Winterträume
zurückwich.
Der Lärm ließ jedoch die Augen der schlafsüchtigen fetten Dame aufflattern. Mit tiefer, heiserer Stimme, die selbst eine eigenartige Ähnlichkeit mit Gebell hatte, schnauzte sie: »Schluss mit dem Krawall!«, und das Gekläff hörte augenblicklich auf. Die zwei oder drei Pudel vor dem Kamin sahen sich mit ihren seidig glänzenden Augen gegenseitig vorwurfsvoll an, legten sich wieder hin und zerflossen mit kleinen Seufzern auf der weißen Angorabrücke; der zerzauste Ball auf dem Schoß der Dame grub seine Nase in ihre Armbeuge und schlief weiter; nur die vielen Knäuel weißer Wolle überall im Raum hinderten Myra daran, alles für einen Traum zu halten.
»Mutter«, sagte Knowleton nach einer kurzen Pause, »das ist Myra.«
Den Lippen der Dame entströmte ein einzelnes heiseres Wort: »Myra?«
»Sie ist zu Besuch hier; ich hatte dir davon erzählt.«
Mrs. Whitney hob einen fleischigen Arm und strich sich müde mit der Hand über die Stirn.
»Kind!«, sagte sie, und Myra fuhr zusammen, denn wieder klang ihre Stimme wie ein leises Knurren. »Sie möchten also meinen Sohn Knowleton heiraten?«
Myra war zwar der Ansicht, das hieße das Pferd beim Schwanz aufzäumen, aber sie nickte. »Ja, Mrs. Whitney.«
»Wie alt sind Sie?« Diese Frage kam sehr plötzlich.
»Ich bin einundzwanzig, Mrs. Whitney.«
»Ah – und Sie stammen aus Cleveland?« Das klang eindeutig wie artikuliertes Gebell.
»Ja, Mrs. Whitney.«
»Ah…«
Myra war nicht sicher, ob dieser letzte Laut zur Unterhaltung gehörte oder nur ein Aufstöhnen war, weshalb sie nicht darauf reagierte.
»Sie entschuldigen doch, wenn ich nicht nach unten komme«, fuhr Mrs. Whitney fort, »aber wenn wir hier im Osten sind, verlasse ich selten dieses Zimmer und meine lieben kleinen Hundchen.«
Myra nickte, die konventionelle Frage nach dem Stand der Gesundheit schon fast auf den Lippen, als sie Knowletons warnenden Blick auffing und sich bremste.
»Nun«, Mrs. Whitneys Stimme hatte etwas Endgültiges an sich, »Sie scheinen ein sehr nettes Mädchen zu sein. Besuchen Sie mich wieder einmal.«
»Gute Nacht, Mutter«, sagte Knowleton.
»Nacht!«, bellte Mrs. Whitney schläfrig; ihre Augen schlossen sich allmählich, während ihr Kopf in die Kissen zurücksank.
Knowleton hielt Myra die Tür auf, und sie verließ leicht verwirrt das Zimmer. Als sie den Korridor entlanggingen, hörte sie hinter sich wütenden Lärm ausbrechen: Das Geräusch des Türschließens hatte die Pudel wieder aufgeweckt.
Sie gingen nach unten, wo sie Mr. Whitney bereits am Tisch sitzend erwartete.
»Überaus charmant, absolut entzückend!«, rief er aus und strahlte sie nervös an. »Eine große Familie, mit Ihnen als Juwel in ihrer Mitte, meine Liebe.«
Myra lächelte, Knowleton runzelte die Stirn, und Mr. Whitney gluckste.
»Es ist einsam hier gewesen«, fuhr er fort, »trostlos, nur mit uns dreien. Wir erwarten, dass Sie Sonne und Wärme in unser Leben bringen, das Strahlende, Blühende, das der Jugend eigen ist. Es wird ganz reizend werden. Singen Sie eigentlich?«
»Nun… früher. Ich meine, ja, ein wenig.«
Er klatschte entzückt in die Hände.
»Herrlich! Wundervoll! Was singen Sie? Arien? Balladen? Schlager?«
»Also, meistens Schlager.«
»Gut; ich persönlich ziehe Schlager allem anderen vor. Übrigens, heute Abend wird hier getanzt.«
»Vater«, fragte Knowleton säuerlich, »hast du etwa eine Gesellschaft eingeladen?«
»Ich habe Monroe beauftragt, einige Leute anzurufen – nur ein paar unserer Nachbarn«, erklärte er, Myra zugewandt. »Wir sind alle sehr gesellig hier, veranstalten dauernd solche informellen Sachen. Oh, es ist ganz entzückend.«
Myra suchte Knowletons Blick und sah ihn mitfühlend an. Es war offensichtlich, dass er an diesem ersten Abend mit ihr hatte allein sein wollen und sehr verstimmt war.
»Ich will, dass alle Myra kennenlernen«, fuhr sein Vater fort. »Ich will, dass sie wissen, was für ein entzückendes Juwel jetzt zu unserer kleinen Familie gehört.«
»Vater«, sagte Knowleton plötzlich, »später wollen Myra und ich natürlich hier mit dir und Mutter leben, aber für die ersten zwei oder drei Jahre, glaube ich, wäre ein Apartment für uns beide in New York doch das Geeignetere.«
Klirr! Mr. Whitney hatte mit seinen Fingern quer über das Tischtuch geharkt und sein Silber zu einem misstönenden Haufen auf den Boden gefegt.
»Dummes Zeug!«, brüllte er wütend und zeigte mit einem winzigen Finger auf
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