Wir beide nahmen die Muschel
kommenden Pilger erzählten
überall von diesem Wunder. Selbst Wagner wurde dadurch zu einem Thema für
seinen Parsifal inspiriert. Die katholischen Könige, welche im Jahre 1486 nach
Santiago pilgerten, sahen das Wunder und schenkten der Kirche einen Reliquienschrein,
welcher heute noch mit dem Kelch im rechten Seitenschiff der Kirche ausgestellt
ist. Kelch und Hostie sind auch Teil des galizischen Wappens. Fast jeder Pilger
zündet hier an diesem Seitenaltar eine Kerze an. Da die Kirche sehr dunkel im Inneren
ist, ergibt das Licht der roten Kerzen ein wunderschönes Bild. Ich denke es
werden heute mehrere hundert Lichter gewesen sein. In der rechten Wand gibt es
zwei Grabnischen, in ihr sollen der ungläubige Mönch und der gläubige Bauer
beerdigt sein. Die Grabnische des Bauern wird immer mit Blumen geschmückt, die
des Mönches nicht. Vorne in der Altarwand sind drei Öffnungen in der
Außenmauer. Die Sonne schickt ihre Strahlen ins Innere, bis vor den Altar. Es
ist, als würde die Natur sich vor diesem Wunder verneigen. Sehr verehrt wird
auch die herrliche romanische Statue der Santa Maria la Real aus dem 12.
Jahrhundert. Sie ist die Schutzpatronin dieser Gegend. An ihrem Feiertag am 8.
September sollen bis zu 30.000 Wallfahrer aus der Gegend hier ankommen. Lange
verweilten wir in der Kirche mit unseren Gedanken, wir merken beide, wie winzig
klein wir in Gottes Schöpfung sind. Zwei sehr große Andenkengeschäfte sind im
Ort auf die Pilger eingestellt. Vom kleinsten bis zum größten Kitsch gibt es
hier alles zu kaufen. Wir haben eine Kleinigkeit gegessen, uns alles angeschaut
und sind weiter gegangen. Wir waren froh, wieder in der Natur zu sein. Hier bei
diesem Rummel hätte ich gestern nicht sein mögen. Unser Weg stieg weiter an.
Wir kamen durch ein Wäldchen und haben nach einer halben Stunde endlich die
Höhe mit 1378 m erreicht. Der Weg war nicht angenehm, dafür erfreuten uns der
blühende Ginster und viele bunte Blumen am Wegesrand. Ein Schotterweg führte
uns abwärts nach Linares, aber der nächste Pass wartete schon wieder auf uns.
Auf seiner Höhe steht eine überlebensgroße Pilgerfigur. Es war nun sehr warm
geworden, ein herrliches Pilgerwetter. Ein sehr schöner Wanderweg führte uns
über Hospital da Condes nach Alto do Poio auf 1.337 m Höhe, welches wir um
14:00 Uhr erreichten. Das letzte Stück war noch einmal sehr steil hoch gegangen
und wir waren froh, als wir oben ankamen. Es gibt hier an einer Landstraße nur
zwei Häuser. Das erste, welches wir erreichten war die sehr einfache Albergue
»Puerto« mit einer Gaststätte. In einem großen Raum in einem Flachbau stehen 15
alte Betten. Wir bezahlten für die Übernachtung 2.00 Euro. Die Sanitäranlage
war sehr eng, alt und nicht abschließbar. Die alte Wirtin sprach leider nur
Spanisch, wir konnten aber entnehmen, dass es ein Abendessen gäbe. Wir merken,
dass wir näher nach Santiago kommen. Kostete das Glas Bier vor einigen Tagen
noch 1,30-1,60 Euro, so musste ich hier schon 2,00 Euro bezahlen. Am Anfang
unserer Pilgerreise bezahlten wir für die Waschmaschinenbenutzung 2,00 Euro, seit
einigen Tagen schon 5,00 Euro, das gleiche für den Trockner. Wir wuschen fast
jeden Tag selbst, leider nur mit kaltem Wasser. Ich war heute müde gelaufen,
auch wenn es nur 14 km waren, aber die hatten es in sich. Wir waren trotzdem
beide sehr zufrieden. Die Aussicht war herrlich gewesen und ein Meer von Blumen
hatte unser Auge erfreut. Da hätte Käthe aus unserer Wandergruppe ihre helle
Freude gehabt. Wenn wir wieder zuhause sind, werden wir ihr davon erzählen. Für
morgen muss ich einmal einen ruhigen Tag einplanen. Wir haben die letzte große
Hürde vor Santiago überwunden, wir werden die Berge bestimmt sehr vermissen.
Leider bekomme ich gerade von meinem Handykartenanbieter die Nachricht, dass
für ein weiteres telefonieren nicht genügend Guthaben auf meiner Karte wäre.
Ich kann es mir nicht vor stellen. Ich hatte 70,00 Euro auf meiner Karte und
hatte nur zwei Mal telefoniert. Wer weiß was da passiert ist? Ich setzte mich
draußen in den Schatten und habe mich lange mit zwei jungen Frauen unterhalten.
Eine kommt aus Brasilien und geht zum ersten Mal diesen Weg. Wir hatten sie
schon oft auf unserem Weg überholt. Sie geht ohne Gepäck und schleppt eine sehr
große Kamera mit sich. Wie sie mir sagte ist sie Berufsfotografin und hätte
schon über 10.000 Aufnahmen gemacht. Ich glaube es gerne, sie fotografiert
wirklich alle paar Meter. Wenn sie nach
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