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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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die haben eine
bessere Planung«, war ihr Kommentar. »Wir hätten sehr gut noch den nächsten Ort
»O Cebreiro« heute erreichen können.« Helga war zum ersten Mal mit meiner
Planung unzufrieden. »Für die 7,00 Euro, welche wir gestern gezahlt hatten wäre
unser Gepäck fünfundzwanzig Kilometer weit transportiert worden und wir gehen
nur knapp vierzehn. Lass uns zur Albergue gehen vielleicht sind sie jetzt da,
dann nehmen wir unser Gepäck und gehen weiter.« Ich war da anderer Meinung, wir
hätten O Cebreiro heute in weiteren zweieinhalb Stunden gut erreichen können,
aber es wäre Dummheit gewesen. Dieser Ort ist mit der Bekannteste am Camino. An
jedem Wochenende kommen sehr viele Buspilger ihn besuchen. Es ist ein reines
Museumsdorf mit viel Rummel, darauf kann ich heute am Sonntag gut verzichten.
Wer weiß, ob wir in der einzigen Albergue dort noch ein Bett bekommen hätten.
Morgen sieht das dort oben ganz anders aus. Auf meinem ersten Bier folgte ein
zweites und drittes, die Zeit will einfach nicht vergehen. »Komm lass uns
gehen«, sagte Helga zu mir, »vielleicht können wir hier im Ort etwas
einkaufen.« Eine gute Idee. Wir fragen die Wirtin und sie weist uns den Weg,
zwanzig Meter einen kleinen Pfad hinunter, an einem übel riechenden Kuhstall
vorbei und schon stehen wir vor dem Laden. Er ist nicht groß und hat nur ein
sehr kleines Angebot. Leider kein Gehacktes. Auch nicht schlimm, wir
entscheiden uns für ein Paket bunte Nudeln, ein Glas Soße Bolognese und eine
Dose Champignons. Wenn die Albergue jetzt auch noch Salz und Pfeffer hat, werde
ich daraus ein Abendessen zaubern. Wir gehen zurück und hören lautes Gehupe vor
unserer Bar. Ein kleiner Bus hält dort und ein Mann öffnet die Heckklappe.
»Heinz ich sehe meinen Rucksack, siehst du den hellgrünen, das ist meiner.«
Gerade will der Fahrer ihn ins Café tragen. Wir sprechen ihn an, »nicht hier
hin, so war es nicht in Auftrag gegeben. Diese beiden kommen zur
Pfarralbergue.« Ein Glück, das wir es gesehen hatten. Hier hätten wir bestimmt
unser Gepäck zuletzt gesucht. Nun aber ab zur Herberge, an ein Weitergehen war
nicht mehr zu denken, dafür war es zu spät. Auch hätten wir unsere Einkäufe
zusätzlich schleppen müssen. Wir hatten doppeltes Glück, wir hatten gestern
vergessen unsere Jakobsmuscheln vom Rucksack zu entfernen, sie waren ganz
geblieben. Wir kommen zur Herberge, es ist 12:30 Uhr und viele Pilger warten
schon auf Einlass. Ihre Rucksäcke hatten sie in der Reihe wie sie angekommen
sind aufgestellt. Unsere lehnten an der Hauswand. Schnell unsere Sandalen ausgepackt,
unser Gepäck dazugestellt und einen Platz zum Sitzen gesucht. Unsere
Wanderschuhe ausgezogen, damit Luft an unseren Füßen kommt, jetzt kann uns
nichts mehr passieren. Wir schauten einmal nach links und rechts, leider alles
fremde Gesichter, aber das ist nicht schlimm, wir werden sie schon im Laufe des
Tages kennenlernen. Doch halt, eine junge hübsche Dame kennen wir gut. Wir
haben schon einmal den gleichen Schlafsaal geteilt. Es war Anja aus Leipzig und
sie ist ein sehr lustiger Vogel. Immer hat sie irgendwelche ausgefallene Ideen.
Heute hat sie in ihrem blonden Haar viele grüne Farne gesteckt. Sie sah uns und
winkte freundlich zu uns rüber. Der Hospitalero hatte ein Erbarmen mit uns und
öffnete eine viertel Stunde früher. Etwas Besonderes auf dem Pilgerweg bietet
dieses Haus, da Stuttgart im Schwabenland liegt, bekommt jeder Pilger, welcher
bei der Anmeldung ein schwäbisches Gedicht aufsagt, eine kostenlose
Übernachtung. Wir waren alle gespannt. Leider konnte heute keiner eins
vortragen. Es war keine Massenabfertigung, jeder wurde als gerngesehener Gast
begrüßt. Es wäre schade gewesen, wenn wir hier nicht eingekehrt wären. Es war
für uns ein Stück Heimat auf dem Camino. Helga ging schon vor und belegte mit
unserem Gepäck zwei untere Betten am Rande des Schlafsaales. Sie kam zurück und
wir checkten ein. In unserem Credencial bekamen wir einen sehr schönen Stempel.
Er wird uns später an dieses gastfreundliche Haus erinnern. Es war nun alles
geregelt, meine Partnerin hatte sich hingelegt und ich hatte Zeit zum
Schreiben. Mein erster Gang ging hinter der Kirche. Ich suche die Stelle, wo
man die Gebeine der Pilger aus dem Mittelalter beigesetzt hatte. Ich habe sie
gefunden, die Stelle ist mit einer Betonplatte abgedeckt. Daneben gab es einen
sehr alter Stein eines verstorbenen Pilgers aus Deutschland, welcher hier mit
seinem Kind beerdigt wurde.

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