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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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ruhige Wasser. Ihr Licht zauberte einen Hauch von Wärme auf die schroffen Mauern der Burg. Das Tor stand offen, und als sie in den Hof hineinritten, huschte erneut ein Lächeln über Orisians Züge. Es war doch schön, wieder daheim zu sein!
    Eine kleine Gruppe Dienstboten stapelte Holz neben den Pferdeställen, und einige Krieger schärften ihre Schwerter an einem Wetzstein vor den Unterkünften. Die Hälfte aller Kämpfer aus Burg und Stadt war vor fast einem Jahr in den Süden gezogen, um an dem Krieg gegen Dargannan-Haig teilzunehmen. Seither herrschte in der Umgebung der Soldatenquartiere gedämpftes Schweigen.
    Orisian und seine Begleiter begaben sich zu den Stallgebäuden und saßen ab. Bair, der jüngste Stallknecht, kam ins Freie gerannt und übernahm die Pferde.
    »Verwöhn sie ein wenig, Bair«, sagte Orisian, »so wie sie uns verwöhnt haben.«
    Einige der am Herzfieber Erkrankten, darunter Orisians Schwester Anyara, hatten die Geißel ohne größere Spätfolgen überlebt. Andere, wie Bair, hatten bleibende Schäden davongetragen. Der Junge war stumm. Dennoch besaß er eines der lebhaftesten und ausdrucksvollsten Gesichter, die Orisian je gesehen hatte, und eine fröhliche Natur, die ihresgleichen suchte. Lachend nahm Bair die Zügel und führte die Tiere in ihre Ställe.
    »Nun denn – zurück zum geruhsamen Leben«, sagte Rothe mit gespielter Enttäuschung.
    »Nur für wenige Tage«, entgegnete Orisian. »Die Winterwende steht vor der Tür.«
    Die beiden Gardesoldaten verabschiedeten sich, schulterten ihre Satteltaschen und begaben sich zum Quartier der Wachleute.
    Orisian warf einen Blick zum Wohnturm hinüber. Die Fenster waren dunkel und leer. Das ganze Gebäude machte einen leblosen Eindruck. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, als er sein Reisegepäck nahm und zur Haupttreppe ging.

    Vom Wald oberhalb der Straße hatten Augen, die keinem Menschen gehörten, die drei Reiter bei ihrem wilden Galopp auf dem letzten Wegstück zur Stadt beobachtet. Das Licht des Tages ließ allmählich nach. Der Späher sah ausgezeichnet, aber selbst er konnte aus dieser Entfernung nicht mehr erkennen, was sich auf der Straße abspielte, sobald die Nacht hereingebrochen war. Und wenngleich die Huanin in ihren längs der Küste verstreuten Hütten und Höfen bei Dunkelheit so gut wie blind waren, konnte es geschehen, dass man den Späher durch einen dummen Zufall entdeckte, wenn er die schützende Umarmung des Walds verließ. Dieses Wagnis lohnte sich kaum, denn es stand fest, dass die Feinde nicht die geringste Ahnung von der Gefahr hatten, in der sie schwebten. Sie gingen lärmend ihrem primitiven Tagwerk nach, wie sie es immer getan hatten.
    Der Späher richtete sich auf. Obwohl er den halben Tag regungslos an einer Stelle gekauert hatte, fühlten sich seine geschmeidigen Glieder keineswegs steif an. Er rückte Bogen und Köcher zurecht und hob seinen Speer auf. Prüfend fuhr er mit den langen, schmalen Fingern über die Spitze. Sein Herz sang bei dem Gedanken, sie in Huanin-Blut zu baden.
    Der Späher wandte sich von der schwachen Lichterkette ab, die in den Hütten entlang der Küste aufflackerte, und die Schatten des Walds hüllten ihn ein.

    Orisians Schlafgemach war kalt, aber gemütlich in seiner Vertrautheit. Er hatte sich eben umgezogen, als Ilain, die älteste Kammerdienerin des Wohnturms, nach einem kurzen Klopfen eintrat.
    »Wir waren nicht sicher, ob Ihr heute noch heimkämt, sonst hätten wir Euch etwas zu essen hergerichtet.« In ihrer Stimme schwangen abwechselnd Wärme und Strenge mit. Während sie sprach, hob sie seine Reitkleidung auf und drückte sie fest an die Brust.
    »Tut mir leid, Ilain. Aber ich bin ohnehin nicht hungrig. Wir haben während des Heimritts eine Kleinigkeit gegessen.«
    »Schlechte Angewohnheit«, schimpfte sie. »Damit verderbt Ihr Euch bloß den Magen. Einerlei. Wollt Ihr eine Weile ausruhen?«
    »Nein. Ehrlich, es geht mir prächtig.«
    Die Dienerin runzelte die Stirn. »Aber sollen wir nicht wenigstens ein Feuer machen?«
    »Das wäre angenehm«, erwiderte Orisian rasch. Eine nochmalige Ablehnung hätte ihren Widerspruch herausgefordert.
    Sie wandte sich mit dem Kleiderbündel auf dem Arm ab, um eine Kerze zu holen.
    »Wo sind eigentlich die anderen, Ilain?«, erkundigte sich Orisian.
    »Ich glaube, Anyara leistet Eurem Vater Gesellschaft. Es geht ihm immer noch schlecht.«
    »Und Inurian?«
    Ilain rollte die Augen zum Himmel, und unwillkürlich packte Orisian das schlechte

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