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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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wo wir waren und wie weit wir noch von unserem Ziel entfernt
waren. Nirgendwo stand ein Entfernungsschild, es war zum Verzweifeln. Wir
mussten unbedingt eine Rast einzulegen. Schon drei Stunden sind wir mit unserem
schweren Gepäck unterwegs. Wer niemals größere Strecken mit erheblichem Gepäck
gegangen ist kann sich nicht vorstellen, wie schwer es im Laufe eines Tages werden
kann. Zuerst schmerzen die Hüften, sie haben das ganze Gewicht zu tragen. Dann
kommen die kleinen Wehwehchen im Knie, in den Schultern und in den Füßen. Dann
macht auf einmal der Magen Probleme. Wir beide wissen mittlerweile wie viele
Knochen der Mensch im Körper hat, wir haben sie alle schon einmal gespürt.
Schluss, wir machen hier eine halbe Stunde Pause. Hält sich solange das Wetter?
Den ganzen Morgen können wir beobachten, wie es nicht weit von uns entfernt
regnet. Manchmal kommt er näher, zwei Mal haben wir einzelne Tropfen
abbekommen. Er zieht immer mit uns in die gleiche Richtung. Hoffentlich bleibt
er uns weit genug vom Leib. Man kann den Regen schon regelrecht riechen. Ich
denke nur noch wenige Minuten und wir haben die Bescherung. Im Notfall sind wir
in fünf Minuten regenfest. Das Wichtigste sind dann unsere Rucksäcke und die
Pilgertaschen. Nicht auszudenken wenn sich unser Rückflugtickets auflösen
würden. Wir haben wieder einmal Glück, der Wind dreht sich und treibt die
Wolken seitlich von uns weg. Wir machen unsere Pause in einem schönen
Ginsterwald. Was kommt denn da aus dem Dickicht auf uns zugekrochen? Ein süßer
sehr kleiner schwarzer Kater mit einem Zeckenband. »Heinz sieh mal diese süße
Mieze, sie trägt ein Halsband, wir sind nicht mehr weit von Häusern entfernt.«
Helgas größte Liebe sind Katzen. Sie hat in ihrem Haus selber zwei. Wir hatten
Zuwachs bekommen, sie wich nicht mehr von unserer Seite. Zuerst bekam sie
unsere letzte Frühstückswurst, dann lag sie in Helgas Armen. Sie war so zutraulich,
die letzten Bissen holte sie sich aus Helgas Mund. Sie hätte sie am liebsten
mitgenommen. Das kleine Kätzchen ist wie verrückt, aus Übermut spielt sie mit
meinen Stöcken. Dann verbiss sie sich in meine Pilgertasche. Immer wieder war
sie auf Helgas Schoß. Bald hatte sie mit ihren Pfoten ihre Hose verschmutzt.
Wenn Pilger vorbei kamen und uns fragten ob das unsere Katze wäre sagten wir,
ja die haben wir schon seit Mönchengladbach mit. Welche ungläubige Blicke wir
dann bekamen. Wenn sie dann weitergegangen waren, gab es bei uns immer ein
großes Gelächter. Was so ein kleines Tier uns doch für eine Freude bereiten
kann. »Komm Heinz mache ein paar Fotos von mir mit dem Kätzchen, am liebsten
würde ich sie mitnehmen, es sind doch nur noch gut hundert Kilometer bis
Santiago.« »Richtig aber noch dreihundert bis Muxia, Finisterre und zurück«,
war meine Antwort. »Wir können doch eine Tasche kaufen und sie mitnehmen«,
meinte sie. Erst ein tierliebes spanisches Pilgerpärchen hat mich von allen
Sorgen befreit. Sie waren sehr erfreut und schmusten mit ihr weiter. Kurze Zeit
später gab es eine Albergue am Wegesrand und dahinter ein Café. Wir sammeln
wieder Stempel für unsere Pilgerpässe. Zwei benötigen wir am Tag, aber wir
nehmen alle welche wir bekommen können. Sie werden später für uns einmal eine
sehr schöne Erinnerung von unserem Pilgerweg sein. Wir gehen weiter, nach einer
halben Stunde geht ein alter Mann zu seinem Bauernhof (ich entschuldige den
Ausdruck alter Mann, er war in meinem Alter). Wir wollten ihn fragen wo wir uns
hier befänden und wie weit es noch bis Portomarín wäre. Kurz vor der Haustüre
fängt Helga ihn ab und fragt mit Händen und Füßen. Er versteht kein Wort und
fühlt sich von uns bedroht. Mit freundlichen Worten versuchen wir von ihm eine
Information zu bekommen. Langsam taut er auf. Ob er lesen und schreiben kann
wissen wir nicht, er verdient sein Geld mit seinen Händen und das bestimmt mit
sehr schwerer Arbeit, sein Leben lang. Zwischen uns liegen Welten. Leider haben
wir so gut wie nichts von ihm erfahren können. Zum Schluss wollte er uns sogar
in sein Haus einladen, leider haben wir es nicht angenommen. Wir waren müde,
hatten noch eine Berghöhe und mehrere Kilometer vor uns. Heute am Abend werden
wir es bestimmt bereuen. Auch hatte ich Sorge, dass die Albergue schon voll
belegt war. Es ging noch einmal einen Berg hoch, unsere Füße wollten nicht
mehr. Der Zustand des Weges war unmöglich. Wir gingen in der Mitte über
Felsplatten. Links und rechts war er

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