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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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– du kannst dir ja denken, was ich da so zu tun hatte – und dabei hatte ich doch immer zeichnen wollen; Illustrationen für Magazine; da ist ’n Haufen Geld drin.«
    »Und warum hast du’s nicht getan? Man muss sich halt dahinterklemmen, wenn man was erreichen will«, erklärte Dean mit kühler Sachlichkeit.
    »Ich hab’s ja versucht, ein bisschen jedenfalls, aber meine Sachen sind noch nicht richtig ausgereift. Ich hab durchaus Talent, Phil; ich kann wirklich zeichnen – ich weiß bloß noch nicht so recht, wie ich es angehn muss. Eigentlich müsste ich auf eine Kunstakademie, aber das kann ich mir nicht leisten. Also, vor einer Woche kam dann der Zusammenbruch. Ich war sowieso schon blank bis auf den letzten Dollar, und da kommt auch noch dieses Mädel an und macht mir die Hölle heiß. Sie will Geld von mir; sie sagt, sie kann mir großen Ärger machen, wenn sie keins kriegt.
    »Und? Kann sie das?«
    »Ich fürchte, ja. Das ist einer der Gründe, weshalb ich meine Anstellung verloren hab – die hat andauernd in der Firma angerufen, bis es den Leuten dort gereicht hat. Außerdem hat sie einen Brief geschrieben, alles schon fix und fertig, den will sie meinen Eltern schicken. O Gott, die hat mich echt am Kragen. Irgendwie muss ich Geld für sie auftreiben.«
    Darauf trat eine unbehagliche Pause ein. Gordon lag ganz reglos da, die Hände zu Fäusten geballt.
    »Ich bin total am Ende«, fuhr er mit bebender Stimme fort. »Phil, ich bin halb verrückt. Hätte ich nicht erfahren, dass du hier rüberkommst, ich glaub, ich hätt mich umgebracht. Kannst du mir dreihundert Dollar leihen?«
    Deans Hände, die die ganze Zeit die nackten Fußknöchel getätschelt hatten, hielten plötzlich inne, die eigentümliche Unsicherheit, die zwischen den beiden Männern geherrscht hatte, schlug jäh um und wich einer gezwungenen, angespannten Atmosphäre.
    Einen Augenblick später fuhr Gordon fort: »Meine Familie hab ich schon dermaßen geschröpft, dass ich mich schämen würde, sie auch nur um einen einzigen weiteren Nickel anzubetteln.«
    Dean schwieg beharrlich weiter.
    »Jewel sagt, sie braucht zweihundert Dollar.«
    »Dann sag du ihr, sie kann dich mal.«
    »Ja, wenn das so einfach wäre. Sie hat Briefe von mir, die ich in betrunkenem Zustand an sie geschrieben habe. Und leider ist sie kein so schwankes Rohr im Wind, wie du vielleicht vermutest.«
    Dean verzog angewidert das Gesicht.
    »Genau die Sorte Frauen, die ich nicht ausstehn kann. Hättest du sie dir doch bloß vom Leibe gehalten.«
    »Ich weiß ja«, räumte Gordon kleinlaut ein.
    »Man muss den Dingen doch ins Auge sehn. Wer kein Geld hat, muss halt arbeiten und die Finger von den Frauen lassen.«
    »Du hast leicht reden«, fiel Gordon ihm ins Wort. Er kniff die Augen zusammen. »Du hast ja Geld wie Heu.«
    »Das denkst du vielleicht. Aber meine Familie hält mich verdammt kurz und passt ganz genau auf, was ich ausgebe. Ich habe zwar ein kleines bisschen Spielraum, aber gerade darum muss ich ganz besonders Obacht geben, dass ich nichts verschleudere.«
    Er zog die Jalousie hoch, damit noch mehr Sonnenschein das Zimmer überfluten konnte.
    »Ich bin weiß Gott kein Tugendbold«, fuhr er bedachtsam fort. »Ich find es herrlich, mich zu amüsieren – und das reichlich, besonders auf so einer Urlaubsreise hier, aber du – du bist in einer ganz entsetzlichen Verfassung. So hab ich dich ja noch nie reden hören. Du scheinst mir irgendwie bankrott zu sein – moralisch und auch finanziell.«
    »Geht nicht normalerweise das eine mit dem anderen einher?«
    Dean schüttelte unwirsch den Kopf.
    »Dich umgibt ja eine richtige Aura, eine Aura, die ich nicht recht zu deuten weiß. Irgendwas Unheilvolles.«
    »Ach, das ist weiter nichts als ein Konglomerat von Sorgen, Armut und schlaflosen Nächten«, sagte Gordon einigermaßen trotzig.
    »Ich weiß nicht.«
    »Schon gut, ich seh’s ja ein, ich schlag dir aufs Gemüt. Ich schlag mir selber aufs Gemüt. Aber, meine Güte, Phil, eine Woche Erholung, ein neuer Anzug und das nötige Kleingeld in der Tasche, und ich bin – bin wieder ganz der Alte. Phil, ich kann zeichnen wie der Blitz, das weißt du doch. Aber meistens hatte ich einfach kein Geld, um mir anständiges Zeichenzeug zu kaufen – und wenn ich müde bin und mutlos und total erledigt, dann kann ich auch nicht zeichnen. Aber wenn ich das nötige Kleingeld hätte, dann könnt ich ein paar Wochen ausspannen und wieder auf die Beine kommen.«
    »Und woher soll ich

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