Wir beide, irgendwann
kapiert es einfach nicht! Sie weiß, dass jede noch so kleine Änderung der Gegenwart große Folgen für die Zukunft haben kann. Am ersten Tag war Emma arbeitslos, und am zweiten hatte sie plötzlich einen Job, doch wissen wir nicht, was sie getan hat, um diese Änderung herbeizuführen. An einem Tag war Jordan beim Angeln. Später soll er seltsamerweise seit drei Tagen nicht zu Hause gewesen sein. Aus überbackenen Makkaroni wurde Lasagne. Vielleicht hält Emma diese Änderungen für unbedeutend, doch was ist, wenn eine weitere winzige Änderung dazu führt, dass sie in fünfzehn Jahren verseuchtes Rindfleisch isst und an BSE stirbt?
Und wie schwer mag es wohl wiegen, wenn sie die Wahl ihres zukünftigen Ehemanns verändert? Die Folgen dieses Eingriffs sind unermesslich!
»Gib’s doch zu!«, sagt Emma. »Wenn deine Zukunft so mies aussehen würde wie meine, hättest du dasselbe getan.«
»Nein!« Ich setze mich auf. »Das hätte ich nicht. Du weißt nicht, was du mit deiner Entscheidung alles beeinflusst. Das ist ein gefährliches Spiel, Emma.«
»Musst du gerade sagen«, gibt sie zurück. »Gestern hast du Sydney erstmals blöd angestarrt. Hättest du das auch getan, wenn du nicht wüsstest, dass du sie später mal heiraten wirst?«
»Ich rede davon, die Zukunft zu verändern«, entgegne ich.
Emma lacht. »Und was, glaubst du, passiert, wenn du dich heute anders verhältst, als du es sonst getan hättest? Es verändert die Zukunft! Du hast genau dasselbe gemacht wie ich.«
»Das ist nicht dasselbe, und das weißt du genau«, gebe ich zurück. »Mein Verhalten war eine Reaktion auf unsere neuen Erkenntnisse, aber du hast mit Absicht eine riesige Veränderung bewirkt. Du wolltest doch eigentlich auf das Tampa State gehen. Ich hab gesehen, wie du mit Kellan in diesem College-Ranking-Buch geblättert hast. Außerdem meintest du, das wäre ganz in der Nähe von dem Ort, an dem dein Vater wohnt. Und jetzt willst du davon nichts mehr wissen? Wir dürfen doch wegen Facebook nicht unser ganzes Leben über den Haufen werfen.«
»Und warum nicht?« Ich bemerke, dass Emma mit den Tränen kämpft. »Damit ich als 31 -Jährige ohne Job dasitze? Oder damit mein Mann das Geld, das ich verdiene, zum Fenster rauswirft?«
»In Wahrheit ist die Sache viel komplizierter«, wende ich ein. »Es könnte ja sein, dass du irgendwann arbeitslos bist, dir aber schon am nächsten Tag dein Traumjob angeboten wird. Oder dass dein Mann, als er bemerkt, wie sauer du auf ihn bist, dieses iPad, das er gekauft hat, sofort zurückgibt. Wir haben doch nur winzige Ausschnitte der Zukunft gesehen, Emma!«
»Das ist mir egal«, entgegnet sie. »Ich habe erfahren, dass ich unglücklich sein werde, und das musste ich ändern.«
Die Sache macht mich nervös. Die Zukunft scheint so ein fragiles Gebilde zu sein. Ich habe zum Beispiel schon gesehen, dass ich auf die University of Washington gehen werde, genau wie mein Bruder. Und das will ich auch, aber was ist, wenn ich in dem Wissen, dass ich dort ohnehin genommen werde, bei der Bewerbung schlampe und deshalb abgelehnt werde?
»Jetzt machst du wieder so ein Gesicht«, sagt Emma, während sie ihre E-Mail-Adresse eingibt.
»Was für ein Gesicht?«
»Als würdest du mich verurteilen.«
Emma tippt ihr Passwort, um auf die Facebook-Seite zu gelangen. Dann dreht sie sich betont langsam zu mir um. »Ich werde es so ruhig sagen, wie ich kann«, fährt sie fort. »Deine Vorwürfe zeigen mir, dass du dir nicht mal ansatzweise die Mühe machst, zu verstehen, wie ich mich angesichts meiner Zukunftsaussichten fühle.«
»Ich will doch nur, dass …«
»Du bist extrem egoistisch und rücksichtslos.«
»Rücksichtslos?«
»Und weißt du auch, warum?« Emmas Zorn wird mit jeder Sekunde größer. »Weil du deine perfekte Frau gefunden hast. Weil du wunderschöne Kinder haben wirst. Und ich in deinem Gästezimmer wohnen soll! Hat es denn wenigstens ein Fenster?«
Als Emma das sagt, muss ich mir große Mühe geben, ernst zu bleiben. »Verstehe«, entgegne ich.
»Tust du nicht! Du spielst hier den Überlegenen, aber was würdest du sagen, wenn unsere Rollen vertauscht wären?« Emma hebt eine Braue. »Wenn ich Cody heiraten und alles bekommen würde, was ich mir erträume, während bei dir alles den Bach runtergeht? So wie bei mir mit Junior!«
»Ich hab’s verstanden«, versichere ich, diesmal ein wenig leiser. »Wirklich.«
»Gut.« Emma wendet sich wieder ihrem Bildschirm zu und klickt auf das kleine
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