Winterträume
dafür geben.
»Ürgndwie zwecks ’n Mantel holn«, half ihnen der Taxifahrer auf die Sprünge.
Genau. Peters Hut und Mantel. Er hatte beides im Delmonico vergessen. Nachdem dies geklärt war, stiegen sie aus und schlenderten Arm in Arm hinüber zum Hotelportal.
»He!«, sagte der Taxifahrer.
»Hm?«
»Vielleicht krich ich ersma meine Pinke.«
Sie schüttelten ebenso empört wie abschlägig den Kopf.
»Später – wir bestümmen, Sie warten.«
Der Taxifahrer erhob Einspruch; er wollte sein Geld sofort haben. Mit hohntriefender Herablassung und sichtlich um Contenance ringend, fügten sie sich.
Drinnen tastete Peter vergeblich im Halbdunkel der verlassenen Garderobe nach seinem Mantel und dem Derbyhut.
»Weg, wie’s aussieht. Hat jemand gestohlen.«
»Irgend so ’n Sheffieldianer, möcht ich meinen.«
»Höchstwahrscheinlich.«
»Na, macht nix«, sagte Dean großmütig. »Lass ich meinen eben auch hier – dann sind wir beide gleich gekleidet.«
Er legte Hut und Mantel ab und wollte die Sachen gerade aufhängen, als sein umherschweifender Blick magisch von zwei großen Pappvierecken angezogen wurde, die an die beiden Flügel der Garderobentür genagelt waren. Auf dem linken stand in großen schwarzen Lettern das Wort »In«, und auf dem rechten prangte das nicht minder pathetische Wort »Out«.
»Kuckense dochma!«, rief er entzückt aus.
Peters Blick folgte dem Zeigefinger seines Gefährten.
»Was denn?«
»Kuckense dochma die Schülder. Kommse, die nehm’ wir jetzt mit.«
»Gute Idee.«
»Das sind bestümmt sehr seltne und wertvolle Schülder. Die komm’ uns wie gerufen, möcht ich meinen.«
Peter nahm das linke Schild von der Tür ab und wollte es irgendwie an seinem Körper verstauen, was aber mit gewissen Schwierigkeiten verbunden war, weil es sich um ein sehr großes Schild handelte. Da kam ihm ein Gedanke, er drehte sich um und wandte seinem Begleiter mit einer gehörigen Portion Geheimnistuerei den Rücken zu. Einen Augenblick später wirbelte er mit viel Aplomb wieder herum und präsentierte sich mit ausgebreiteten Armen Dean, der ihn voller Bewunderung ansah. Er hatte sich das Schild in die Weste gesteckt, so dass es die gesamte Hemdbrust verdeckte. Und so stand nun im Endeffekt in großen schwarzen Lettern das Wort »In« auf seiner Hemdbrust.
»Joho!«, jubelte Dean. »Mister In.«
Und dann verfuhr er mit seinem Schild auf die gleiche Weise.
»Mister Out!«, verkündete er triumphierend. »Sehr erfreut, Mr. In – Mr. Out, mein Name.«
Sie gingen aufeinander zu und reichten sich die Hand. Und wurden erneut von einem Lachkrampf geschüttelt und kugelten sich geradezu vor Vergnügen und konnten sich gar nicht wieder beruhigen.
»Joho!«
»Jetzt kriegen wir vermutlich haufenweise Fröhstöck.«
»Auf, auf – auf ins Commodore.«
Arm in Arm preschten sie zur Tür hinaus, gingen die Forty-fourth Street in östlicher Richtung und nahmen Kurs auf das Hotel Commodore.
Als sie auf die Straße hinaustraten, drehte sich ein kleiner dunkelhaariger Soldat mit einem sehr blassen, sehr müden Gesicht, der trübsinnig auf dem Gehweg entlanggetrottet war, nach ihnen um.
Er starrte sie an, schien zu überlegen, ob er sie ansprechen sollte, doch als ihr vernichtender, keinerlei Wiedererkennenszeichen offenbarender Blick ihn traf, wartete er, bis sie an ihm vorbeigetorkelt waren, folgte ihnen dann im Abstand von ungefähr vierzig Schritten, lachte dabei die ganze Zeit glucksend in sich hinein und brabbelte in einem fort, gleichsam in freudiger Erwartung, vor sich hin: »Junge, Junge!«
Mr. In und Mr. Out unterhielten sich derweil mit scherzhaften Bemerkungen über ihre nächsten Pläne.
»Alkoholüka wollmer ham; Fröhstöck wollmer ham. Keins ohne das andre. Eins und unteilbar.«
»Beides zusamm’ wollmer ham!«
»Beides zusamm’!«
Inzwischen war es schon fast hell, und die Passanten musterten die zwei mit neugierigen Blicken. Sie waren in ein angeregtes Gespräch vertieft, wobei sie sich offenbar köstlich amüsierten und sich, noch immer Arm in Arm und ein ums andere Mal von heftigsten Heiterkeitsausbrüchen gepackt, buchstäblich vor Lachen bogen.
Im Hotel Commodore angekommen, wechselten sie ein paar gepfefferte Bemerkungen mit dem verschlafen dreinblickenden Portier, bewältigten mit einiger Mühe den Eintritt durch die Drehtür und marschierten durch das zwar eher spärlich bevölkerte, aber einigermaßen aufgescheuchte Foyer geradewegs ins Restaurant, wo sie ein
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