Wir beide nahmen die Muschel
gestärkt mit Stangenbrot, Salami und
Wasser setzten wir unseren Weg fort. Eine letzte Rast in Villalcázar de Sirga
und ein nicht enden wollendes Stück durch die Meseta nach Carrión de los
Condes. Manchmal hatten wir gedacht, wir sind ganz allein auf der Welt, nur wenige
Pilger waren zu sehen. Wir wollten unbedingt Feierabend haben und gingen die
letzten Kilometer einen sehr schnellen Schritt. Sahen wir jetzt noch einen
Pilger in 300 m Entfernung, so hatten wir ihn kurze Zeit später schon überholt.
Auch wenn der Rücken von all unserem Gepäck schmerzte, so machte dieser
Gewaltmarsch so ganz ohne Blasen an den Füßen Spaß. Mal sehen, ob wir morgen
davon Muskelkater haben, aber ich glaube es nicht, dafür sind wir beide zu
durchtrainiert. Wir erreichen unser Ziel, die Stadt Carrión de los Condes mit
2.180 Einwohnern. Schnell noch einen Blick in mein Unterkunftsverzeichnis.
Empfohlen wurde die Klosteralbergue »Espíritu Santo« im Kloster der
Vinzentinerinnen. 90 Betten in mehreren Räumen, keine Stockbetten, großzügige
Sanitäranlagen. Großer Innenhof. Hier hätten die Schwestern ihr ehemaliges
Mädchenwohnheim zur Pilgerherberge umfunktioniert. Nichts wie dahin. Wir waren
müde und hatten etwas Schwierigkeiten den Haupteingang zu finden. Zwei ältere
Ordensschwestern begrüßten die Pilger sehr freundlich. Es waren noch einige
spanische Pilger vor uns dran und so warteten wir geduldig. Ich hatte unsere
Credenciale für uns beiden und die Ordensschwester trug uns in ihrem Buch ein.
Meine Mitpilgerin hatte ich plötzlich nicht mehr gesehen. Ich denke, die andere
Schwester wird sie schon in den Schlafsaal geführt haben. Als alle Formalitäten
erledigt waren kam sie ohne Rucksack zu mir zurück. Die Schwester kam, um auch
mir den Weg zu zeigen. »Helga, hast du meinen Rucksack schon mitgenommen?« Sie
gab mir keine Antwort. »Helga, wo ist mein Rucksack?« Noch immer keine Antwort.
Verflixt und zugenäht, wer versteht schon die Frauen! »Sage mir endlich wo mein
Rucksack ist!« Sie zeigte wortlos auf meinen Rücken. Alzheimer lässt grüßen.
Wie oft haben wir später noch darüber gelacht. Wir bekamen zwei Betten im
Schlafsaal zugewiesen. Es gab keine Stockbetten, wie schön für Helga. Alles
strahlte vor Sauberkeit, sogar die Decke zum Zudecken. Schnell geduscht und wir
hatten Freizeit. Helga machte einen Stadtbummel, ich setzte mich im Innenhof
und hatte Zeit zum Schreiben. Sie kam nach anderthalb Stunden zurück und ich
sah mir die Stadt an. Ich folgte einfach dem Pilgerweg weiter und sah mir dabei
die Sehenswürdigkeiten an. Mein erstes Ziel war eine sehr alte Kirche mit einem
herrlichen Hochaltar. Ich denke der vorletzte Papst wird sie einmal besucht
haben. Viele Fotos waren an einer Tafel von ihm ausgestellt. Jede Kirche am
Camino ist auch zugleich ein Museum. Viele stammen aus dem 16. Jahrhundert. So
wie hier brüten fast überall an den Türmen die Störche. Viele Geschäfte locken
die Pilger mit ihren Angeboten. Nichts für mich, mit diesem Kitsch werde ich
mich nicht belasten. Mein zu schleppendes Gewicht ist groß genug. Vor der
nächsten Kirche »Iglesia de Santiago« steht eine spanische Touristengruppe. Der
Leiter der Gruppe erklärt ihnen den sehr sehenswerten romanischen Figurenfries
am Portal. Als sie die kleine Kirche betreten schließe ich mich ihnen an. In
ihrem Inneren ist das Pfarrmuseum mit vielen alten Kirchenschätzen aus mehreren
Kirchen. Viele Heiligenfiguren und Messgewänder. Den heiligen Jakobus als
Maurentöter hoch zu Ross mit dem Schwert in der Hand. Der Eintritt hatte sich
gelohnt. Bis zur letzten Kirche der Stadt bin ich noch gegangen, leider war sie
verschlossen wie so viele Kirchen am Pilgerweg. Zurück in der Albergue war es
Zeit für unser Abendessen. Drei Restaurants hatte ich auf meinem Weg gesehen,
welche ein Pilgermenü für 10,00 Euro anboten. Ich glaube das Erste wird Helga
gefallen, es war ein Hotel mit Restaurant. Man konnte von außen in einen sehr
gepflegten Speisesaal sehen. Es öffnete um 19:00 Uhr. Als wir kurz danach das
Restaurant betraten, war es schon fast bis auf den letzten Platz besetzt. Der
Ober wies uns zwei Plätze zu, neben einem vornehmen englischen Pärchen. Die
restlichen sechs Plätze waren von spanischen Gästen besetzt. Der Ober legte uns
eine sehr teure Speisekarte vor. Kein Interesse, an uns kann er nichts
verdienen. Wir wünschten das Pilgermenü. Wie waren wir überrascht, als fast
alle dieses Menü bestellt hatten. Das englische
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