Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
Heimweg die Möhren im Supermarkt zu besorgen, aber der Käfig war schwer und ziemlich auffallend.
Wir machten, dass wir mit ihm nach Hause kamen, und gingen dann nochmals los.
Als wir alles für Fluffy beisammenhatten, waren wir pleite und betrachteten den Käfig, das Heu, die Zusatznahrung und alles andere, das sich zwischen unseren Betten stapelte.
»Warum bringen wir Fluffy nicht im Abstellraum unter?«, überlegte Nell.
Die Frage hatte ich erwartet. »Er ist abgeschlossen.«
»Was? Der Abstellraum UND Bienes Zimmer nebenan?«
Ich zuckte die Schultern. »Du weißt doch – Weihnachten! Bitte frag nicht weiter; ich darf nichts sagen, ja?«
Nells Blick ruhte sorgenvoll auf dem Käfig. »Er ist so groß. Wir müssen ein Schild ›Zutritt verboten – Weihnachtsüberraschung!‹ an unsere Zimmertür kleben und hoffen, dass Fluffy nicht bis auf den Flur hinaus stinkt.«
Wir füllten den Käfig mit Heu, die Schale mit frischem Wasser, öffneten schon mal die Packung, in der sich das Zusatzfutter befand, und legten das Gemüse in eine Schachtel. In unserem Zimmer roch es wie auf einer Wiese.
Als Biene am Abend heim- und die Treppe hochkam, warteten wir mit angehaltenem Atem. Würde sie das Schild ignorieren und reinplatzen? Oder würde sie wie ein höflicher Mensch klopfen?
Biene klopfte. Nell und ich nickten uns zu. »Einen Augenblick, bitte!« Wir machten die Tür nur ein kleines bisschen auf und quetschten uns durch den Spalt. Biene war misstrauisch. »Was geht hier vor?«
Wir deuteten auf das Blatt an der Tür. »Siehst du doch.«
»Handelt es sich wirklich um eine Weihnachtsüberra schung und nicht um einen gefährlichen Blödsinn?«
»Biene!«, riefen wir. »Niemals würden wir etwas Gefährliches aushecken! Du kennst uns doch!«
»Eben. Ich kenne euch«, entgegnete sie. »Wisst ihr was? Die ganze Geheimniskrämerei geht mir langsam auf den Geist. Höchste Zeit, dass bald Heiligabend ist.«
Beim Abendessen verkündete ich meiner Familie die frohe Botschaft. »Ich hab eine tolle Mathenote geschrieben! Hab eigentlich eine 5 erwartet, aber …«
»… eine 6 geschrieben?« Otto kratzte sich am Kopf.
»Eine 3 – 4 hab ich geschrieben!«
Für jemanden, der mit einer Matheschwäche zur Welt gekommen ist, bedeutet eine 3 – 4 mehr als für einen Hochbegabten eine 1. Biene wusste das und gab mir vor Freude einen Kuss.
»Da wir schon bei Zahlen sind«, sagte sie, »erinnere ich euch daran, dass in 4 Tagen Heiligabend ist. Das bedeutet, dass jemand die bestellte Gans abholen muss.«
»Das übernehme ich«, sagte Otto sofort. »Wann möchtest du die Gans, Biene?«
»Am Mittwochabend muss sie im Haus sein. Sie ist tiefgefroren, taut bis Donnerstag auf, wird Freitag früh gefüllt und kommt am Nachmittag in den Backofen. Kann ich mich auf dich verlassen, Otto?«
Von Pauli bekam ich natürlich nichts mehr gewichtelt. Es machte mir nichts aus, denn auf Husten- und Honigbonbons konnte ich verzichten. Mein richtiger Wichtel bedachte mich an diesem Tag mit zwei Häschen zum Auffädeln.
Ausgerechnet Häschen?! Das war ein komischer Zufall, fand ich.
21. Dezember
I n der Schule war nicht mehr viel los. Wir bastelten Sterne aus Stroh und Papier, sangen Weihnachtslieder und machten Blödsinn. Pauli würdigte mich keines Blickes, stand aber in jeder Pause mit Irene auf dem Flur. Ein Blinder hätte sehen können, dass die beiden nichts Gutes planten. Die Frage war: Was hatten sie vor? Auch Nell und ich standen in den Pausen zusammen und hofften, etwas zu erfahren. Es war Thea, die uns einen Tipp gab. »Holly, du hast einen Feind.«
»Nicht mehr«, entgegnete ich, weil ich an Matteo dachte.
»Doch. Du hast sogar zwei Feinde. Pauli und Irene wollen sich rächen.«
»Nee! Wann denn?«
»Heute Abend, wenn’s dunkel ist.«
»Wie denn?«
»Das hab ich leider nicht gehört. Ich weiß nur, dass es um eure Familienfehde geht. Also passt auf.«
Weil Matteo an den letzten Tagen vor Weihnachten seinen Eltern im Obst- und Gemüsegeschäft zur Hand gehen musste, gingen Nell und ich eislaufen. Um vier hatten wir genug, um fünf wurde es dunkel, in der Nacht wollten wir Fluffy retten.
»Du stehst am Flurfenster und beobachtest die Straße. Ich übernehme die Terrasse«, sagte Nell auf dem Heimweg.
So machten wir es. Wir versorgten uns mit Cola, belegten Brötchen und je einer Tüte Gummibärchen, knipsten alle Lichter aus, ließen die Tür zwischen Wohnzimmer und Flur auf und nahmen die Beobachtungsposten ein.
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