Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
einfach nicht sterben durfte. In Gedanken versunken, schritt ich neben Matteo zur Schule. Ich zermarterte mir das Hirn; es musste doch eine Rettungsmöglichkeit geben, ich weigerte mich, meine Niederlage zu akzeptieren und tatenlos abzuwarten, bis Fluffy als Braten in der Pfanne liegen würde.
»Wann wird Opa Cosimo zurück sein?«
»Bis Sandro und er den Lieferwagen ausgeladen und er zu Fuß nach Hause gegangen ist, wird es neun, halb zehn werden.«
Aha. Bis neun, spätestens halb zehn musste mir etwas einfallen.
Mir fiel etwas ein, aber es würde knapp werden, und nichts durfte schieflaufen. Gut war an dem Plan, dass ich Pittis Haus kannte – das Innere war genauso wie unseres.
Kurz nach Beginn der ersten Stunde stöhnte und krümmte ich mich. »Was ist, Holly? Ist dir nicht gut?«, fragte Thea besorgt.
»Mir ist sterbensübel«, flüsterte ich. »Biene hatte noch ein paar Rädchen Aufschnitt, die ich heute Morgen gegessen habe. Die Wurst muss nicht mehr einwandfrei gewesen sein. Mensch, Thea, mir ist ja so schlecht!«
Thea meldete sich, und weil kein Lehrer an einem vorletzten Schultag Verdacht schöpft, wurde ich nach Hause geschickt, um mich auszukurieren. Ich packte meinen Rucksack und wankte aus dem Klassenzimmer.
Der erste Schritt war einfach gewesen.
Nun klopfte ich an die Tür der 7a, öffnete sie, verdrehte die Augen und sank an die Wand. »Mir ist so schlecht«, teilte ich der Klasse und dem Lehrer mit. »Könnte Nell mich bitte nach Hause bringen? Allein schaffe ich das vielleicht nicht.«
Sekunden später standen wir im Flur. Ich schob meine Hand unter Nells Arm, lehnte mich an ihre starke Schulter und flüsterte ihr meinen Plan ins Ohr. So verließen wir das Schulgebäude.
Kaum waren wir außer Sichtweite, rannten wir los. Es war kurz nach halb neun; wir durften keine Zeit verlieren.
»Wie stellen wir fest, ob Opa Cosimo zu Hause ist?«, wollte Nell wissen.
»Du rufst an, und wenn er sich meldet, sagst du ›Sorry, muss mich verwählt haben‹.«
»Er kennt meine Stimme!«
»Mach sie tiefer. Oder höher, ganz wie du willst. Du schaffst das, Nell.«
Wir flitzten über die Terrasse und ans Ende des Gartens, wo sich zwischen den Tannen die Lücke befand. Nell holte ihr Handy heraus. »Gib mir die Nummer, Holly!«
Gleich nach dem ersten Matteo-Kuss hatte ich seine und die Nummer der Familie eingespeichert. Nell rief an, aber nichts tat sich. »Vielleicht setzt er Fluffy gerade das Messer an die Kehle?«
»Oder er ist noch nicht zu Hause. Sollen wir Fluffy jetzt holen?«
»Wenn Opa Cosimo aber doch da ist?« Unschlüssig schauten wir uns an. »Nell! Ich wage es!«, flüsterte ich, rannte los – und wurde in die Lücke zurückgezogen. »Er ist hier!«
Opa Cosimo kam außen über die Kellertreppe in den Garten. Das hatte ich vermutet und darauf hatte ich auch meinen Plan aufgebaut. Nun stand er auf der Terrasse und ging mit forschen Schritten zum Hasenstall. Er öffnete das Türchen, wir hörten zuerst das Rascheln des Heus und dann seine Stimme. »Komm, Fluffy, komm! Sei ein braves Tierchen! Komm zu Opa Cosimo!«
Fluffy quiekte.
»Jetzt!« Ich spurtete los, rannte die Büsche entlang, schlug einen Haken, sauste hinter Opa Cosimos Rücken hinter der Beerenhecke bis zum oberen Ende des Gartens, lief geduckt in den vielen Spuren über den Schnee, die Kellertreppe runter und in den Raum, in dem die Waschmaschine stand. Ich versteckte mich hinter der Tür, sah mit Schaudern auf den groben alten Tisch, das Beil und den bereitstehenden Zuber, holte das Handy heraus und wählte Nells Nummer. »Jetzt Nell. Jetzt rufst du Opa Cosimo an!«
Ich hörte, wie Opa Cosimo die Stufen heruntertappte. Vorsichtig beugte ich mich vor, um sehen zu können, was sich tat: Fluffy saß jetzt auf dem Tisch. Seine langen Ohren und sein Näschen zitterten. Bestimmt ahnte er, was geschehen würde – Tiere sind ja so sensibel! Doch ich würde Fluffy retten!
Opa Cosimo streichelte Fluffy immer und immer wieder. »Es tut mir leid, mein Kleiner. Aber so ist’s nun mal. Sandro liebt Hasenbraten über alles …« Gerade als Opa Cosimo zum Beil griff, läutete oben im Flur das Telefon.
»Hast eine Galgenfrist, mein Kleiner«, sagte Opa Cosimo zärtlich. Sein Blick wanderte umher und blieb an einem blauen Plastikeimer hängen. Den stülpte er über Fluffy und ging ahnungslos nach oben, um den Anruf entgegenzunehmen. Hoffentlich machte Nell ihre Sache gut!
Bisher war alles nach Plan gegangen. Mit einem Satz war ich am
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