange von Kälteschauern geschüttelt.
    29
    »Ray, erwarten Sie nicht zu viel«, warnte Jonathan.
    Ray gab keine Antwort. Durch die Schlieren der Fensterscheiben sah er schon die Polizeistation. Im Schein der Gaslampen wirkte sie wie aus einem anderen Jahrhundert. Ray parkte schnell den Wagen, riß die Tür auf und hastete über den Asphalt ins Polizeirevier. Er hörte, wie Jonathan hinter ihm her schnaufte und mit ihm Schritt zu halten versuchte.
    Der wachhabende Beamte blickte überrascht auf. »Habe nicht erwartet, Sie heute abend hier zu sehen, Mr. Eldredge.
    Das mit den Kindern tut mir sehr leid…«
    Ray nickte ungeduldig. »Wo wird Rob Legler vernommen?«
    Der Sergeant war sehr bestürzt. »Sie können da jetzt nicht eingreifen, Mr. Eldredge.«
    »Den Teufel

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