Wir beide nahmen die Muschel
hohen
Geschwindigkeit den Geröllweg herunter, schreien im letzten Moment was wir
nicht verstehen können und rammen uns fast dabei. Hoffentlich bricht sich bald
einer den Kragen. Draußen wurde es langsam hell. Es war leicht neblig und ich
denke das ist ein gutes Zeichen. Wir standen erst um 7:10 Uhr als Letzte auf.
Nur zwei kanadische Pilger waren noch im Raum. Einer der beiden trug eine
Kniebandage und konnte kaum noch gehen, er muss bestimmt heute einen Arzt
aufsuchen, aber wo einen finden hier oben im Gebirge? Wir zogen uns an und
gingen zum Frühstück. Wen treffen wir da, all diese verrückten Fahrradesel. Sie
hatten lange warteten müssen bis die Oma die Gaststätte geöffnet hatte. Die
nächste Bar gab es erst nach achtzehn Kilometer. Jetzt hatten sie auf einmal
Zeit. Schadenfreude ist doch die schönste Freude, weil sie von Herzen kommt. Im
der Gaststätte waltete wie gestern Abend die Oma, ihre Enkelin, welche gestern
nur an der Theke bedient hatte, lag bestimmt noch im Bett. Jeden Handgriff muss
sie dreimal machen, so vergesslich ist sie. Wenn sie den Preis ausrechnet kann
man sehen wie ihr Gehirn arbeitet. Manchmal verschwindet sie nach nebenan.
Vielleicht holt sie sich dort einen Rat. Alle an der Theke wollten so schnell
wie möglich bedient werden, jeder sofort bezahlen. Sie war einfach total mit
ihrer Arbeit überfordert, ließ es sich aber nicht anmerken. Wenn es solche
Menschen wie diese Frau nicht mehr gibt, wird es große Wegstrecken geben, wo
der Pilger nicht mehr versorgt wird. Wir bestellten uns zwei Tassen Café con
Leche. Hoffentlich bekommen wir zwei große Tassen. Sie hat mehrere Größen und
alle kosten den gleichen Preis. Den Kaffeeautomaten konnte sie perfekt
bedienen, aber der Kaffee war ja das wenigste in der Tasse, das meiste war
heiße Milch. Wenn der Andrang zu groß war, schüttete Oma sie kalt aus der
Flasche in die Tasse. Wenn jemand das reklamierte schimpfte sie in Spanisch.
Buen camino, der Pilger geht seinen Weg und die Oma sieht ihn nicht wieder. Wir
hatten Glück und bekamen zwei große Tassen. Zum Essen gab es nur eingepacktes
süßes Gebäck. Etwas Lustiges fällt mir im Moment noch von gestern Abend ein.
Alle Pilger fanden keinen Platz in der Gaststube. Sie servierte das Essen, und
wenn jemand eine kleine Pause einlegte, räumte sie einfach ab, auch wenn der
Gast sein Besteck noch in der Hand hatte. Wer nicht regelmäßig sich aus seiner
Weinflasche nachgoss, bekam sie weggenommen. Den Rest konnte sie immer noch an
der Theke im Glas verkaufen. Auf ihrem Anmeldetisch lagen bestimmt dreißig
Gästebücher. Leider fehlte mir die Zeit darin einmal zu blättern, es wäre
bestimmt sehr interessant gewesen. Bevor wir losgingen, wollte ich noch einmal
zur Toilette. Oh mein Gott, ein verschmutztes Loch im Fußboden und ohne
Haltegriffen, wie ich es von meinen Urlauben in Indien kenne. Zum Glück habe
ich es jetzt erst gesehen. Wie groß sind doch noch die Kulturunterschiede im
Jahre 2011. Da lobe ich mir doch meine Naturtoilette, welche in Frankreich
beginnt und in Santiago endet! Meine Partnerin hatte heute besonders gute
Laune, ich hatte sie länger schlafen gelassen. Von unseren Krach machenden
Fahrradfahrern hatte sie nichts mitbekommen. Wir verließen Alto do Poio auf
einem Pfad neben der Landstraße, es ging etwas ansteigend. Der Nebel hatte sich
verzogen und es waren geschätzte 15°C. Kurze Zeit später überholten wir die
beiden Kanadier. Der Verletzte schleppte sich mühsam ganz langsam vorwärts,
sein Gesicht war schmerzverzerrt. Die nächste Albergue ist zum Glück schon nach
drei Kilometer, ob er das schafft? Wie kann man nur so unvernünftig sein? Wir
biegen seitlich von der Straße ab und wandern durch das wunderschöne galizische
Bergland nach Fonfría. Ab hier geht es nun bergab. Wir hatten alle Höhen
überwunden und hatten nun 600 m Gefälle vor uns. Es ist mittlerweile
allerschönsten Sonnenschein geworden. Noch können wir tief in die Täler
schauen, aber nicht mehr lange, ganz plötzlich zieht sehr starker Nebel auf.
Leider wird meine Partnerin immer schneller und ist bald hinter einer Kurve
verschwunden. Minuten später habe ich einen traumhaften Blick. So einen Blick
hatte ich sonst nur vom Flugzeugfenster, ich befinde mich über den Wolken. Die
gesamte Landschaft ist im Nebel verschwunden, nur die Bergspitzen schauen noch
etwas raus. Über mir die Sonne, welche alles glitzern lässt. Ich bleibe stehen
und genieße diesen wundervollen Anblick. Ich habe es
Weitere Kostenlose Bücher