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Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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geworden. Aber wieso fragst du das? Ist das ungewöhnlich gewesen, diese Freundschaft“, hatte sie noch hinzugefügt.“ Er hatte den Kopf geschüttelt, in sein Brötchen gebissen, aus dem Fenster gesehen und nur gemeint. „Der Tag wird gut heute. Die Wolken verziehen sich.“
    Sie hatten ein gutes Stück der Rebzeilen beschnitten, als Leonie ein plötzlicher Schwächeanfall ereilte. Sie kauerte sich neben die Rebe, die sie bearbeitete und schloss für einen Moment die Augen. Dadurch verlor sie das Gleichgewicht und kippte um. Der Boden fing sie sanft auf. Sie blieb auf dem Rücken liegen und starrte in den blauen Himmel. Die stillen und doch auf eine eigentümliche Weise lebendigen Geräusche der Weinreben, deren Laubwerk durch die leichte Brise raschelte, erschien ihr wie ein vertrautes Flüstern. Die friedliche eigenwillige Natur um sie herum ließ sie erneut, aber versonnen die Augen schließen. Ihr Kopf klärte sich. Unvermittelt glaubte sie den Duft der heranreifenden Trauben zu riechen und den der Erde, auf der sie lag. Etwas verband sie mit dem Duft an ihre frühe Kindheit und sie wusste, dass mehr der Duft der Erinnerung gegenwärtig war als der spezifische der Trauben über ihr. Im nächsten Augenblick fühlte sie sich in die Zeit versetzt, in der sie wieder fünf Jahre alt gewesen war. Die Intensität dieses erlebenden Momentes ließ Leonie erschaudern. Die Erinnerung wurde so lebendig, dass sie dieses Hochgefühl erlebte, welches sie jedes Mal durchströmt hatte, wenn sie mit ihrer Mutter gemeinsam bei der Ernte helfen durfte. Sie sah ihr Gesicht vor sich. Es war nicht traurig, aber auch nicht glücklich, sondern drückte diese geheimnisvolle Mystik aus, die Leonie während der letzten Lebensjahre ihrer Mutter gegenwärtig war. „Hier!“, hatte Mutter gerufen, „fang, meine Kleine!“ und ihr eine geerntete satte, pralle, blaue Traube zugeworfen. Leonie hatte ihre Händchen ausgestreckt und war, während sie die Traube aufgefangen hatte, umgeknickt und hingefallen. Auch jetzt lachte sie auf und spürte das Glück und die Seligkeit von damals. Es war ein warmer Oktobertag gewesen. Wie ein goldgrünes Meer hatten die Rebenblätter durch den leichten herbstlichen Wind gerauscht und wie damals vernahm sie das an- und abschwellende Gemurmel der anderen Erntehelfer in den Weinzeilen um sie herum.  Leonie öffnete die Augen. Schlagartig löste sich der Schleier der jahrelangen Gleichgültigkeit auf. Unverhofft sah sie etwas Kommendes, das einen Augenblick zuvor noch außerhalb ihres Blickfeldes gelegen hatte. Es war ein Blitz der Einsicht, der die Dinge in einem völlig neuen Licht erscheinen ließ. Sie war doch eine echte Winzerin. Und sie wusste plötzlich, dieser Eindruck, das Neue, Kommende, würde in ihr gären wie der Wein in den Fässern, bis sie auf ihrer inneren Reise zu den eigenen Wurzeln vorgedrungen war.
    Rief da jemand ihren Namen? Sie lauschte, aber es drang nicht bis in ihr Bewusstsein, zu stark war sie mit den Auswirkungen ihrer Einsicht beschäftigt.
    „Leonie Rosskamp!“
    Nun hatte sie es deutlich vernommen. Erschrocken richtete sie sich auf. Sie konnte aufgrund der Hanglage nicht sehen, wer oben stand, aber sie wusste die Stimme zuzuordnen. Nicht schon wieder, dachte sie und verzog grimmig den Mund. „ Ich komme hoch“, rief sie zurück und nickte Johannes zu, der einige Reihen unter ihr arbeitete, weiter zu machen. Gemeinsam würden sie heute bestimmt auch noch einen Teil des Kräuterbergs schaffen, der direkt unter dem Pfaffenberg angrenzte. Mit diesem Gedanken stapfte Leonie mit vorgebeugter Körperhaltung die steile Rebenzeile hoch. Hauptkommissar Münch sah ihr entgegen. Neben ihm stand dieser Assistent. Wie hieß der noch?, überlegte Leonie, aber sogleich erschien es ihr unwichtig.
    Oben angekommen, fegte sie mit den Fingern über ihre Hose, zog anschließend ihre Kappe zurecht und warf den Kopf in den Nacken. Eine Geste, die sagen sollte: Also los, bitte, ich stehe zur Verfügung, wenn auch unwillig.
    „Guten Tag Frau Rosskamp.“ Münch streckte ihr die Hand entgegen. Leonie zögerte einen Moment, ehe sie danach griff. Der Assistent nickte ihr zur Begrüßung zu.
    „ Noch weitere Fragen?“ Leonie bemühte sich, sachlich zu klingen, aber in ihr regte sich Unmut. Dann fiel ihr ein. „Haben Sie schon was wegen Thomas Broll gehört. Klappt das mit der Kaution?“
    Münch schob die zusammengedrückten Lippen vor, als er nickte. „Ich denke, heute wird sich einiges

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