Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
herunter. Er schien nicht genau zu wissen, ob sie ihn auf die Schippe nahm oder es ernst meinte. „Nein wirklich, die Hose steht dir ausgezeichnet.“ Er trug wie sie selbst eine 7/8 Hose, die seitlich der Beinenden etwas gerafft war. Für den Urlaub hatte sie ihm diese einfach aufs Auge gedrückt. Das blassrote Hemd unterstrich seine schwarz-grau-melierten Haare, die jedoch wieder geschnitten werden müssten. Er hatte vor dem Urlaub sogar in eine neue Brille investiert, nachdem er beharrlich das Leichtgestell verweigerte, das er sich zuvor zugelegt hatte. Die Neue zeigte allerdings frappierende Ähnlichkeit mit dem alten Vorgängermodell.
Der Wagen schlich die Serpentinen herunter. Anke überlegte derweil fieberhaft. Sie hatte ihr Versprechen gehalten und die restlichen Urlaubstage nicht mehr von dem mysteriösen Vorfall gesprochen. Auch die Rosskamps Weinterrassen hatten sie bewusst gemieden. Aber so konnte sie jetzt nicht heimfahren. Obwohl sie nicht daran dachte, wie Wolf womöglich vermutete, über den Vorfall zu schreiben. Für die Zeitung sowieso nicht. Die Kollegen und vor allem Trenk, der Redaktionsleiter, würden sie glatt auslachen. Höchstens, wenn sich etwas Brisantes ergeben würde, könnte sie für eine Esoterik- oder Okkultzeitschrift einen Artikel verfassen. Es war ihr ein besonderes Anliegen, mehr von dieser geheimnisvollen Leonie zu erfahren, für was auch immer. Anke war schlichtweg neugierig. Ein ausgeprägtes und typisches journalistisches Merkmal.
Der Wagen passierte die Römervilla. Die vor ihnen auftauchende Ampel nach der lang gezogenen Rechtskurve zeigte Rot.
„Wir haben uns überhaupt nicht mit Ahrwein eingedeckt, fiel es Wolf unvermittelt ein.
„ Ja, und in der Römervilla waren wir auch nicht“, meinte Anke betrübt.
„ Ersteres können wir jetzt gleich noch in Angriff nehmen. Das Zweite beim nächsten Besuch“, ließ Wolf verlauten. „Wenden, bitte, mein Schatz“, reagierte Anke spontan, „dann holen wir den Wein noch bei Rosskamps.“ Anke schielte aus den Augenwinkeln zu ihm herüber. Wenn ihr Vorschlag ihm in irgendeiner Weise aufstieß, so zeigte er es nicht. Er hatte ja auch in den letzten Tagen seine Ruhe gehabt und war wohl nicht mehr so sensibilisiert. „Wenn wir hier rechts abbiegen, haben wir mehrere Möglichkeiten, guten Wein zu kaufen, da gibt es zum Beispiel den Kriechel ...“
„ Nein, ich möchte Feuersteinwein“, unterbrach ihn Anke. Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und blitzte ihn unter dem Schirm ihrer Kappe aus ihren grünen Augen an.
„ Das ist eine Ausrede. Du willst nur diese Leonie sehen.“
„ Durchschaut“, kicherte sie.
„ Was versprichst du dir davon? Meinst du, sie kommt auf dich zu und ruft: ›Hey, wissen Sie, was ich kann!‹“ In seiner Stimme lag eine grimmige Belustigung. Anke kräuselte ihre Lippen.
„ Trotzdem können wir den Wein dort einkaufen“, erwiderte sie bissig. Wolf stöhnte, prüfte die Verkehrslage und zog eine Schleife. Schweigend fuhren sie den Weg zurück bis zum Parkplatz Rosskamps Weinterrassen. Wolf platzierte den Wagen so dicht neben einem schwarzen Passat mit Trierer Kennzeichen, dass Anke sich regelrecht aus dem Auto winden musste. Sie unterdrückte einen Kommentar, denn ihr Angetrauter schmollte. Er stieg aus und steuerte auch sofort, ohne sich nach ihr umzudrehen und auf sie zu warten, den Weinverkauf an. Er lag ebenerdig zum Parkplatz hin. Anke beeilte sich nicht, ihm zu folgen. Sollte er sich erst mal beruhigen. Sie blieb stehen und blickte hinüber zum Treppenaufgang, der direkt vom Parkplatz hoch zu den Terrassen führte. Sofort dachte sie an Lisabeth Küsters Erzählung. Nach dieser versuchte sie sich vorzustellen, wie Rosskamps Geliebte Irmi hier heruntergefallen war. So, dass sie sich das Genick brach. Wolf war vor dem Treppeneingang des Verkaufsraumes stehen geblieben und sah zu ihr herüber. Sie bemerkte es aus den Augenwinkeln. Nun ließ sie sich erst recht Zeit. Nachdenklich ruhte ihr Blick auf der baulich außergewöhnlichen geschwungenen Steintreppe. Wie gerne würde sie da jetzt hoch laufen und nach Leonie Ausschau halten, stattdessen drehte sie sich langsam um und ging gemäßigten Schrittes Richtung Weinverkauf. Wolf hieß sie mit zynischem Gesicht und einer leichten Kopfgeste willkommen, die ihr sagte: Na endlich, Gnädigste.
„ Frieden“, lächelte sie ihn an.
Er legte den Arm um sie. „Widerborstige.“
Anke warf einen Blick durch die beachtlichen bogenförmigen
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